Rede · 05.10.2011 Bessere Kontrolle der Schusswaffen in Schleswig-Holstein
Nach dem Blutbad in Winnenden, das ein 17-Jähriger mit den legalen Waffen seines Vaters verrichtete, wurde das deutsche Waffengesetz im Juli 2009 geändert. Künftig sollten die kommunalen Waffenbehörden durch verdachtsunabhängige Kontrollen überwachen, dass private Waffenbesitzer ihre Schusswaffen ordnungsgemäß wegschließen. Jetzt, zwei Jahre und eine Bundestagswahl später, ist wieder Alltag eingekehrt und Ruhe. Zu viel Ruhe.
Aus einer Kleinen Anfrage unserer Kollegin Silke Hinrichsen wissen wir, dass in Schleswig-Holstein rund 74.000 Menschen ca. 232.000 Waffen besitzen. Das ist eine sehr hohe Zahl. Das Innenministerium konnte aber nicht sagen, wie häufig die Waffenbehörden auf Kreisebene die sichere Aufbewahrung von Waffen kontrollieren. Das ist bedenklich. Dabei deuten die uns bekannten Zahlen stark darauf hin, dass die nach Winnenden angekündigte intensive, verdachtsunabhängige Kontrolle nicht erfolgt. In Lübeck zum Beispiel finden bei über 2000 Waffenbesitzern 10-15 angemeldete und unangemeldete Hausbesuche pro Monat statt. Das ist sogar viel im Vergleich zum Kreis Rendsburg-Eckernförde, wo bei rund 10.000 Waffenbesitzern ca. 50 Mal im Jahr verdachtsabhängig kontrolliert wird, oder dem Kreis Plön, wo mehr als 4000 Waffenbesitzer leben und im Juli elf unangemeldet kontrolliert wurden. Noch besorgniserregender als die nackte Zahl war das Ergebnis: Die Landrätin meldete anschließend, dass man unter den Elf nur einen einzigen fand, der seine Schusswaffen ordnungsgemäß aufbewahrte. Zwei bekamen die Note „zufriedenstellend“. Bei den anderen fand die Waffenbehörde zum Teil geladene Waffen auf Kleiderschränken, in Regalen und Abseiten. Einer hatte eine geladene Kurzwaffe mit 14 Schuss in der Nachttischschublade. So etwas ist natürlich nicht nur dumm und fahrlässig, sondern eine regelrechte Bedrohung unserer Sicherheit, denn die Waffen können in die falschen Hände geraten oder durch Wohnungseinbrüche in die Illegalität wandern.
Das Plöner Beispiel ist bei weitem kein Einzelfall. Deshalb fordert der SSW, dass alle Kreise und kreisfreien Städte intensiv und verdachtsunabhängig die ordnungsgemäße Aufbewahrung von Waffen kontrollieren und dass die Landesregierung als Kommunalaufsicht darauf drängt. Dass es dabei nicht unbedingt am Willen der Behörden mangelt, ist uns bewusst. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte bereits 2009 davor gewarnt, dass die Kommunen nicht in der Lage sein würden, schärfere Kontrollen umzusetzen, weil das Personal knapp ist. Der Bund ist an keine Konnexität gebunden und wird dafür von sich aus keine Mittel zur Verfügung stellen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine Waffensteuer einzusetzen, mit der direkt oder indirekt diese Kontrollen finanziert werden können.
Wir haben auf die Forderung nach kommunalen Aufwandssteuern verzichtet. Zum einen würden sie wegen vieler Ausnahmen wohl dazu führen, dass am Ende allein die Sportschützen diese Steuer entrichten müssten. Das wäre ungerecht. Zum anderen würde sie vermutlich zu hoch ausfallen. Die bisher in Deutschland diskutierten Sätze von rund 100 Euro pro Waffe waren viel zu hoch angesetzt. Es darf natürlich nicht vom Geldbeutel abhängen, ob jemand Jäger bleiben oder seinen Schießsport betreiben kann. Alternativ zu einer Waffenbesitzsteuer könnte auch eine Waffensteuer beim Verkauf von Schusswaffen erhoben werden. Das entscheidende ist, dass die Politik nach Lösungen sucht, um eine bessere Kontrolle zu finanzieren.
Wir wissen, dass eine Waffensteuer alles andere als populär ist, aber die Sicherheit der Menschen muss höchste Priorität haben. Die damit finanzierten Kontrollen sind auch im Interesse der Schützenvereine, Sportschützen und Jäger, denn ihnen ist ebenso daran gelegen, dass die schwarzen Schafe, die fahrlässig handeln und die Regeln brechen, mit einer Kontrolle rechnen müssen. 2009 hat das Bundesinnenministerium die Einführung der verdachtsunabhängigen Kontrollen in § 36 Waffengesetz damit begründet, das höhere Entdeckungsrisiko lasse eine Verhaltensänderung bei Waffenbesitzern erwarten. Diese präventive Wirkung stellt sich aber natürlich nur ein, wenn auch eine realistische Chance besteht, dass man kontrolliert wird.
Als dritten Punkt in unserem Antrag haben wir uns die Forderung der Gewerkschaft der Polizei zu eigen gemacht, dass Polizistinnen und Polizisten sowohl zur Eigensicherung als auch zum Schutze Dritter künftig auf die Personendaten des neuen Nationalen Waffenregisters zugreifen können, das bis Ende 2012 stehen soll. Dies ist laut Landesregierung auch so „vorgesehen“. Wir wollen aber noch einmal unterstreichen, dass die Landesregierung gewährleisten muss, dass diese Möglichkeit auch realisiert wird und in der Praxis routinemäßig und schnell funktioniert. Das schulden wir den Beamtinnen und Beamten unserer Landespolizei.
Deutschland hat eines der strengsten Waffengesetze der Welt und das ist gut so. Es nützt aber nichts, wenn es nicht umgesetzt wird. Ein solches Vollzugsdefizit kann für Menschen tödlich sein. Deshalb muss es behoben werden. Es geht uns nicht darum, alle Waffenbesitzer zu verdächtigen oder zu bestrafen. Aber wer eine potenziell tödliche Schusswaffe besitzt, muss damit leben, dass diese kontrolliert wird, und sich mit einem geringen Beitrag an dem Aufwand beteiligen, den alle Steuerzahler im Übrigen dafür tragen. Das ist nur fair.