Rede · 31.01.2008 Änderung des Schulgesetzes (Schülerbeförderungsgebühren)
Mit dem heutigen Beschluss will die Große Koalition die „Soll“-Bestimmung des Schulgesetzes hinsichtlich der Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten in eine „Kann“-Bestimmung umwandeln. In Zukunft sollen also die Kreise selbst bestimmen dürfen, ob sie die Eltern zur Kasse bitten wollen oder nicht. Im Prinzip ist dagegen erst einmal nichts einzuwenden, weil es so kommen könnte, dass die meisten Kreise die Elternbeteiligung - genau wie in Dithmarschen und in Nordfriesland - nicht mehr oder nur in sehr geringem Umfang aufrecht erhalten werden.
Einmal, weil der bürokratische Aufwand - zum Teil auch wegen komplizierter Sozialstaffeln – nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zu den Einnahmen stand. Zum anderen aber auch, weil es sowohl aus bildungspolitischer wie auch aus sozialpolitischer Sicht völlig inakzeptabel war, dass quasi durch die Hintertür ein Schulgeld für die Familien auf dem Lande eingeführt werden sollte. – Und dieses vor Ort genau so gesehen wurde.
Damit endet zumindest vorläufig ein politischer Streit, der kein gutes Licht auf die Zusammenarbeit innerhalb der Landesregierung geworfen hat und der als symptomatisch für das zerrüttete Verhältnis in der Großen Koalition gelten kann.
Seit Januar 2007, als die 30%-ige Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten beschlossen wurde, haben die regierungstragenden Fraktionen von CDU und SPD auf dem Rücken der Kinder und Eltern im ländlichen Raum dem verwunderten Publikum in Schleswig-Holstein ein beispielloses Schauspiel geboten. Ich will jetzt nicht auf die Einzelheiten dieser politischen Schlammschlacht eingehen, sondern nur noch einmal festhalten: Schlechter als durch diese Große Koalition - bestehend aus zwei so ungleichen Partnern - ist Schleswig-Holstein lange nicht regiert worden. Dafür ist der Dauerkonflikt um die Beteiligung der Eltern an den Schülerbeförderungskosten ein sehr gutes Beispiel.
Dabei muss man sich vor Augen halten, dass die Einführung der 30%igen Elternbeteiligung ein Teil der Kompensation für den Eingriff in die kommunalen Haushalte von jährlich 120 Millionen ausmachen sollte. Damit sollte den Kommunen also ein zusätzlicher finanzieller Spielraum gegeben werden. In der Diskussion über diese Kompensation in Zusammenhang mit den Beratungen zum Haushalt 2007/2008 bezifferte die Landesregierung die zusätzlichen Einnahmen auf insgesamt 15 Mio. Euro - 6 Mio. Euro in 2007 und 9 Mio. Euro in 2008.
Im Zuge der Diskussion über eine mögliche Rücknahme dieses Beschlusses sagte das Finanzministerium dann allerdings im letzten Jahr, dass die Einnahmen wahrscheinlich nur ca. 4.5 Mio. Euro betragen. Bei dieser Schätzung wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass die Kreise Nordfriesland und Dithmarschen von sich aus beschlossen hatten, keine Elternbeteiligung einzuführen.
Insgesamt muss festgestellt werden, dass die genauen Zahlen über die Höhe der Schülerbeförderungskosten immer noch nicht vorliegen. Dies bestätigt auch der Landkreistag. Das ist natürlich ein Problem, denn die Große Koalition hat ja versprochen, die Mindereinnahmen vollständig zu kompensieren.
Die Landesregierung schlägt jetzt gemeinsam mit der Schulgesetzänderung vor, dass die Kreise mehr Geld aus der Feuerschutzsteuer erhalten. Bislang gehen 10 % dieser Steuereinnahmen an den Brand- und Katastrophenschutz. Diese Regelung soll nun gestrichen werden, und so würden die kommunalen Kassen um ca. 1.3 Mio Euro aufgestockt werden. Aber diese Mittel sind zweckgebunden und können nicht in dem allgemeinen Haushalt der Kreise angesiedelt werden.
Auch der Vorschlag der Landesregierung, die Abschlagzahlung des kommunalen Finanzausgleichs vorzuziehen und damit den Kommunen Zinsgewinne zu ermöglichen, kann man bei näherer Betrachtung eigentlich nicht als Kompensation durchgehen lassen. Denn dies sind Mittel, die den Kreisen sowieso zustehen. Der Landkreistag vertritt dann auch die Auffassung, dass die Vorschläge der Landesregierung keineswegs eine finanzielle Kompensation darstellen. Schon aus dem Grund werden wir auch dem Gesetzentwurf der Großen Koalition nicht zustimmen können, denn die Kompensationsvorschläge sind wieder einmal nur eine Mogelpackung.
Der Gesetzentwurf der Grünen zur gleichen Problematik ist weiter gehend als die vorgeschlagene Regelung von CDU und SPD. Anstatt einer möglichen Elternbeteiligung an den Beförderungskosten für Schulbusfahrten durch die Kreis-Satzung Tür und Tor zu öffnen, wollen die Grünen, dass die Eltern nur dann an den Kosten beteiligt werden, wenn die Schülerfahrkarte als Netzkarte auch privat genutzt werden darf. Dieser Vorschlag entspricht eher der Position des SSW.
Als es darum ging, die neue Form der Elternbeteiligung bei den Schulbusfahrten politisch zu begründen, wurde vonseiten der regierungstragenden Fraktionen immer wieder darauf verwiesen, dass diese Kostenverlagerung eigentlich nur gerecht sei, weil doch die Eltern in den Städten alles selbst zu zahlen haben. Vor dem Hintergrund ihrer Kehrtwende in dieser Angelegenheit, erwarte ich von der Großen Koalition, dass diese Diskussion auch weiter geführt wird, denn nur so wird ein Schuh daraus. – Soll heißen: Wir vermissen eine Antwort auf die Frage, warum denn die Eltern in den kreisfreien Städten die Kosten für die Schülerbeförderung weiterhin selbst zu tragen haben, wo es doch für den ländlichen Raum jetzt eine andere Lösung geben soll. Dadurch, dass die Schulwahl nunmehr auch innerhalb dieser Städte frei ist, gibt es natürlich auch in Flensburg, Kiel, Neumünster oder Lübeck Eltern, die viel Geld dafür ausgeben, dass ihre Kinder mit dem Bus zur Schule fahren.
Genau diese Problematik haben verschiedene Politikerinnen und Politiker der Großen Koalition in ihren Wahlkreisen auch angesprochen. So hat Frau Herold in der Presse dafür plädiert, dass die Schülerbeförderung in Zukunft für alle Kinder kostenfrei sein sollte. Diesen Vorschlag kann sich der SSW nur anschließen. Allerdings vermissen wir, liebe Kollegin Herold, eine entsprechende Bestimmung in der heute vorliegenden Gesetzesänderung von CDU und SPD. Das ist bedauerlich. Ich bin mir aber sicher, dass uns diese Diskussion - auch unter dem Grundsatz der Gerechtigkeit - weiter beschäftigen wird.