Rede · 22.09.2016 Das Bundesteilhabegesetz muss im Sinne der Menschen mit Behinderung überarbeitet werden

Flemming Meyer zu TOP 27 - Bundesteilhabegesetz zurückziehen und komplett neu ausrichten

Ich will nicht verhehlen, dass ich sehr enttäuscht bin: Der Entwurf des Bundesteilhabegesetzes ist in der heutigen Form nicht nur ungenügend, sondern in Teilen einfach nicht akzeptabel. Aus Sicht des SSW muss hier dringend nachgebessert werden. Und zwar im Sinne der Menschen mit Behinderung. Ich will niemandem zu nahe treten, aber wenn man den Entwurf liest, entsteht schon der Eindruck, dass hier viele faule Kompromisse gemacht wurden. Das allein wäre ja nicht so ungewöhnlich. Aber das Bundesteilhabegesetz ist nicht irgendein Gesetz, sondern die sozialpolitische Reform dieser Bundesregierung. Deshalb haben wir hier große Erwartungen. Und natürlich sind wir entsprechend enttäuscht. Genau wie viele Menschen mit Behinderung auch. 

Trotzdem kann ich dem Antrag der Piraten so nicht zustimmen. Auch der Referentenentwurf, auf den sich die Piraten beziehen, wurde ja bei aller Kritik von verschiedenen Seiten als Grundlage anerkannt. Außerdem kommt dazu, dass das parlamentarische Verfahren noch in vollem Gange ist.

Wir alle wissen, dass es sehr viele Schwachpunkte im Bundesteilhabegesetz gibt. Zu viele, um hier in 5 Minuten ins Detail zu gehen. Aber klar ist, dass dieses Gesetz - gemeinsam mit dem Pflegestärkungsgesetz - sämtliche Leistungen für Menschen mit Behinderung neu regelt. Das hat Auswirkungen auf nahezu alle Lebensbereiche von über 10 Millionen Betroffenen. Maßgabe war immer, dass die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht im Sinne der UN-Konvention weiterentwickelt werden soll. Und auch wenn manch einer im Verlauf wohl zu sehr auf die Kostenfrage schaut, muss aus Sicht des SSW eins klar sein: An diesem Grundsatz gibt es rein gar nichts zu rütteln. 

Bei aller berechtigter Aufregung muss ich mich in einem Punkt wiederholen: Wir sind noch mitten im parlamentarischen Verfahren. Das Bundesteilhabegesetz wird in diesen Tagen in Bundestag und Bundesrat beraten. Und zwar in erster Lesung. Genau wie die vielen kritischen Verbände sehen wir diesen Entwurf als Grundlage. Jetzt müssen die Mängel behoben werden. Wir haben für unsere Koalition schon vor über einem Jahr klar gesagt, welche Anforderungen wir an dieses Gesetz haben. Hierzu zählt zum Beispiel der Ansatz der Hilfe aus einer Hand oder die Stärkung der Selbstbestimmung durch ein echtes Wunsch und Wahlrecht sowie die weitere Förderung des persönlichen Budgets. Aber eben auch die Abschaffung der Einkommens- und Vermögensvorbehalte und die Einführung eines bedürftigkeitsunabhängigen und vom Bund finanzierten Teilhabegeldes. 

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