Speech · 21.05.2010 Abschiebungen in das Kosovo aussetzen
Das Rücknahmeabkommen zwischen Deutschland und dem Kosovo folgt zeitlich auf das Abkommen zwischen der Schweiz und dem Kosovo. Amnesty international rechnet vor, dass insgesamt mehr als 100.000 Roma in Serbien, Montenegro, der Schweiz und Deutschland potenziell von Abschiebung bedroht sind. Diese Menschen wurden im Krieg vertrieben, ihre Angehörigen verletzt oder ermordet, weil sie Roma bzw. Ashkali sind, und aus genau demselben Grund werden sie jetzt wieder abgeschoben bzw. sollen sie abgeschoben werden.
In der „Frankfurter Rundschau“ war zu lesen, dass die Abschiebung der Flüchtlinge nichts anders als eine „ethnische Säuberung des eigenen Lands“ von Roma aus dem Kosovo sei. Diese ethnische Dimension ist der Kern der Verhandlungen zwischen Deutschland und dem Kosovo, die schließlich ins Rückführungsabkommen mündeten. Roma und Ashkali gehören einer Minderheit an und werden aus diesem Grund anders behandelt als alle anderen Flüchtlinge und Asylsuchende. So zumindest lautet das Fazit vom Kommissar für Menschenrechte des Europarats, Thomas Hammarberg. Vor dem Hintergrund des minderheitenpolitischen Engagements Schleswig-Holsteins ist also gerade unsere Landesregierung dazu aufgerufen, diese Ungerechtigkeit zu stoppen.
Gelegenheit hat sie in zwei Wochen bei der Frühjahrs-IMK in Hamburg. Vier Fraktionen stehen hinter dem Antrag, der den Flüchtlingen eine Perspektive in Deutschland ermöglichen soll. Statt Kettenduldung und Unsicherheit setzten wir uns für uneingeschränktes Bleiberecht ein.
Getreu den liberalen Prinzipien schleswig-holsteinischer Ausländerpolitik steht es dem Land gut zu Gesicht, für die Roma- und Askali-Familien eine dauerhafte Heimat in Deutschland zu sichern. Sie können nämlich nicht zurück; dort gibt es keine Wohnung, keine Jobs und keine Unterstützung.
Wie die Situation im Kosovo ist, wissen wir aus gut dokumentierten Berichten. Der Innenminister kann einmal die schleswig-holsteinischen Polizisten, die im Kosovo Dienst tun, nach ihren Erfahrungen fragen. Die würde sicherlich einiges dazu sagen können, wie Roma und Askali ausgegrenzt werden; sie werden auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert und von einer schulischen Qualifizierung ausgeschlossen. Amnesty International berichtet 2009 von verweigerter medizinischer Versorgung, weil die Patienten Roma sind. Anfang des Jahres kritisierte „Human Rights Watch“, dass die Abschiebungen die Situation der Minderheiten, insbesondere der Roma im Kosovo erheblich verschlimmern. Die Minderheiten können wir also nicht zurückschicken, ohne grundlegende ethische Grundsätze zu verletzen.
Kosovo ist ein junger Staat, der sich noch mit der Einhaltung der Menschenrechte schwer tut. Es ist unverantwortlich, diesen Staat die Verantwortung für schätzungsweise 10.000 Neubürger alleine aus Deutschland aufzubürden.
Wir fordern den Innenminister auf, am 27. und 28. Mai auf der Frühjahrs-IMK auf einen bundesweiten Abschiebestopp hinzuwirken.