Press release · 16.08.2011 HSH Nordbank-Krise: Große Koalition hat gegen die Interessen des Landes gehandelt
Bei der Rettung der HSH Nordbank 2008/2009 hat die Landesregierung Fehlentscheidungen getroffen, die dazu geführt haben, dass die Steuerzahler in Schleswig-Holstein bis heute mit ebenso großen wie vermeidbaren finanziellen Risiken belastet sind. Dabei ist die Verantwortung innerhalb der damaligen Regierung nicht gleich verteilt: Die Handelnden der CDU haben nicht nur den Koalitionspartner SPD ausgebootet, sie haben auch das Parlament zu spät informiert und unter Druck gesetzt. So lautet die Konklusion des SSW nach mehr als zwei Jahren Aufklärungsarbeit in zwei Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zur HSH Nordbank.
Anlässlich der heutigen Vorstellung des Abschlussbericht des Parlamentarischen Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zur HSH Nordbank erklärt der Obmann des SSW im Ausschuss, Lars Harms:
„Der SSW stellt fest, dass die Landesregierung in einem engen Zeitraum im Krisenherbst 2008 mehrfach die Möglichkeit hatte, die Sanierung der HSH-Nordbank gemeinsam mit dem Bund anzugehen. Wäre dies geschehen, hätte das finanzielle Risiko für das Land Schleswig-Holstein, das heute immer noch besteht, stark minimiert werden können. Die Große Koalition hat sich unter dem Einfluss der HSH Nordbank dafür entschieden, diese Option einer Bundesbeteiligung nicht zu nutzen und damit den Steuerzahlern im Land einen ungleich größeren Teil der finanziellen Verantwortung für die Bank aufzubürden.
Die Aufklärungsarbeit des Ausschusses hat gezeigt, dass diese sehr risikoreiche Situation, in der wir immer noch stecken, absehbar war. Deshalb ist es unter sachlichen Aspekten nicht nachvollziehbar, warum die ausgestreckte Hand des Bundes nicht ergriffen wurde. Wir haben im Rahmen der Untersuchung den Eindruck gewonnen, dass das damals SPD-geführte Bundesfinanzministerium bewusst herausgehalten wurde, um dessen Einfluss und entsprechende Einblicke in die Bank zu verhindern. Aus unserer Sicht war dies ein schwerwiegender Fehler, der durch nichts zu entschuldigen ist. Die Handelnden in der Landesregierung haben sich bewusst auf ein Spiel mit dem Feuer eingelassen, das bis heute das Land Schleswig-Holstein als solches gefährdet.
Im Laufe der Untersuchungsausschussarbeit hat sich auch das Bild weiter verfestigt, dass die Informationspolitik der Landesregierung nach Eintritt der HSH-Krise gelinde gesagt suboptimal war – und dass dies sehr bewusst so betrieben wurde. Informationen wurden immer nur dann gegeben, wenn Entscheidungen gefallen waren und diese dann auch nicht mehr vom Parlament beeinflusst werden konnten. Damit war der Landtag, der keine Chance hatte, im Vorwege an die Informationen zu kommen, völlig außen vor. Hier bestand eindeutig eine Bringschuld der Landesregierung, der sie nicht oder allenfalls ungenügend nachgekommen ist. Sie hat im Gegenteil Ende 2008 und insbesondere zu Beginn des Jahres 2009 zielgerichtet und systematisch den Druck auf die Landtagsabgeordneten so weit erhöht hat, dass diese dem Handlungsdruck unterlagen, 1,5 Milliarden Euro in die Bank zu schießen und für 5 Milliarden Euro Garantien zu übernehmen.
In diesem Zusammenhang ist es wenig tröstlich, dass der dem CDU-Lager zugehörige Wirtschaftsminister ebenfalls über mangelnde Informationen klagte und dass auch die SPD-Kabinettskollegen in der damaligen schwarz-roten Koalition nicht ausreichend im Bilde waren. Die Handelnden der CDU haben den Bündnispartner SPD offensichtlich ausgebootet und vor vollendete Tatsachen gestellt. Dies entlässt die SPD allerdings nicht aus der Gesamtverantwortung für die Fehlentscheidungen bei der HSH Nordbank-Rettung, die sie als Teil der Landesregierung mit trägt.
Fazit: Die Landesregierung hat in der HSH Nordbank-Krise bewusst die rettende Hand des Bundes ausgeschlagen, obwohl sie die ökonomischen Risiken für die Schleswig-Holsteiner minimiert hätte. Sie tat dies, weil die HSH Nordbank-Führung den daraus folgenden Einfluss des Bundes in der Bank ablehnte und weil Finanzminister Wiegard auch selbst keine Mitsprache des SPD-geführten Bundesfinanzministeriums wünschte. Um ihr Ziel zu erreichen, haben die Handelnden in der Landesregierung Kritiker in den eigenen Reihen ignoriert, das Parlament umgangen und es unter Druck gesetzt.
Vertreter der Landesregierung mit Finanzminister Wiegard an der Spitze haben bewusst gegen die Interessen des Landes gehandelt, sie haben dabei die freie Entscheidungsfindung des Parlaments behindert und die Abgeordneten ungebührend unter Druck gesetzt. Das muss auch Konsequenzen für die damals Handelnden haben.“