Rede · 14.02.2019 30 Jahre wichtige soziale Bauaufsicht
Flemming Meyer zu TOP 47 - Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein für das Jahr 2017 (Drs. 19/744)
„Die Bürgerbeauftragte gibt auch der Politik immer wieder wertvolle Impulse“
(Nr. 047-2019) Schon ein kurzer Blick auf den aktuellen Bericht der Bürgerbeauftragten macht deutlich, wie wertvoll die Arbeit von Samiah El Samadoni und ihrem Team ist. Während die Probleme rund um das Thema Schulbegleitung zum Beispiel abnehmen, gibt es immer mehr Petitionen zum Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Einiges entwickelt sich also durchaus positiv. Gleichzeitig tauchen aber auch immer wieder neue Probleme auf. Ganz offensichtlich gibt es in unserer Sozialgesetzgebung immer wieder neue Baustellen. Und unser kompliziertes Sozialsystem führt insgesamt leider dazu, dass eher mehr als weniger Menschen überfordert sind und Rat suchen. Für den SSW ist damit klar, dass die Anlaufstelle Bürgerbeauftragte heute mindestens genauso dringend gebraucht wird, wie bei der Gründung vor 30 Jahren.
Im Berichtszeitraum wurden 3.477 Eingaben an die Beauftragte gerichtet. Das ist eine weitere Steigerung gegenüber den Vorjahren. Hier darf man sich nichts vormachen: Hinter dieser Zahl von fast dreieinhalb tausend Beschwerden stehen Menschen, die häufig sehr konkrete Probleme haben. Sie suchen Rat, weil sie im Umgang mit der Sozialverwaltung einfach nicht mehr weiter wissen. Oder sie brauchen Hilfe, weil sie aufgrund einer Behinderung benachteiligt oder anderweitig diskriminiert werden. Die Beauftragte sorgt gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass viele von ihnen endlich zu ihrem Recht kommen. Das ist für die betroffenen Menschen ein echter Gewinn. Und deshalb will ich mich für diesen Einsatz ausdrücklich bedanken.
Natürlich steht dieser direkte Service für die Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund. Und doch gibt die Beauftragte auch uns Politikern wertvolle Impulse. Aktuellstes Beispiel ist die Diskussion um eine verständliche und bürgerfreundliche Sprache in der Verwaltung. Wer am Sinn oder an der Notwendigkeit dieser Idee zweifelt, sollte einfach mal mit der Beauftragten und ihrem Team reden. Hier kennt man viele erschreckende Fälle, in denen sich die Verwaltung nicht gerade als Dienstleister für die Menschen sieht, sondern sie eher vor den Kopf stößt. Da ist es aus Sicht des SSW wichtig, dass Frau El Samadoni nicht nur die Probleme klar benennt, sondern zum Beispiel auch davor warnt, diese Diskussion auf die Kostenfrage zu reduzieren.
Auch die vielen Fallbeispiele im Bericht zeigen deutlich, wo der Schuh bei den Menschen drückt. Oft hakt es im Verhältnis zwischen der Arbeitsverwaltung und denjenigen, die hier auf Unterstützung angewiesen sind. Das ist eine wirklich zähe Dauerbaustelle, die vor allem in Berlin bearbeitet werden muss. Ähnlich sieht es zum Beispiel bei der von uns beantragten Neuregelung für den Elternunterhalt bei Pflege aus. Aber die Frage, ob und in welchem Umfang man für seine pflegebedürftigen Eltern zahlen muss, ist und bleibt für viele Betroffene sehr wichtig. Hier wollen wir natürlich weiterhin, dass Menschen mit geringeren Einkommen grundsätzlich befreit werden.
Doch längst nicht alles, was die Beauftragte zusammenträgt, ist bundesgesetzlich zu regeln. Auch das Land könnte den einen oder anderen Fall zum Anlass nehmen, um ganz konkrete Dinge deutlich bürgerfreundlicher zu gestalten. Ein gutes Beispiel ist das Wunsch- und Wahlrecht bei der Kindertagesstätte. Auf Anregung der Beauftragten haben wir hier eine kleine aber wichtige Änderung beantragt: Wir wollen, dass wirklich alle Eltern von Kitakindern einen Betreuungsplatz finden, wenn sie ihn brauchen. Und wir wollen, dass sie dabei eben auch ein echtes Wunsch- und Wahlrecht haben. Vor allem in Fällen, in denen sie zur Arbeit pendeln und ihr Kind am Arbeitsort statt am Wohnort unterbringen müssen, brauchen sie einen klaren Betreuungsanspruch.
Durch einen kleinen zusätzlichen Nebensatz im Kitagesetz hätten wir vielen Eltern unmittelbar und sogar kostenneutral geholfen. Wir hätten sie in die Lage versetzt, ihren Platz am Arbeitsort im Zweifel einklagen zu können. Doch leider will die Jamaika-Koalition diese Sache lieber als Teil des Reformpakets regeln, das frühestens nächstes Jahr kommt. Das ist vor allem aus Sicht der Eltern, die heute vor dem Problem stehen, enttäuschend.