Rede · 24.04.1997 Sicherung der Unterrichtsversorgung und -qualität
Ebenso wie alle übrigen alten Bundesländer sieht sich auch das Land Schleswig-Holstein vor die Aufgabe gestellt, den Unterricht an den hiesigen Schulen bei wachsenden Schülerzahlen zu gewährleisten. Das Dilemma, in dem wir uns befinden, wird zudem durch die wenigen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel erschwert. Kurzum: Wir stehen vor dem Problem, eine eigentlich unmögliche Leistung erbringen zu müssen.
Die Lösungsansätze der Landesregierung sowie der Oppositionsparteien sind in einigen Punkten gar nicht so weit voneinander entfernt, wie es vielleicht unmittelbar den Anschein hat. So besteht offenbar Einigkeit darin, daß ein Teil der zu errichtenden Planstellen durch Mehrarbeit und Sparmaßnahmen erwirtschaftet werden sollen. Das gibt Anlaß zur Hoffnung. Allerdings weisen die Lösungsansätze von Regierung einerseits und CDU und F.D.P. andererseits auch sehr unterschiedliche Auffassungen auf, wie das Problem am besten anzugehen ist.
Bei dem Modell der Landesregierung, dem Konzept zur langfristigen Unterrichtssicherung, fällt positiv auf, daß die Landesregierung den Versuch unternommen hat, ein längerfristiges Konzept zu erstellen. Das begrüßen wir. Trotzdem hat der SSW einige Bedenken. Vor allem sind wir der Meinung, daß die Landesregierung die Verhandlungen mit den Gewerkschaften wieder aufnehmen sollte. Sie sollte ihre Position in den strittigen Punkten - Altersermäßigung und Ausgleichsstundenerlaß abermals überdenken. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es aus der Sichtweise des SSW, wenn die Landesregierung den Lehrerinnen und Lehrern durch entlastende Maßnahmen entgegenkäme. Die Reduzierung der Zahl der Klassenarbeiten sowie der Verzicht auf die Erstellung von Halbjahreszeugnissen in der Grundschule sollten einmal überdacht werden.
Wenn man sich nun die Anträge von CDU und F.D.P. näher betrachtet, stellt man fest, daß ein wesentlicher Teil der Planstellen dadurch entstehen soll, daß die zukünftigen Lehrkräfte verbeamtet werden. Was unmittelbar als vorteilhaft erscheint, könnte sich in 30 Jahren als schwerwiegender Fehler erweisen. Die Beamtenpensionen sind heute schon eine Belastung des Landeshaushalts.
Der SSW ist in der Vergangenheit aus einem weiteren Grund für die Einführung des Angestelltenstatus von Lehrern eingetreten. Das Land würde dadurch den Vorteil haben, wesentlich flexibler auf schwankende Schülerzahlen reagieren zu können. Damit ist auch der Gedanke verbunden, daß bei steigenden Schülerzahlen neue Lehrkräfte eingestellt werden könnten. Die Unterrichtsversorgung könnte dadurch besser gewährleistet werden. Wir sind zudem der Auffassung, daß das alte Beamtenrecht durch ein modernes Tarifrecht mit gleichberechtigten Partnern ersetzt werden sollte.
Aber auch in anderen Punkten hält der SSW die Vorschläge von CDU und F.D.P. für wenig sinnvoll und nicht zeitgemäß. Wenn die CDU einen Teil der Planstellen auf Kosten der Gesamtschulen erwirtschaften will, dann verwundert dies angesichts ihrer alten Polemik gegen Gesamtschulen nicht. Daß die F.D.P. ausgerechnet den Innovartionspool zu streichen beabsichtigt, betrachten wir schlichtweg als bildungspolitischens Armutszeugnis.
Das Ziel einer langfristigen Unterrichtssicherung läßt sich nur durch Sparmaßnahmen und Kompromißbereitschaft umsetzen. Dies ist eher durch Verhandlungen als durch Verordnungen zu erreichen. Mit Blick auf die 1999 auslaufende Arbeitszeitverlängerung wird deutlich, daß die Verhandlungen zwischen der Landesregierung und den Lehrern ein wichtiger Schritt ist. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang, daß die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Möglichkeit, verläßliche Arbeitszeitkonten für Lehrer einzurichten, in ihrem Antrag berücksichtigt haben.
Der SSW steht dem Konzept der Landesregierung offen gegenüber und unterstützt somit auch den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Trotzdem sollte man sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Die Verhandlungen sind vorerst gescheitert. Die Möglichkeit eines neuen Anfangs mit erneuten Verhandlungen sollte aber offen gehalten werden. Ich habe außerdem noch Beratungsbedarf. Vor allem hätte ich gern von der Landesregierung Ausführungen darüber, wie sie sich die Umsetzung eines solchen modifizierten Konzeptes vorstellt. Daher beantrage ich die Überweisung in den Bildungsausschuß.