Rede · 07.03.2019 Diese „Therapien“ sind diskriminierendund gefährlich
„Leider fehlt das Vertrauen in unseren Bundesgesundheitsminister.“
Flemming Meyer zu TOP 21 - Sogenannte Homo-Heilung verbieten (Drs. 19/1306(neu))
(Nr. 073-2019) Vielleicht ist es in letzter Zeit einigen von Ihnen so gegangen wie mir. Ich kann Ihnen gar nicht aufzählen, wie oft ich in den letzten Tagen verwundert angeguckt worden und gefragt worden bin: „Homo-Heilung? So etwas gibt es?“ Und ich habe geantwortet: „Na ja, sollte es eigentlich nicht. Aber irgendwie schon.“ Denn alle führenden internationalen psychiatrischen und psychologischen Fachverbände lehnen Behandlungsversuche dieser Art ab. Sie stehen im Widerspruch zu den heute glücklicherweise etablierten Auffassungen von Homosexualität. Der Weltärztebund hat 2013 eine Stellungnahme veröffentlicht, in der festgestellt wird, dass derartige Behandlungen "die Menschenrechte verletzen und nicht zu rechtfertigen" sind.
Diese Auffassung – das lässt sich nicht ignorieren – war nicht immer selbstverständlich. Insgesamt ist es immer wieder beschämend, wie jung eigentlich diese gesellschaftliche Entwicklung ist.
Und besonders evangelikale Bewegungen sehen Homosexualität weiterhin als behandlungswürdig an. Sie bieten Beratungen und Seminare an, in denen Menschen gewissermaßen umgepolt und ihre sogenannten heterosexuellen Potentiale entfalten sollen.
Ich dachte früher immer, diese Art von Seminaren seien etwas wunderliche Veranstaltungen in den Südstaaten von Amerika, aber wie ich jetzt weiß, wird diese Methode durch Freikirchen auch hier in Deutschland angeboten – und sie sorgt für großes Leid. Den Menschen, die sich in diese Strukturen begeben, wird dort vermittelt, dass etwas mit ihnen nicht stimmt, nicht richtig und therapiebedürftig sei. Aber Homosexualität ist nicht therapiebedürftig. Sie muss nicht korrigiert werden. Und wir müssen diesen sogenannten „Therapien“ vorbeugen. Sie sind nicht nur diskriminierend, sondern münden besonders bei Kindern und Jugendlichen schlimmstenfalls in depressive Erkrankungen und Suizidalität.
Am 15. Februar hat Jens Spahn der Tageszeitung „taz“ ein Interview gegeben, das für ein bisschen Aufruhr und für viel Hoffnung gesorgt hat. Darin hatte er angekündigt, Konversionstherapien, deren Anliegen es wie gesagt ist, Homosexualität praktisch in Heterosexualität umzuwandeln, bis zum Sommer 2019 zu verbieten.
Nun könnte man sagen, dass diese Ankündigung ausreicht. Tatsächlich ist es aber so, dass vielen leider das Vertrauen in unseren Bundesgesundheitsminister fehlt. Und das nicht ohne Grund. Denn das zuständige Ministerium hat diese Pläne in der Zwischenzeit wieder relativiert. Der Minister habe im Interview seine eigenen Vorstellungen dargelegt und im Ministerium gebe es noch keine Entscheidung über ein entsprechendes Gesetz.
Und deswegen befinden wir uns nun tatsächlich, wie es einige Artikel vielleicht ein bisschen spöttisch beschrieben haben, im Wettlauf mit unserem Bundesgesundheitsminister. Wir wollen den Weg über den Bundesrat gehen. Damit stehen wir nicht alleine dar, Hessen und Bremen haben begrüßenswerter Weise auch schon Initiativen für Verbote beschlossen.
Selbsternannte pseudowissenschaftliche oder religiöse „Homo-Heiler“ helfen niemandem. Im Gegenteil, sie lösen psychische Langzeitschäden aus. Niemals, wirklich niemals, sollen unsere Krankenkassen so etwas bezuschussen können. Wenn homo- oder bisexuelle Menschen ihre sexuelle Orientierung als konflikthaft erleben und dies im Rahmen einer Therapie so äußern, dann – das ist für mich und für uns als SSW vollkommen klar – müssen sie im Akzeptieren ihrer sexuellen Orientierung gestärkt werden.
Deswegen ist ein Verbot von Umpolung in der Strafgesetzgebung wichtig. Deswegen ist es wichtig, ein gesellschaftliches Bewusstsein für diese große Ungerechtigkeit zu schaffen. Und deswegen reicht ein Schritt vor, zwei zurück nicht aus. Wir sollten stattdessen lieber schnell ins Ziel rennen.