Rede · 11.04.2014 Rader-Hochbrücke hat große Bedeutung für den gesamten Norden Europas

Es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass die Opposition sich immer wieder politische Bereiche herauspickt, um die Landesregierung und die Koalition in diesen Politikfeldern vor sich her zu treiben. Der Straßen- und Schienenverkehr – der zu den kostenintensivsten Bereichen gehört – ist hierbei ein vermeintlich dankbares Thema. Viele der in den Anträgen behandelten Themenkomplexe haben wir bereits mehrmals hier im Landtag debattiert. Das soll uns aber nicht davon abhalten, diese für Schleswig-Holstein so wichtigen infrastrukturpolitischen Themen – wieder aufzugreifen. Aber wie einer meiner Nachbarn sagte, als ich mit ihm über die Tagesordnung sprach: „Die Sau wird nicht fetter, nur weil man sie öfter wiegt.“

Wir kennen die großen verkehrspolitischen Baustellen hier im Land und wir gehen sie an. Dies hat Minister Meyer bereits bewiesen, als bekannt wurde, dass sich die Rader-Hochbrücke in einem katastrophalen Zustand befindet. Alle notwendigen Schritte wurden seinerzeit umgehend in die Wege geleitet, um einen Totalausfall zu verhindern.
Die Teilsperrung der Rader-Hochbrücke im letzten Jahr hat gezeigt, wie wichtig die Brücke ist, sowohl für den nationalen und als auch für den internationalen Verkehr. Sie ist die Nord-Süd-Verbindung Schleswig-Holsteins. Darüber hinaus ist sie auch die wichtigste Verbindung zwischen Skandinavien und dem restlichen Europa. Damit ist sie für die Wirtschaft – diesseits und jenseits der Grenze von existenzieller Bedeutung. Gottseidank konnten die Schäden an den Betonpfeilern behoben werden und die Brücke nach über drei Monaten wieder für den Güterverkehr freigegeben werden.
Der teilweise Ausfall der Brücke kam für uns alle überraschend. Je mehr über den Zustand der Brücke bekannt wurde, desto fraglicher wurde es, ob das Bauwerk seine geplante Lebenszeit überhaupt erreichen wird. Und nun sieht es so aus, dass diese Befürchtung in nicht allzu ferner Zukunft Realität werden könnte. Baupfusch, Materialermüdung und der zunehmende Verkehr lassen die seinerzeit erwartete Lebensdauer erheblich schrumpfen. Die prognostizierten zwölf Jahre – aus dem noch nicht veröffentlichten Gutachten – stellen nicht nur uns vor große Herausforderungen, denn in erster Linie ist hier der Bund gefragt.

Das vorzeitige Ende der Brücke wird natürlich mit großer Besorgnis gesehen, gerade von der hiesigen Wirtschaft. Aber auch politische und wirtschaftliche Partner in Dänemark, sind angesichts der Prognose sehr in Sorge. Die Jütlandroute ist und bleibt die Hauptverkehrsachse gen Süden für die produzierende Wirtschaft in Dänemark. Über 70% der industriellen Arbeitsplätze sind in Dänemark westlich des Großen Belts angesiedelt und die Prognosen dort bestätigen, dass der Verkehr über die A7 und über die Bahnstrecke in den kommenden Jahren zunehmen wird. Es wird auch davon ausgegangen, dass der gesamte Güterverkehr aus Norwegen weiterhin auf der Jütlandroute stattfinden wird. Ein Totalausfall der Rader-Hochbrücke würde einen Verkehrsinfarkt bewirken.
Mir ist wichtig, die internationale Bedeutung der Rader-Hochbrücke noch einmal hervor zu heben, denn die A7 ist eine Europastraße (E45) und damit hat der Bund auch gegenüber seinen europäischen Nachbarn eine Verpflichtung eine intakte Verbindung vorzuhalten. Wir haben also mit den Partnern in Dänemark und Norwegen durchaus Verbündete, wenn es darum geht, in Berlin für eine zügige Lösung der Kanalquerung zu sorgen.
Wie eine solche Lösung aussehen kann, lasse ich erst einmal dahingestellt. Wichtig erscheint mir jedoch, dass wir bei der Suche nach einer Lösung, nicht nur auf den Straßenverkehr fokussieren. Die Rendsburger-Hochbrücke ist seit Jahren ein Problem, denn sie ist ein Nadelöhr im Schienengüterverkehr. Und auch wenn die Rendsburger-Hochbrücke gerade erst eine Komplettsanierung hinter sich hat, was nach über 100 Jahren nicht wundert, ist sie heute mehr unter dem Gesichtspunkt eines Industriedenkmals zu sehen, denn als Stück Verkehrsinfrastruktur. Diese Brücke hat längst das Rentenalter erreicht und angesichts des heutigen Bedarfs und des weiter zu erwartenden Schienenverkehrs, ist eine neue Kanal-Querung keine Luxusforderung.
Wenn wir also über einen Ersatz für die Rader-Hochbrücke sprechen, dann dürfen wir den Schienenverkehr nicht außer Acht lassen. Die logische Konsequenz kann nur eine kombinierte Straßen-Schienen-Querung sein.
Die Lebenszeiterwartung für die Rader-Hochbrücke beträgt wahrscheinlich noch zwölf Jahre. Wir wissen, dass die Planung für große Verkehrsprojekte in Deutschland sehr gründlich von statten geht. Auch dann kann es immer noch zu Verzögerungen kommen. Oder mit anderen Worten, von der Planung bis zum Bau von Verkehrsgroßprojekten vergeht sehr viel Zeit. Mit derartigen Vorzeichen können wir nicht Politik mit ruhiger Hand machen. Daher ist sofortiges Handeln notwendig. Und es ist erfreulich, dass dies fraktionsübergreifend so gesehen wird. Denn es wird sehr viel Arbeit kosten, Berlin von einem solchen Infrastrukturbauwerk zu überzeugen.

Dass Planung, Finanzierung und Umsetzung von Verkehrsprojekten viel Zeit in Anspruch nehmen kann, wird besonders bei der A20 deutlich. Die A20, die Nord-West-Umfahrung von Hamburg, mit westlicher Elbquerung ist eine der wichtigsten Verkehrsachsen für den gesamten nordeuropäischen Raum und zur Zeit das größte Verkehrsprojekt in Schleswig-Holstein. Schon um das Jahr 2005 sollte die A 20 fertig gewesen sein, so plante man zumindest beim Beginn dieses Projektes kurz nach der Wende. Doch leider müssen wir feststellen, dass der Weiterbau der A20 immer wieder ins Stocken geraten ist. Entweder hat es an der Finanzierung gehapert oder der Bau der A20 wurde beklagt. Der entstandene zeitliche Verlust ist durchaus ärgerlich. Aber es gibt diese Klagemöglichkeiten und die haben auch ihre Berechtigung – wenn es auch manchmal schwer auszuhalten ist.
Die jüngsten Erfahrungen, in Bezug auf die Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren für den Abschnitt südlich von Bad Segeberg, machen deutlich, dass Verzögerungen manchmal auch auf hausgemachte Fehler zurück zu führen sind. Diese politische Entscheidung, am gültigen Naturschutzrecht vorbei zu planen, rächt sich jetzt. Zu den jüngsten Verzögerungen muss man ganz klar sagen, dass man sich das Recht eben nicht so hinbiegen kann, wie man es gern hätte. Die alte Landesregierung hat darauf gesetzt naturschutzfachliche Prüfungen des Projektes nur oberflächlich zu prüfen. Diesen politischen Fehler hat uns das Gericht in Buch geschrieben.
Auch wenn das Urteil klare Hinweise zum Weiterbau gibt, bedeutet es letztendlich zwei weitere Jahre Stillstand beim Bau der A20. Vor 2016 wird die Autobahn bei Bad Segeberg nicht weitergebaut werden können. Dies hat uns die alte Landesregierung eingebrockt. Diesen Fehler wird die Landesregierung nun beheben.
Es hat sich gezeigt, dass der Richterspruch auch Auswirkungen hat auf die noch offenen Planungsabschnitte der A20. Das bedeutet, auch diese Teilstücke müssen näher unter die Lupe genommen werden und gegebenenfalls nach den Vorgaben des Urteils nachgebessert werden. Dies wird wieder wertvolle Zeit kosten und den Weiterbau verzögern. Daher ist es notwendig, dass die Planungsverfahren für die verbleibenden Abschnitte bis zur Elbe gründlich abgeschlossen werden. Dabei hat Sorgfalt absoluten Vorrang vor übereilter Planung. Solche Fehler, wie die der alten Regierung, sollen uns nicht unterlaufen.
Es ist zu begrüßen, dass bei der zuständigen Straßenbaubehörde nun auch sieben Planerstellen neu besetzt werden, die die noch fehlenden Teilabschnitte durchplanen werden. Trotzdem werden wir unser Ziel, die A 20 bis 2017 bis zur A 7 weiterzubauen, nicht erreichen – das ist richtig. Hier sind wir aufgrund der schlampigen Arbeitet der Vorgängerregierung gescheiter.
Da hilft es auch nicht, dass die A20 Initiative – für dessen Forderung ich großes Verständnis habe – sich für einen zügigen Weiterbau der A20 einsetzt. Ich kann die Verärgerung dort über die Verzögerung sehr gut nachvollziehen. Aber auch die Initiative muss das Urteil mit seinen Auswirkungen auf die weiteren Planungsabschnitte akzeptieren.
Dass es nun gerade Herr Austermann ist, der sich mit an die Spitze der Bewegung stellt und den sofortigen Weiterbau der A20 fordert, ist nicht nachvollziehbar. Es macht aber deutlich, dass Herrn Austermann ein solches Urteil, mit seinen Konsequenzen, nicht schert.
Gottseidank hat unser Verkehrsminister ein anderes Rechtsverständnis und setzt Genauigkeit vor Schnelligkeit – die letztendlich keine ist. Das ist verantwortungsvolle Regierungsarbeit.

Der 4. Landesweite Nahverkehrsplan für den Schienenpersonennahverkehr ist aufgeteilt in zwei Blöcke. Zum einen beschreibt der die Weiterentwicklung des ÖPNV in den nächsten fünf Jahren bei uns im Land und zum anderen gibt er einen Ausblick für den Nahverkehr bis 2030.
Der zuletzt genannte Teil - Plus 50% - stellt dar, welche Voraussetzungen vorhanden sein müssen, um den Modal-Split-Anteil des ÖPNV um 50% zu erhöhen.
Dies ist natürlich ein sehr ehrgeiziges Ziel, aber steigende Energiepreise oder der demografische Wandel machen es erforderlich, dass man sich mit diesen Ideen und Denkanstößen des LNVP befasst – auch wenn sie bisher weder durchgeplant oder finanzierbar sind.
Es wird immer wieder von der Politik gefordert, vorausschauend und in die Zukunft gerichtet zu handeln. Daher ist dieser Teil des LNVP, ein Teil guter langfristiger Landespolitik, der dazu beitragen soll, Diskussionsprozesse anzustoßen.
Kommen wir nun aber zu den politischen Maßnahmen des LNVP, die in den kommenden Jahren, also bis 2017 umgesetzt werden können. Wie in vielen anderen Bereichen, stehen auch die Maßnahmen des LNVP immer unter dem Gesichtspunkt der Finanzierbarkeit. Hierbei geht es insbesondere um die vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel zur ÖPNV-Finanzierung, die jährlich um 1,5% aufgestockt werden – denen aber Preissteigerungsraten von mindestens drei Prozent gegenüber stehen. Zudem wissen wir, dass die Mittel aus dem Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz (GVFG) im Jahr 2019 auslaufen.
Beide Punkte, wissen wir, wurden bereits bei der Verkehrsministerkonferenz angesprochen und dort hat man sich darauf verständigt, die Zukunft der Regionalisierungsmittel in einer Sonderkonferenz zu beraten.
Diese Finanzierungmodalitäten können wir nicht einfach vom Tisch wischen. Es gehört zu einer verantwortungsvollen und vorausschauenden Politik, dass wir uns mit den Projekten genauestens befassen und durchrechnen, was finanzierbar ist. Soll heißen, wir müssen uns darauf einstellen, dass auch bereits sicher geglaubte Projekte wieder auf den Prüfstand müssen, wenn wir nicht sicher sein können, dass wir uns den Bau und Betrieb nach 2019 noch leisten können. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Angesichts der aufgeführten finanziellen Unwägbarkeiten ist es durchaus zulässig, zu hinterfragen, ob die Trassensicherung stillgelegter Strecken in jedem Fall noch leistbar ist. Die Reaktivierung von stillgelegten Trassen ist immer mit Kosten verbunden – zum Beispiel für neue Lärmschutzmaßnahmen. Zudem kommen dann noch die jährlichen Betriebskosten. Dies müssen wir uns vor Augen halten, wenn wir über die Reaktivierung von Strecken reden. Auf der anderen Seite, haben sich dort in weiten Teilen Busverkehre etabliert, die oft ohne öffentliche Zuschüsse funktionieren.
Also, angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen, sollten wir uns überlegen, ob wir uns solche Trassen noch leisten können? Gerade vor dem Hintergrund wenn ein guter Ersatz vorhanden ist. Diese Frage stelle ich in den Raum. Denn vor dieser Frage stehen wir, wenn wir zum Beispiel über die Strecke Kiel-Schönberg sprechen. Ich weiß, dass die Zukunft dieser Strecke in der Koalition durchaus kontrovers gesehen wird. Und mein Kollege Lars Harms, hat bei einer Podiumsdiskussion eben diese durchaus kritischen Fragen der Finanzierung gestellt. Das halte ich nicht nur für zulässig, sondern auch für verantwortungsvoll.
Die Reaktivierung der Bahnstrecke Kiel- Schöneberg ist wünschenswert, daher lehnen wir den Antrag von FDP und CDU ab, aber die Finanzierung muss gesichert sein. Wenn wir nicht mehr Geld vom Bund bekommen, dann muss gesagt werden, wie solche Reaktivierungen mittel und langfristig finanziert werden wollen. Hier brauchen wir die Zusicherung vom Bund, nur dann haben wir Planungssicherheit.
Ich will deutlich sagen, dass der Landesweite Nahverkehrsplan gute Ansätze aufzeigt, um die Herausforderungen wie Klimawandel, steigende Energiepreise oder demografische Entwicklung aufzugreifen. Die im LNVP beschriebenen Projekte sind nicht utopisch und noch können wir sie finanziell wuppen. Daher ist die größte Herausforderung für das Land, die Unwägbarkeiten bezüglich der Bundesmittel zu klären.

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