Rede · 18.06.2014 Gesetz zur Neuregelung der Wahl der oder des Landesbeauftragten für Datenschutz

„Eine parteipolitische Ausrichtung hat eben nicht stattgefunden, wird aber durch die Regelung, die die Piraten vorschlagen, immer wahrscheinlicher“

 


 

Welche Stellung hat ein Datenschutzbeauftragter und nach welchem Prozedere soll er gewählt werden? Hier scheint es durchaus unterschiedliche Sichtweisen zu geben. Das war in der Vergangenheit eigentlich nicht so. In der Vergangenheit waren sich die Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag einig, dass es zwei Grundregeln bei einer Wahl von Beauftragten, wie dem des Datenschutzbeauftragten, geben sollte:

 

Erstens; niemand, der hierfür infrage kommt und sich um diese Position bewirbt, soll öffentlich beschädigt werden, wenn er oder sie es nicht wird.

 

Zweitens; es sollte nach Möglichkeit eine Einigung zwischen den Fraktionen erreicht werden, wenn es um eine solche Position geht.

 


 

Genau diesen beiden Ansinnen trägt die derzeitige gesetzliche Regelung, die durch die Piraten infrage gestellt wird, Rechnung. Alle Fraktionen können derzeit Vorschläge einreichen und es ist üblich, zu versuchen, sich im Vorwege auf einen Bewerber oder eine Bewerberin zu einigen. Das gilt nicht nur im vorliegenden Fall des Datenschutzbeauftragten, sondern in Bezug auf alle Beauftragten des Landtages. Das glückt vielleicht nicht immer, weil letztendlich eine einfache Mehrheit für die Wahl notwendig ist, aber in den weit überwiegenden Teilen hat sich diese Vorgehensweise bewährt und die Fraktionen im Landtags sind in der Vergangenheit immer sehr verantwortungsvoll mit diesen Wahlen vorgegangen.

 


 

Dies hat dazu geführt, dass hier sehr genau austariert wurde, welche Beauftragten gewählt wurden und durch den Einigungszwang - wenn man ihn den so nennen will - hat man erreicht, dass die Positionen auch in der Vergangenheit nicht einseitig besetzt wurden. Dies war im Übrigen auch eine Lehre aus der Barschel-Affäre. In dem Moment, wo ein Ausschuss, der ja spiegelbildlich zum Landtag besetzt werden müsste, hier die Vorauswahl trifft, liegt die Entscheidung im Prinzip ausschließlich in den Händen der jeweils Regierenden. Weiter führt die Tatsache, dass die Anhörungen der Bewerber öffentlich sein sollen, wie es die Piraten vorschlagen, dazu, dass jede Fraktion sicherlich Bewerber ins Rennen schicken wird. Keine Fraktion könnte es sich leisten, hier auf Bewerber zu verzichten. Deshalb wird es hier in diesem Verfahren zu wesentlich konfliktreicheren Auseinandersetzungen kommen, als wir es bisher gewohnt waren. Und am Ende setzt sich - im Regelfall - die jeweilige Mehrheit mit ihrem Bewerber durch. 

 


 

Nun könnte ich natürlich sagen, dass wir es durchaus positiv sehen, dass die Piraten so viel Vertrauen in die Regierungsmehrheit setzen und uns durch ihren Vorschlag noch mehr Möglichkeiten an die Hand geben wollen. Mein Demokratieverständnis ist aber ein anderes. Die Beauftragten des Landtages sind die Beauftragten des gesamten Landtages und deshalb ist es richtig, dass wir im Vorwege versuchen, eine Einigung über die Kandidaten hin zu bekommen. Und nochmal: Im Regelfall klappt dies und wir haben hier auch immer Beauftragte gehabt, die aufgrund ihrer Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausgewählt worden sind. Eine parteipolitische Ausrichtung hat eben nicht stattgefunden, wird aber durch die Regelung, die die Piraten vorschlagen, immer wahrscheinlicher. Das wollen wir nicht.

 


 

Es kommt aber eben noch ein zweiter Punkt hinzu. Die Kandidaten, die nach einer öffentlichen Bewerbungsphase nicht Beauftragte werden, gehen mit einem Makel aus dem Rennen. Und hier gibt es einen entscheidenden Unterschied zu, zum Beispiel, dem  Richterwahlverfahren. Die Position eines Richters ist nicht eine Position, die in der Öffentlichkeit Politikberatung und gegebenenfalls Politikkontrolle macht. Deshalb kann man Richter nach einer öffentlichen Ausschreibung wählen, wie andere öffentliche Bedienstete auch. Beauftragte sind aber eben auch eine Institution, die Politik berät und kontrolliert. In dem Moment, wo ein Kandidat durchgefallen ist, wird er oder sie es nur noch schwer haben, sich bei anderen Verfahren durchsetzen zu können. Außerdem wird der Kandidat, der in aller Öffentlichkeit sich durchsetzt im Zweifel immer den Makel haben, mit einer bestimmten politischen Mehrheit im Ausschuss durchgesetzt worden zu sein. Und somit wäre ein solcher Beauftragter immer auch ein wesentlich stärker an Parteien, Fraktionen und Mehrheiten gebundener Kandidat. Genau das wollen wir nicht.

 


 

Deshalb hört sich der Vorschlag der Piraten oberflächlich erst einmal recht nett an, aber wenn man genau hinsieht, merkt man eben, dass er in der Tat nur oberflächlich ist. In Wirklichkeit erreichen die Piraten durch diesen Vorschlag nur das Gegenteil dessen, was sie wollen.

 


 

Wir wollen, dass sich die Fraktionen nach Möglichkeit im Vorwege über Kandidaten einigen können – das können sie nach dem Vorschlag der Piraten nicht.

 

Wir wollen, dass keine Kandidaten beschädigt werden – das werden sie aber nach dem Vorschlag der Piraten

 

Und wir wollen, keine Parteienbindung für den Beauftragten – genau das lässt sich aber nach dem Vorschlag der Piraten nicht mehr umgehen.

 


 


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