Rede · 25.02.2009 Neuausrichtung der HSH Nordbank

Gestern hat die HSH Nordbank ihr neues Geschäftsmodell beim Bund eingereicht und das Kabinett sein HSH-Rettungspaket verabschiedet. Mit diesem Modell und dem Rettungspaket wird nach dem Prinzip Hoffnung versucht, Vertrauen zu schaffen: Vertrauen in die HSH Nordbank, damit die Eigner das Kernkapital der Bank aufstocken, damit der Bund einsteigt und damit die HSH Nordbank auch in Zukunft eine der Top-Ten-Banken Deutschlands bleibt.

Aus Sicht des SSW ist es mittlerweile aber völlig unmöglich, Vertrauen in die HSH Nordbank zu haben. Da haben wir zum einen die katastrophale Informationspolitik der Bank und einen völlig überforderten Aufsichtsrat; zum anderen die Auszahlung von Dividenden in Millionenhöhe - und dann auch noch eine strategische Neuausrichtung, die angesichts der bisherigen Geschäftspolitik der HSH wie eine Farce wirkt. Zudem eröffnet der Ministerpräsident als Krönung des gesamten Debakels Nebenschauplätze zu Managergehältern, was vor dem Hintergrund der aktuellen Sachlage so wirkt, als wolle er damit von dem HSH-Rettungspaket und seinen Auswirkungen für dieses Land ablenken. Damit keine falscher Zungenschlag entsteht: Auch für den SSW sind unangemessene Managergehälter und Bonuszahlungen völlig inakzeptabel. Die Empörung des Ministerpräsidenten hätte aber glaubwürdiger gewirkt, wenn sie nicht erst jetzt, sondern sehr viel früher in die Position der Landesregierung eingeflossen wäre.

Fest steht, dass die HSH Nordbank derweil beschlossen hat, eine regionale Kernbank zu werden. Die regionale Ausrichtung ist letztlich auch das einzige Argument, um Hamburg und Schleswig-Holstein zu einer Kapitalaufstockung von 3 Milliarden Euro und weiteren Garantien in Höhe von 10 Milliarden Euro zu überreden. Dabei wissen wir alle längst, dass die HSH ein Global Player ist. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des SSW vom 09. Februar über die Größe des regionalen Anteils der Geschäftstätigkeit der HSH Nordbank geht eindrucksvoll hervor, dass unterhalb der nationalen Ebene keine Statistiken über das Geschäftsvolumen und die Kreditvergabe der Bank vorliegen. Wenn also die HSH Nordbank nicht einmal in der Lage ist zu sagen, wie groß ihr Engagement in Norddeutschland ist, stellt sich für uns ernsthaft die Frage, ob sie noch eine Bank des Landes ist und bleiben sollte.
Selbst der Wirtschaftsminister zweifelt an der Bedeutung der HSH Nordbank für die regionale Kreditfinanzierung und empfiehlt aufgrund der fehlenden Datenlage den Ausstieg aus der öffentlichen Trägerschaft der Bank. Mit anderen Worten: Die HSH Nordbank ist zwar eine private Geschäftsbank in überwiegend öffentlicher Trägerschaft, scheint sich aber für diese besondere Verantwortung überhaupt nicht zu interessieren.

Das Verständnis für die Geschäftspolitik der HSH wird auch nicht durch die Auszahlung weiterer 200 Millionen Euro Dividende an Stille Einleger gestärkt. Es ist aber nicht nur die Art und Weise, wie diese rein freiwillige Ermessensentscheidung getroffen wurde; es ist vor allem die Art und Weise, wie die Bank mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allem auch dem Parlament umgeht, die der SSW kritisiert.
Obwohl Herr Nonnenmacher sich in der Finanzausschusssitzung am 20. Februar für die Informationspolitik seiner Bank entschuldigte, bleibt ein fader Nachgeschmack – nicht zuletzt, weil er praktisch im gleichen Atemzug darauf verwies, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank hochgradig durch die verheerenden Medienberichte irritiert sind – als wären die Medien Schuld daran, dass die HSH 1100 Arbeitsplätze wegsparen will. Anders herum kommt es Herrn Nonnenmacher sicherlich entgegen, wenn seine Mitarbeiter bei den geforderten Überstunden und der desolaten Informationslage in der Bank selbst nach neuen Perspektiven suchen. Dies wird dann „sozialverträglicher Stellenabbau“ genannt – wobei schlicht und ergreifend darüber hinweg gesehen wird, dass zu allererst die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Leidtragenden der HSH-Krise sind.

Das aktuell vom Kabinett beschlossene HSH-Paket sieht die Einrichtung eines Mini-SoFFin zur Rettung der HSH Nordbank vor. Alternativlösungen gibt es nicht, sagt die Landesregierung. Auch einen Handlungsspielraum gibt es nicht mehr. Dass dieses Rettungspaket nun auch von den Regierungsfraktionen von CDU und SPD mitgetragen wird, ist dabei keine wirkliche Überraschung. Ich stelle aber in den Raum, dass die Entscheidungsfindung innerhalb der Großen Koalition maßgeblich dadurch beeinflusst wurde, dass die CDU-Fraktion ihren Landesvorsitzenden nicht demontieren und die SPD-Fraktion die Koalition nicht an die Wand fahren wollte. Finanzpolitisch ist sie jedenfalls nicht nachvollziehbar. Wenn also Hamburgs Bürgermeister von Beust bei der Präsentation des Rettungspakets fast beschwörend darauf hinweist, dass sich direkte Belastungen der Bürgerinnen und Bürger nicht ergeben, dann ist das schon starker Tobak. Denn natürlich wird das Rettungspaket letztlich von den Steuerzahlern bezahlt, und das weiß auch Ole von Beust.

Für den SSW steht fest, dass für die HSH Nordbank bis heute kein schlüssiges Konzept mit abschätzbaren Risiken erkennbar ist. Was wir wissen, ist aber, dass Schleswig-Holstein eine aktuelle Schuldenlast von 23 Milliarden Euro und ein jährliches strukturelles Defizit von 600 Millionen Euro vor sich her schiebt. Zudem hat die Föderalismuskommission vor wenigen Tagen die Nullschulden-Grenze beschlossen, und trotzdem hat die Landesregierung nichts anderes zu tun gehabt, als weitere Milliarden Schulden aufzunehmen und eine marode Bank zu stärken: Monat für Monat beweist die HSH Nordbank, dass sie ein Fass ohne Boden ist. Anfang 2008 wurde das Eigenkapital der Bank bereits um 2 Milliarden Euro aufgestockt, und jetzt sollen weitere 3 Milliarden und eine Garantiesumme von 10 Milliarden Euro fließen. Wie viele Monate werden wohl vergehen, bis Herr Nonnenmacher wieder mit dem Klingelbeutel vor dem Landeshaus steht?

Auch die von den Regierungsfraktionen eingebrachte Resolution zur HSH Nordbank verrät zwischen den Zeilen, wie viele offene Fragen es noch gibt. - So zum Beispiel der erste Satz, dass „potentielle mittelbare und unmittelbare Belastungen und Risiken für den Landeshaushalt kurz-, mittel- und langfristig zu minimieren“ sind. Was dies konkret bedeutet, übersteigt meine Vorstellungskraft! Richtig gespannt macht mich dagegen Punkt 10 der vorgeschlagenen Resolution, wo vonseiten des Landtages eine sorgfältige Prüfung des Gesamtpakets zugesagt wird. Heißt dies im Umkehrschluss also, dass die Große Koalition trotz des gestrigen Beschlusses bereit ist, noch wesentliche Teile des Rettungspakets zu verändern oder gar abzulehnen? Die Große Koalition kann im Grunde nichts anderes tun, weil schon heute klar ist, dass sich die Informationspolitik der Landesregierung in Sachen HSH Nordbank in den letzten Monaten von der des HSH Vorstandes nicht wesentlich unterscheidet. Und sollte zutreffen, wie gestern von Bündnis 90/Die Grünen öffentlich dargelegt, dass sich die Landesregierung schon Ende November auf eine Länderlösung zur HSH Rettung festlegte und damit nur zum Schein mit dem Bund weiter Gespräche führte, dann ist Finanzminister Wiegard auch aus Sicht des SSW nicht mehr zu halten.

Für den SSW steht fest, dass wir nicht bereit sind, eine derart riskante Entscheidung auf der Grundlage von Hörensagen zu treffen, zumal in den letzten Wochen viele halbgare Informationen hin und her geschoben, andere wiederum verschwiegen wurden, und kaum ein verlässliches Stück Papier auf den Tisch kam. Deshalb wird der SSW diesem Rettungspaket auf keinen Fall zustimmen, bevor wir nicht eine belastbare Bilanz für die Vergangenheit zu sehen bekommen haben und uns zuverlässiges Material und unabhängige Stellungnahmen zum neuen Geschäftsmodell der Bank und zum Rettungspaket vorliegen. Nicht zuletzt muss die Regierung erneut mit dem Bund verhandeln und endlich dafür Sorge tragen, dass Schleswig-Holstein auf Bundesebene ernst genommen wird.

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