Rede · 11.10.2007 Schleswig-Holsteins Beitrag zum Klimaschutz und mögliche Auswirkungen der Klimaveränderung


Klimawandel, seine Ursachen und die möglichen Auswirkungen haben gerade in jüngster Zeit zu vielen Diskussionen auf allen Ebenen geführt. Und die neuesten Erkenntnisse sind mehr als alarmierend. Der Klimawandel hat globale Auswirkungen, die nicht endgültig abschätzbar sind. Aber wir wissen, dass er sich auf die Nahrungsmittelproduktion, Wasserverfügbarkeit, Meeresspiegel, Gesundheit, Tier- und Pflanzenarten sowie auf die Ökosysteme auswirkt. Dies geht so auch aus der Antwort der Landesregierung hervor. Die globale Veränderung des Klimas hat Auswirkungen bis in den kleinsten lokalen Bereich. Daher verteilt sich die Verantwortung hierfür auch auf alle Ebenen.

Gerade die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse haben deutlich gemacht, dass es fünf vor zwölf ist und inwieweit sich der Klimawandel abwenden lässt, ist fragwürdig. Der 4. Bericht des IPCC (Intergovernmental Penal on Climat Change) macht hierzu deutlich, dass der Klimawandel nicht mehr vollständig aufzuhalten ist. Wenn es uns nicht gelingt, das Ruder herumzureißen, rennen wir sehenden Auges in den Klimakollaps.

Klimaforscher und -Wissenschaftler warnen bereits seit Jahren vor den Auswirkungen des Klimawandels und haben immer wieder auf den Treibhauseffekt hingewiesen. Jahrelang mussten sie sich wie Rufer in der Wüste vorgekommen sein, denn lange Zeit gab es auch wissenschaftliche Ausführungen, die den Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Klimawandel bestritten haben und darauf verwiesen, dass es immer wieder globale Kalt- und Wärmeperioden gegeben hat, die nicht von Menschen verursacht wurden. Verantwortliche konnten sich somit immer wieder auf solche Äußerungen berufen und die Hände getrost in den Schoß legen. Insbesondere die USA als größter Emittent von CO2-Treibhausgasen haben jahrelang so agiert und nichts getan.

Rückblickend müssen wir feststellen, dass durch dieses passive Verhalten wertvolle Zeit verloren gegangen ist und es ist nicht vollends absehbar war, was uns diese Bequemlichkeit bringen wird.
Aber anstatt aus den Erfahrungen der Vergangenheit Lehren zu ziehen, sind die Ergebnisse der Tagung des IPCC in Paris mehr als ernüchternd. Die Amerikaner sind gegen Gesetze zur Regelung des CO2-Ausstoßes und Inder und Chinesen wollen ihr Wirtschaftswachstum nicht gefährden. Aus der Antwort der Landesregierung geht hervor, dass der Energiebedarf weltweit weiter wachsen wird. Insbesondere China verzeichnet aufgrund des industriellen Wachstums einen starken Anstieg des Energiebedarfs, der insbesondere durch die fossilen Energieträger Gas, Kohle und Erdöl gedeckt wird. Ein derartiges „weiter so- und mehr davon“ ist katastrophal.

Angesichts dieser Entwicklung kann man sich die Frage stellen, warum die EU dann überhaupt noch Anstrengungen unternimmt die CO2-Emissionen gegenüber 1990 mindestens um 20% bis zum Jahr zu reduzieren und bis 2050 Minderungen von 60 bis 80% gegenüber 1990 zu erreichen. Aber hier sagen wir als SSW deutlich, dass wir uns der Verantwortung stellen müssen und diese Anstrengungen unternehmen müssen und wir begrüßen diese Beschlüsse ausdrücklich. Aber wir mahnen auch an, dass wir es uns nicht leisten können, von diesen Zielen weiter abzurücken.
Wir müssen den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und Umwelt vorleben. Nur dann können wir dies auch von anderen fordern. Hier haben wir eine Vorbildfunktion die mit der Selbstverpflichtung anfängt und diese müssen wir ernst nehmen.

Was können wir also tun, um die Situation in Europa, in Deutschland und in Schleswig-Holstein zu verbessern? Einer besonderen Aufgabe kommt hierbei der „energiepolitische Dreisprung“ zu. Energieeinsparung, Erhöhung der Energieeffizienz und Vorrang für erneuerbare Energien.
Dass die Umsetzung dieser Maßnahmen nicht einfach ist und nur sehr langsam von statten geht, wissen wir aus der Vergangenheit.

Dies ist unter anderem darin begründet - und darauf weist auch die Landesregierung hin – dass die Länder, die sich frühzeitig gegen den Einsatz der Kernenergie entschieden haben, eine wesentlich konsequentere energiewirtschaftliche Investitionsstrategie in Richtung Energieeffizienz und erneuerbare Energien entwickelt haben. So ist der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in Dänemark mit ca. 50% Anteil an der Stromerzeugung und fast vollständiger Wärmeversorgung aller Groß- und Mittelstädte ebenso wie in den Niederlanden – ca. 40% KWK Anteil an der Stromerzeugung - und Österreich mit ca. 30% wesentlich höher als in Deutschland mit ca. 10%. Ebenso ist der Anteil der Windenergienutzung und Biomassenutzung in Dänemark und Österreich vergleichsweise hoch. Die CO2-Emissionen pro Kopf der Bevölkerung liegen in Dänemark und Österreich ca. 10% niedriger als in Deutschland.

Nun lässt sich die Fehlentscheidung auf Kernenergie zu setzen zwar nicht zurückdrehen, aber es macht deutlich, dass der Druck, aus der Kernenergie auszusteigen, nicht nachlassen darf. Anstatt weiter auf die risikobehaftete Kernenergie zu setzen, müssen Anstrengungen unternommen werden, den Mix aus Energieeinsparung, Erhöhung der Energieeffizienz und Vorrang für erneuerbare Energie voran zu bringen. Inwieweit dies von Erfolg gekrönt sein wird, wird die Zukunft zeigen. Aber wir können davon ausgehen, dass der weltweite Energieverbrauch in den kommenden Jahren massiv steigen wird. Daher werden in der näheren Zukunft die fossilen Energieträger weiterhin eine wichtige Rolle für die Energieversorgung spielen.

Aus Sicht des SSW gibt es keine Alternative zum Atomausstieg und ich kann nur davor warnen, angesichts des steigenden Energiebedarfs, diesen Atomkonsens in Zweifel zu ziehen. Dies ist die einzig wahre Entscheidung, um endlich einen Schlussstrich unter diese risikobehaftete Energieform zu setzen. Im Zusammenhang mit der Klimadiskussion und der CO2-Reduktion wird die Atomenergie von seinen Befürwortern immer wieder ins Spiel gebracht. Auch wenn es vordringlich so aussieht, dass die Atomenergie zur Lösung der CO2-Problematik beitragen könnte, birgt diese Energieform Risiken in sich, die wir letztendlich nicht kontrollieren können und die ein gefährliches Abfallproblem für viele nachfolgende Generationen darstellt. Diese Seite der Atomenergie müssen wir berücksichtigen, wenn wir über künftige Energiepolitik sprechen.

Doch wie lässt sich der Energiebedarf decken. Hier benötigen wir eine Übergangslösung und für uns ist klar, dass wir um den Einsatz von Kohlekraftwerken nicht herum kommen. Für uns geht es dabei darum, alte Kohlekraftwerke durch neue zu ersetzen – denn auch so erzielen wir eine Verbesserung der CO2-Bilanz. Der Einsatz neuester Technologien ist hierfür deshalb unumgänglich, um Kohlekraftwerke zu rechtfertigen. Insbesondere kommt hierbei der CO2-Reduzierung besondere Bedeutung bei. Die Landesregierung macht hierzu deutlich, dass dies grundsätzlich erreichbar ist durch die Steigerung des elektrischen Wirkungsgrades, dem ergänzenden Einsatz von emissionsärmeren Brennstoffen und durch die Kraft-Wärme-Kopplung. Darüber hinaus besteht die noch kaum genutzte Möglichkeit, CO2 vor oder nach dem Verbrennungsprozess abzuscheiden und an geeigneten Stellen zu lagern. Doch diese Entwicklung steckt derzeit noch in den Kinderschuhen und wirft insbesondere in Bezug auf die Lagerung noch Fragen auf. Aber nichts desto trotz, sollten wir diese technologische Entwicklung weiter voranbringen, damit wir uns auf diesem Feld ein Know-how aneignen, dass zur Lösung künftiger Energieprobleme beitragen kann.

Wenn für Schleswig-Holstein entschieden wird, ein Kohlekraftwerk zu errichten, dann darf dies nur dort geschehen, wo wir eben auch die Abwärme entsprechend nutzen können, damit den höchsten Wirkungsgrad erzielen können. Und aus Sicht des SSW kommt dafür nur der Standort Brunsbüttel in Frage. Neben der Möglichkeit der Abwärmenutzung haben wir dort eben auch Standortvorteile, wie z.B. die notwendige Netzstruktur sowie die Möglichkeit, der direkten vergleichsweise Klima schonenden Erreichbarkeit aufgrund des Hafens.
Aber eins muss hierbei auch deutlich gesagt werden, für uns sind Kohlekraftwerke nicht die endgültige Lösung des Energieproblems, gerade aufgrund der CO2-Problematik. Doch als Übergangslösung sehen wir in der Kohle eine geeignete Alternative.

Letztendlich muss es aber darum gehen, den energiepolitischen Dreisprung hinzubekommen. Und die Aussichten, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, wie sie auch von der Landesregierung dargestellt werden, lassen uns hoffen, dass wir langfristig den Strombedarf aus erneuerbaren Energien mehr als abdecken können. Insbesondere die Windenergie mit einem Anteil von rund 33% am Stromverbrauch kann heute bereits Erfolge verzeichnen. Zwei Bereiche der erneuerbaren Energien möchte ich für Schleswig-Holstein besonders hervorheben. Zum einen der Windenergiesektor – Onshore und Offshore - und zum anderen, auf Grund der ländlichen Struktur, die Energiegewinnung aus Biomasse.

Der Antwort der Landesregierung ist hierzu zu entnehmen, dass bis 2020 unsere Stromerzeugung voraussichtlich einen Anteil am Stromverbrauch von weit über 100% erreicht – wenn die geplanten Offshore-Windkraftanlagen realisiert werden und wenn das Repowering an Land durchgeführt wird. Hinzu kommt der Stromanteil aus der Biomasse. Natürlich sind dies durchaus erfreuliche Aussichten, aber damit dies auch eintreffen kann, bedarf es noch erheblicher Anstrengungen. Es gibt leider noch zu viele ungeklärte Fragen. Diese gehen über die unzureichenden Netzkapazitäten, über planungsrechtlichen Fragen hinsichtlich des Repowering bis hin zur Wirtschaftlichkeit der Offshore-Windkraftanlagen. Daher können wir uns auch nicht kurzfristig auf den alleinigen Ausbau der Windkraft und der Biomasse verlassen. Jedoch sollten wir politisch alles daran setzen, den Weg so schnell wie möglich hierfür zu ebnen, damit die erneuerbaren Energien vollends ausgeschöpft werden können und so auch die fossilen Energieträger abgelöst werden können.

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