Rede · 26.09.2019 Finger weg vom Landespressegesetz

Derjenige, der intransparent vorgeht und seine Spender nicht offenbart, unterstellt allen anderen Parteien, genau das. An Frechheit und Dreistigkeit ist das kaum noch zu überbieten.

Lars Harms: TOP 17 - Landespressegesetz (Drs. 19/1718)
    
Eine gemeinsame Recherche von CORRECTIV und Frontal 21 hat vor einigen Monaten gezeigt, wie es die AfD mit der Transparenz bei Zeitungen so hält. Im letzten Jahr hatten AfD- Parteimitglieder in Essen und Duisburg den „Deutschland-Kurier“ verteilt; ein Machwerk, das in Aufmachung und Umfang an eine normale Zeitung erinnern sollte. Die Verteilung war nicht das Vergehen, sondern die Verschleierung der Finanzierung des Deutschland-Kuriers. Der wurde nämlich erstellt und gedruckt vom so genannten Verein für Rechtstaatlichkeit und einer Schweizer Firma und hätte als Parteispende seitens der AfD deklariert werden müssen. Die AfD dementierte aber von Anfang an, überhaupt etwas mit dem Kurier zu tun zu haben; als ob diese sich im Briefkasten einfach so materialisiert hätten.  Die AfD leugnete eine Beteiligung an der vermutlich millionenschweren Werbekampagne; deren Anwälte räumten lediglich eine private Beteiligung vereinzelter Mitglieder ein. Der Geschäftsführer des so genannten Vereins für Rechtsstaatlichkeit David Bendels sagte gegenüber den correctiv-Journalisten: „Zu internen Vertriebsangelegenheiten und Versandabläufen erteilen wir grundsätzlich keine Auskunft“.
Womit wir beim Thema wären: die schleswig-holsteinische AfD-Fraktion vermittelt mit der vorgelegten Änderung des Landespressegesetzes den Eindruck, als ob Parteien bewusst ihre Beteiligung an Zeitungen verschleiern würden. Ein klassischer Fall von fake news, würde ich sagen. Derjenige, der intransparent vorgeht und seine Spender nicht offenbart, unterstellt allen anderen Parteien, genau das. An Frechheit und Dreistigkeit ist das kaum noch zu überbieten. Dabei sieht das Parteiengesetz ausdrücklich vor, dass Parteien in ihrer jährlichen Vermögensbilanz die „Hauptprodukte von Medienunternehmen, soweit Beteiligungen an diesen bestehen“ aufzuführen haben. Diese Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Transparenz befördern und die etwaige parteipolitische Einflussnahme auf den redaktionellen Inhalt des Medienprodukts sichtbarmachen. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat eine gut lesbare Dokumentation zusammengestellt, die die Beteiligungen aller im Bundestag vertretenen Parteien auflistet; zuletzt auf dem Stand 2016.
Im Gegensatz zu der behaupteten Unzulänglichkeit des Parteiengesetzes zeigt ein Blick auf die entsprechenden Dokumente, dass die Parteien ihre Offenlegungspflichten durchaus sehr ernst nehmen und ihre Beteiligungen offenlegen.  
Tatsächlich findet sich dort auch eine Adresse aus Schleswig-Holstein.  Es dreht sich um den Verlag für Landespolitik und Werbung GmbH, der der CDU gehört. Der Verlag bringt die Zeitung der Jungen Union „Ins Schwarze“ heraus; außerdem „Europa-Aktuell“ sowie den „Schleswig-Holstein-Kurier“.
Gemäß der Offenlegungspflicht ist die Beteiligung nachzulesen. Ob sich jetzt jede Leserin oder Leser die Mühe macht, die Rechenschaftsberichte der Parteien auf der Bundestagsseite zu lesen, darf man bezweifeln. Allerdings ist in allen Ausgaben, die im Internet zu finden sind, die Adresse des CDU-Landesverbandes im Impressum zu lesen. Ein Regelungsbedarf ist also überhaupt nicht zu erkennen, weil es keine Regelungsverstöße gibt. Die Menschen werden nicht hinters Licht geführt. Sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. 
Das sehen die Antragsteller ganz anders: In der Begründung der Gesetzesvorlage wird von wirtschaftlichen Verflechtungen und nicht ausreichenden Regelungen geraunt. Das sind genau die Andeutungen, die bei den Anhängern von Verschwörungstheorien hervorragend ankommen, aber eben auch nur bei denen.  Ausgesprochene Parteienzeitungen gibt es in Schleswig-Holstein gar nicht.
Und damit kommen wir wohl dazu, warum wir uns heute trotzdem mit der Änderung des Pressegesetzes beschäftigen, obwohl weder eine erwähnenswerte Beteiligung von Parteien an Zeitungsunternehmen besteht noch eine Verletzung der Offenlegungsplicht. Es geht nämlich gar nicht um Schleswig-Holstein, sondern um Copy und Paste der Antragsteller; und zwar eines sächsischen Antrages. In Sachsen gibt es nämlich durchaus nennenswerte Beteiligungen von Parteien an Medienunternehmen. Dort hatte der Landtag denn auch über einen ähnlichen Antrag der AfD zu den Änderungen des dortigen Landespressegesetzes zu entscheiden. In der Juli-Sitzung ging es um das Vorhaben, das sächsische Pressegesetz entsprechend zu ändern. Dort wurde der Antrag übrigens genauso abgelehnt wie das hier bei uns der Fall sein wird.

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