Speech · 23.02.2017 Wir wollen Tablets für alle Schüler - aber im Rahmen eines durchdachten Konzepts
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 21 - Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (SchulG) vom 24. Januar 2007
In einem sind wir uns sicher schnell einig: Wenn es um die Themen Digitalisierung und Bildung geht, haben wir bundesweit einen deutlichen Reform- und Investitionsbedarf. Es ist ganz ohne Frage eine große und vor allem auch eine langfristige Aufgabe, unser Bildungssystem technisch zu modernisieren und ins digitale Zeitalter zu führen. Ich denke, dass ist unbestritten. Gleichzeitig gibt es zum Beispiel in der Arbeitswelt Bereiche, die deutlich schneller auf die Herausforderung des digitalen Wandels reagiert haben. Leider hatten die Schulen in ganz Deutschland offensichtlich nicht immer die allerhöchste Priorität. Deshalb gibt es hier bis heute Nachholbedarf. Keine Frage.
Bekanntlich hat unsere Landesregierung aber beispielsweise den Umgang mit digitalen Medien längst als Kernkompetenz definiert. Digitale Bildung ist eines unserer Schwerpunktthemen. Deshalb haben wir unter anderem unsere Förderung für nachhaltige Medienprojekte an Modellschulen deutlich angehoben. Und auch wenn wir uns die technische Ausstattung oder die Breitbandanbindung anschauen, lässt sich festhalten, dass wir an diesen Aufgaben dran sind. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Und zumindest mir und meiner Partei ist bewusst, dass dieser Prozess sehr gerne noch mehr Fahrt aufnehmen sollte.
Doch gerade weil der Handlungsdruck entsprechend groß ist, ist eine Sache für den SSW besonders wichtig: Wir dürfen hier nicht die grundlegenden Ziele aus den Augen verlieren und uns in Scheindebatten oder unkoordinierten Einzelmaßnahmen verzetteln. Als Basis brauchen wir schnellere Internetanbindungen für unsere Schulen. Außerdem brauchen wir eine modernere technische Grundausstattung. So viel ist klar. Aber alle Schritte auf diesem Weg müssen Teil eines Gesamtkonzepts sein. Und dieses Konzept muss auch auf lange Sicht Hand und Fuß haben.
Die FDP fordert im vorliegenden Gesetzentwurf, dass Tablets unter die Lernmittelfreihet fallen, sofern Schulen diese verpflichtend für den Unterricht vorsehen. Das ist für sich genommen eine sinnvolle Forderung. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Tablets eine Bereicherung für den Unterricht sein können und vielfältige Chancen bieten. Und die Einschätzung, dass wir auch hier besser werden müssen, teile ich voll und ganz. Denn heute verfügen zwar alle Schulen über eine Computerausstattung für unterrichtliche Zwecke. Und das Schüler-Rechner-Verhältnis hat sich seit 2012 von 12 zu 1 auf 8 zu 1 klar verbessert. Aber die meisten Rechner stehen nun mal fest installiert in Computerräumen. Tablets bieten dagegen weit mehr Flexibilität und damit auch mehr Möglichkeiten. Ich denke, da kann niemand ernsthaft etwas gegen haben.
Uns stellt sich aber direkt die Frage, ob man hierfür - und vor allem zu diesem Zeitpunkt - das Schulgesetz anfassen muss? Außerdem ist es zwar schön und gut, wenn Tablets, die verpflichtend im Unterricht eingesetzt werden, unter die Lernmittelfreiheit fallen sollen. Wir zweifeln allerdings daran, dass die Sache mit den Kosten damit so einfach geklärt ist. Soll heißen: Es ist doch niemandem damit geholfen, wenn wir diese Maßnahme einfach nur ins Schulgesetz schreiben. Schon heute sind viele Schulträger in Sachen Ausstattung am Limit. Wir müssen also gemeinsam gucken, wie wir so etwas flächendeckend realisieren können.
Wir stehen gerade beim Thema Digitalisierung vor großen Veränderungen. Deshalb sollten wir uns auch gemeinsam auf den Weg machen, um die entscheidenden Weichen zu stellen. Aus Sicht des SSW liegen hier eine ganze Reihe von Chancen vor uns, die es zu nutzen gilt. Gerade am Beispiel Tablet-Computer wird diese Vielfalt an Möglichkeiten deutlich: Unterricht kann deutlich flexibler und auch differenzierten erfolgen. Unsere Kinder können den Umgang mit digitalen Medien deutlich effektiver lernen. Und nicht nur Inseln und Halligen können ganz enorm von übergreifenden Ansätzen profitieren. Voraussetzung für all das ist aber ein durchdachter Gesamtansatz. Und dieser Ansatz muss nicht nur tragfähige Antworten auf Finanzierungsfragen geben, sondern auch sicherstellen, dass kein Kind von diesen Chancen ausgeschlossen wird. Das ist uns ganz besonders wichtig.