Speech · 18.07.2024 Wir müssen uns besser um LongCovid-Betroffene kümmern!

„Bei dieser Gruppe von Erkrankten handelt es sich um Menschen, von denen sich viele nicht stundenlang vor unserem Landeshaus aufhalten und auf sich aufmerksam machen können. Deshalb ist es unsere Pflicht, dass wir in der Politik auf sie aufmerksam machen und ihnen helfen, damit auch sie das Kapitel Pandemie abschließen können.“

Christian Dirschauer  zu TOP 38 - Bericht zur Situation von Post-Covid und ME/CFS Erkrankten in Schleswig-Holstein (Drs. 20/1980, Drs. 20/2094)

Für viele von uns ist die Covid-19-Pandemie schon mehr oder weniger lange vorbei. Wir sind zu einem normalen Alltag übergegangen. Aber für manche Menschen hält die Pandemie noch an. 
Olga ist eine dieser Personen. Sie war 24 Jahre alt als ihr Corona-Test positiv war. Nach zwei Wochen war das Testergebnis zwar wieder negativ, Olga fühlte sich jedoch nicht besser. 
Heute ist Olga 26 Jahre alt. Ein Umzug aus Berlin zurück ins eigene Elternhaus in der Nähe von Flensburg war unvermeidbar. Das Studium und der Job sind unterbrochen und der Tag hat selten mehr als 2 Stunden. 22 Stunden am Tag verbringt Olga im Bett. Im Erdgeschoss, weil das Treppensteigen in den 1. Stock des Elternhauses zu viel Kraft kostet. Zum Arzt wird Olga im Rollstuhl geschoben. Wenn überhaupt; denn nur wenige Ärzte können Olga wirklich helfen. Es fehlt das Wissen über die Krankheit und deren Symptome. 
Die Erlebnisse mit einer Long-Covid Erkrankung sorgen nicht nur bei Olga für Frustration und Wut. Im Verein Nichtgenesen haben sich Post-Covid, ME/CFS und Post-Vac Erkrankte zusammengeschlossen, um sich für die Forschung, Anerkennung und die Versorgung ihrer Erkrankungen einzusetzen. Die wöchentlichen Meetings finden digital statt und dauern selten länger als 15 Minuten. Die Kraft der Teilnehmenden reicht oftmals nicht für mehr aus. Olga nennt die aktuelle Situation nicht nur eine medizinische Katastrophe, sondern auch eine menschliche und ethische. Als junge schwerstkranke Person fällt sie durch alle Raster. Die Arbeitsagentur konnte nicht weiterhelfen, verweist auf andere Unterstützungsorte.

Es ist eine prekäre Lage, in der wir uns aktuell befinden. Schaut man sich die Erfahrungsberichte von Erkrankten an, dann ist zu erkennen, dass die Long-Covid und ME/CFS Erkrankungen nicht in das Regelmodell unserer Reha-Konzepte passen. Oftmals -so Betroffene- verschlimmert ein Reha-Aufenthalt die Leiden der Betroffenen sogar, da es zu einer Überlastung kommt. 
Es gibt außerdem nach wie vor zu wenige Anlaufstellen und Orte, an denen Erkrankte konkret Hilfe bekommen können. Gerade im nördlichen Landesteil müssen Menschen wie Olga lange Fahrzeiten in Kauf nehmen, um Hilfe zu bekommen. Das ist eine riesige Hürde für Betroffene.

Auch Selbsthilfegruppen bekommen kaum Unterstützung. Sie erhalten keine finanzielle Förderung, damit Betroffene sich über ihre Erkrankung austauschen und Erfahrungen teilen können. Aber gerade Selbsthilfegruppen können eine wichtige Lotsenfunktion -und zwar auf Augenhöhe- darstellen. Niedrigschwellige Angebote sind hier so wichtig, weil viele Erkrankte nicht aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Sie verschwinden vom Radar! 
Und in diesem Zusammenhang nochmal ein ganz wichtiger Punkt: die Situation ist ohnehin schon prekär, aber für Menschen mit Behinderung die an Long-Covid und ME/CFS erkrankt sind ist sie unaushaltbar. Wir reden hier von besonders vulnerablen Gruppen, die spezielle Ambulanzen und Anlaufstellen benötigen. Auch das muss von der Landesregierung mitgedacht werden.

Über die Förderbescheide an das UKSH wurde schon gesprochen. Es ist dringend notwendig, dass die Long Covid Behandlung und Erforschung finanziell unterstützt wird. Was ich aber nicht okay finde ist, dass Betroffene wie z.B. die Mitglieder von NichtGenesen weder darüber informiert noch eingeladen worden. Es besteht ohnehin schon eine Informationslücke, deshalb ist es umso wichtiger nicht ÜBER die Betroffenen zu sprechen, sondern MIT ihnen! 
Zu guter Letzt will ich noch sagen: Bei dieser Gruppe von Erkrankten handelt es sich um Menschen, von denen sich viele nicht stundenlang vor unserem Landeshaus aufhalten und auf sich aufmerksam machen können. Deshalb ist es unsere Pflicht, dass wir in der Politik auf sie aufmerksam machen und ihnen helfen, damit auch sie das Kapitel Pandemie abschließen können.

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