Rede · 08.10.2008 Bericht 2007 Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
Es ist schon erstaunlich, was heute alles dazu gehört, ein modernes Museum zu betreiben. Ging es vor 10 oder 20 Jahren noch um eine ansprechende, zeitgemäße Aufmachung von Ausstellungen, so muss heute schon ein spektakulärer „Zirkus“ veranstaltet werden, um genug Menschen anzuziehen, so jedenfalls könnte man den Bericht des Stiftungsrates „Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf“ auch lesen. Dass unsere Landesmuseen – mit sehr viel Engagement, einer äußerst dünnen Personaldecke und sehr viel Kreativität in finanzieller Hinsicht – hier mithalten wollen und können, zeigt der vorliegende Bericht aber auch. Dafür sind wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesmuseen zu großem Dank verpflichtet.
Ich möchte nicht wiederholen, was alles getan wird, um die Menschen für die Geschichte, für Kultur und Kunst in unseren Museen zu begeistern. Das kann man im Bericht nachlesen. Ich möchte heute aber gern die Gelegenheit nutzen, um eine kleine Mahnung auszusprechen. Denn trotz aller Überlegungen in Richtung Wirtschaftlichkeit und touristischer Nutzung darf nicht vergessen werden, wozu wir die Museen haben. Die Landesmuseen sind vor allem das kollektive Gedächtnis der Gesellschaft in Schleswig-Holstein. Dazu sind sie da, und deshalb sollte die Vielschichtigkeit der Kulturen in unserem Land und der kulturellen Einflüsse auf das Land immer noch das vorrangige Koordinatensystem der Museumspolitik im Lande sein. Vor diesem Hintergrund kann es einen aber schon bedenklich stimmen, dass viele der „Highlights“ der vergangenen Jahre nur einen geringen Bezug zum Land aufwiesen. Dies gilt nicht so sehr für den Bereich der Volkskunde und der Archäologie. Aber immer mehr Kunstausstellungen zeigten Künstler und Sammlungen, die zu Schleswig-Holstein keine besondere Verbindung hatten. Dabei möchte ich nicht einer kulturellen Nabelschau das Wort reden. Die Vermittlung von überregionaler Kunst und Kultur an die Schleswig-Holstei¬nerinnen und Schleswig-Holsteiner ist auch einen Wert an sich. Nicht zuletzt als Vertreterin der dänischen Minderheit und des Regionalen möchte ich aber Bedenken äußern, dass die Beson¬derheiten unseres Landes angesichts einer immer überregionaleren und internationaleren Museumskultur zu stark in den Hintergrund rücken könnten.
Es ist eine besondere Herausforderung für das Landesmuseum, das zu pflegen, was wir in unserer Region nun einmal an künstlerischem Reichtum hervorgebracht haben – auch wenn es sich in den Augen der Kunsthistoriker nicht immer mit einem Anselm Kiefer oder einem Rem¬brandt messen lassen kann. Es ist schon auffällig, dass die Ausstellungen in Schleswig immer wieder aus wenigen süddeutschen Sammlungen bestückt werden, während regionale Künstler im schönen aber provinzielleren Kloster Cismar gehängt werden.
Ich möchte auch daran erinnern, dass die Kulturgeschichte dieses Landes über viele Jahrhunderte eine dänische war. Daher gehört es zu den Aufgaben des Landesmuseums, die Sammlungen in diesem Bereich zu pflegen, auszubauen und diesen Teil der Kunstgeschichte zu präsentieren. Ich habe offen gestanden den Eindruck, dass dieser Aspekt in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist. Dass die einzige Sonderausstellung der letzten Jahre aus diesem Bereich gerade aktuell wiederum „nur“ im Kloster Cismar stattfindet, ist für mich daher symptomatisch. Für das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte könnte eine Perspektive darin liegen, diesen Bereich wieder zu verstärken. Dazu gehörte dann auch, dass nicht nur die Archäologen, sondern auch die Kunsthistoriker die Bande zu Einrichtungen und möglicherweise auch Stiftern in Skandinavien deutlich verstärken. Diese Chance muss aber aktiv gewollt, ergriffen und durch gute Beziehungspflege eröffnet werden.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die angesprochenen Bereiche der Landesmuseen gerade jene sind, die sinkende oder zumindest stagnierende Besucherzahlen zu verzeichnen haben – nämlich Gottorf und Cismar –, denke ich, dass auch solche Fragen an die generelle Konzeption und die Ziele der Landesmuseen eine erneute Erwägung wert wären. Dieses ist eine große Heraus¬forderung, der sich eine kommende neue Leitung auf der Schlossinsel in Schleswig stellen muss.
Eine Herausforderung ganz anderer Art stellt für Stiftung die Initiative des Archäologischen Landesmuseums zur Gründung eines Instituts für baltische und skandinavische Archäologie im Rahmen der Leibnitz-Gemeinschaft dar. Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass die Landesregierung hinter diesem Vorhaben steht. Denn fest steht aus unserer Sicht, dass sich die archäologische Forschung in Schleswig damit zu einem echten Exzellenz-Cluster entwickeln wird – was letztlich auch der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes zugute kommt.