Press release · 08.11.2023 Ein finanzpolitischer Blindflug
Zu dem von der SPD angekündigten Antrag für ein Sondervermögen zur Erreichung der Klimaziele erklärt der Vorsitzende der SSW-Landtagsfraktion, Lars Harms:
Die SPD-Fraktion hat wirklich Vorarbeit geleistet und anhand zahlreicher guter Maßnahmen dargelegt, wie hoch der öffentliche Investitionsbedarf bis 2030 wäre, um die für 2040 gesetzten Klimaziele zu erreichen. Dennoch wäre ein Sondervermögen der falsche Weg und zudem verfassungswidrig.
Denn der Klimawandel stellt nun einmal keine sich der staatlichen Kontrolle entziehende, außergewöhnliche, unabwendbare Notlage oder einzelne Naturkatastrophe dar, die nach Artikel 61 der Landesverfassung nötig wäre, um die Schuldenbremse und das parlamentarische Budgetrecht mit kreditfinanzierten Schattenhaushalten auszuhebeln. Der Klimawandel und dessen Auswirkungen sind seit Anfang der 70er Jahre bekannt.
Das Haushaltsrecht bietet ausreichend Möglichkeiten, auch der überjährigen Finanzierung, um notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels durch einfache Planungs- und Gesetzgebungsverfahren zu ergreifen.
Die Befürchtung der SPD, eine Finanzierung der nötigen Investitionen im Rahmen des Haushaltsplans und der Kreditobergrenzen könnte den Sozialstaat schwächen, muss man natürlich ernst nehmen. Dies gilt es selbstverständlich zu verhindern; durch gute Finanzpolitik mit sozialem Augenmaß. Was die SPD aber ausblendet: Sondervermögen sind langfristige Sonderschulden.
Ein Sondervermögen von knapp 12 Mia. Euro bei einer Laufzeit von 40 Jahren würde den Landeshaushalt mit rund 300 Mio. Euro pro Jahr belasten. Fast ein halbes Jahrhundert lang - und das allein für die Tilgung. Hinzu kämen ein jährlicher dreistelliger Millionenbetrag für Zinsen und weitere Kosten für Kreditaufnahmen zur Darlehensfinanzierung. Sollten die Zinsen weiter steigen, könnten die jährlichen Gesamtkosten an der Milliardengrenze kratzen. Dann wären sämtliche Haushaltsspielräume dahin.
Da der Marktzins über derart lange Laufzeiten schlicht unkalkulierbar ist, und der Landeshaushalt ohnehin konjunkturell und durch steigende Pensionslasten unter Druck steht, wäre ein Sondervermögen in dieser Höhe ein unverantwortlicher finanzpolitischer Blindflug. Der finanzielle Spielraum, etwa um soziale Verwerfungen aufzufangen, wäre dann gleich Null. Das Sondervermögen müsste im Zweifel auf dem Rücken all jener finanziert werden, die freiwillige staatliche Leistungen erhalten. Und das sind nun einmal vor allem der Sozial-, Sport- und Kulturbereich.
Für gesetzliche Maßnahmen zur Transformation der Strom- und Wärmeversorgung, des Gebäudesektors, für klimafreundliche Mobilität und Industrie sind wir immer zu haben. Und auch den Bund an seine Verantwortung für die Klimawende zu erinnern, werden wir immer unterstützen. Einen kreditfinanzierten Schattenhaushalt, der das soziale und gesellschaftliche Gefüge gefährdet, braucht es dafür nicht.