Rede · 23.03.2012 Gesetzentwurf und Anträge zum Mindestlohn und zum gleichen Lohn für Leiharbeiter
„Gleiche Arbeit, gleicher Lohn“ sollte eigentlich in unserem Land eine Selbstverständlichkeit sein. Deshalb ist es umso schockierender, dass die Mehrheit im Bundestag und Bundesrat anscheinend genau diese Auffassung nicht vertritt. Wie anders ist es zu erklären, dass die schwarz-gelbe Mehrheit – trotz vorliegender entsprechender Gesetzentwürfe – sich nicht durchringen konnte, bei der letzten Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes diesen Grundsatz mit in den Gesetzestext aufzunehmen. Immer noch ist es so, dass Leiharbeiter schlechter bezahlt werden können, als die Kollegen, die zur Stammbelegschaft gehören. Für uns als SSW ist das ein unhaltbarer Zustand, der umgehend geändert werden muss.
Deshalb wollen wir, dass die Landesregierung eine Initiative im Bundesrat startet, die diesen Grundsatz „Gleiche Arbeit, gleicher Lohn“ auch für Leiharbeiter einfordert. Im Gegensatz zu den Linken verteufeln wir die Leiharbeit nicht. Sie kann dazu beitragen, Produktionsspitzen kurzfristig abzudecken und sie kann auch dazu beitragen, gesicherte Perspektiven für den einzelnen Arbeitnehmer zu bieten. Sie kann das aber nur, wenn der Leiharbeiter auch den gleichen Lohn wie der Angehörige der Stammbelegschaft erhält. Nur dann wird Lohndumping als Triebfeder der Leiharbeit ausgeschlossen und nur dann kann Leiharbeit seinen eigentlichen Auftrag erfüllen – nämlich ausschließlich eine von vornherein zeit-begrenzte Ergänzung zur dauerhaften Beschäftigung zu sein.
Rund 65.000 der gut 820.000 Leiharbeiter in Deutschland sind Aufstocker. Dies kann man auf zweierlei Art und Weise deuten. Erstens, viele können von ihrer Arbeit durchaus existieren und sind auch in der Leiharbeit nicht auf staatliche Transferleistungen angewiesen. Das heißt, man kann Leiharbeit auch vernünftig organisieren. Gleichwohl sagt dies noch nichts über Lohngerechtigkeit aus. Denn wenn man zwar kein Aufstocker ist, heißt das noch lange nicht, dass man den gleichen Lohn wie sein fest beschäftigter Kollege erhält. Der Gerechtigkeitsaspekt muss also losgelöst von der Frage des Aufstockens gesehen werden.
Gleichwohl ist es schockierend, dass auch in der Leiharbeitsbranche Aufstocken durchaus Gang und Gäbe ist. Und das ist ja nicht auf diese Branche beschränkt, sondern dies ist ein gesellschaftliches Problem, das grundsätzlich angegangen werden muss. Es kann doch nicht sein, dass der Staat mit dem Steuergeld seiner Bürger Unternehmen subventioniert, die nur Dumpinglöhne zahlen wollen. Hier muss etwas getan werden und hier muss es einen flächendeckenden Mindestlohn geben. Das würde im übrigen auch das Problem mit den Werkverträgen besser lösen als die Vorschläge, die im Antrag der Linken vorgelegt worden sind. Deshalb fordern wir gemeinsam mit der SPD, dass ein flächendeckender bundesweiter Mindestlohn eingeführt wird, der in regelmäßigen Abständen durch eine unabhängige Expertenkommission aus Tarifparteien und Wissenschaft überprüft und angepasst wird.
Es gibt rechtliche Bedenken, ob man Mindestlöhne auf Landesebene – gleich welcher Art – gesetzlich festlegen kann, wie es der grüne Gesetzentwurf vorsieht. Was wir aber können, ist dass wir so weitestgehend wie möglich, selbst mit gutem Beispiel voran gehen. Deshalb begrüßen wir es gemeinsam mit der SPD, dass das Land schon für seine Mitarbeiter mehr zahlt als die 8,50 Euro, die die Grünen verlangen, nämlich 8,92 Euro. Und deshalb wollen wir, dass die Vertreter des Landes in den Unternehmen und Einrichtungen, in denen wir den beherrschenden Einfluss haben, diese Lohnuntergrenze von 8,92 Euro ebenfalls durchsetzen.
Ebenfalls wollen wir, dass ein Mindestentgelt eingehalten wird, wenn wir als Land Leistungen von Dritten einkaufen. Wir meinen, dass dies eine Selbstverständlichkeit ist, wenn es um verantwortliche und nachhaltige Beschaffung geht. Und auch das können wir selber politisch bestimmen, wenn wir denn wollen. Wir vom SSW und die Kolleginnen und Kollegen der SPD wollen das in jedem Fall.
Und drittens wollen wir prüfen, ob auch Zuwendungen des Landes an eine gerechte Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Begünstigten gekoppelt werden können. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein Unternehmen eine Zuwendung erhält und dann quasi als Dankeschön Dumpinglöhne bezahlt. Auch hier gibt es dringenden Handlungsbedarf; auch wenn wir wissen, dass man dieses schwierig rechtlich umsetzen kann. Trotzdem muss der Versuch gemacht werden und deshalb muss genau geprüft werden, wie wir auch diese Ungerechtigkeit beseitigen können.
Mit der Zustimmung zu unseren gemeinsamen Anträgen mit der SPD stimmen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, für mehr Gerechtigkeit bei den Löhnen und gegen eine staatliche Subventionierung von Unternehmen, die ihren Beschäftigen faire Löhne vorenthalten. Sie stimmen also für eine gute Sache.