Rede · 26.05.2011 Sicherungsverwahrung

Die Justizminister sahen sich auf ihrer jüngsten Konferenz genötigt, in Sachen Sicherungsverwahrung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4.5.2011 ein zugehen und ab zu stimmen, wie sich die einzelnen Bundesländer die Umsetzung des Urteils vorstellen.
Die vorangegangene Debatte um die Sicherungsverwahrung angesichts der bisher ergangenen Urteile führte auch dazu, dass sich die Justizministerkonferenz mit den Themen elektronische Aufenthaltsüberwachung, der sogenannten Fußfessel, beschäftigte, mit dem räumlichen Distanzgebot zum Schutz der Opfer von Gewalttaten und dem Kriterienkatalog vom 30.11.2010 für die Neuausrichtung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung.

Damit ist das Thema der Sicherungsverwahrung, wie sich auch aus den vorangegangenen Konferenzen ergibt, ein Thema, welches gerade nicht erst durch das Urteil des BVerfG vom 4.5.2011 in Gang gesetzt wurde.

In der überhitzten Debatte um die Sicherungsverwahrung wurden die Regeln immer wieder hektisch geändert. Seit 1998 wurde laut Bundesjustizministerin insgesamt zehn Mal das Recht der Sicherungsverwahrung novelliert. Die Politik versuchte fälschlicherweise dem meinungsmachenden Boulevard gerecht zu werden, die das Thema für sich entdeckt hatte. Die Verschärfungen führten zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der Deutschland auf die Verletzungen der Menschenrechte durch die bestehenden Regelungen hinwies.

Sicherungsverwahrung wurde verwechselt mit dem Recht, eventuelle Täter einfach weg zu sperren. Es muss an dieser Stelle wiederholt werden: Menschen, die schuldfähig sind, kommen in die Sicherheitsverwahrung, um die Allgemeinheit zu schützen. Sie müssen den Freiheitsentzug als Sonderopfer hinnehmen – ihre Strafe haben sie ja bereits verbüßt. Grund ist eine negative Prognose, in der von einer hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten ausgegangen wird. Damit werden Taten geahndet, die noch gar nicht begangen worden sind, weil eine psychische Störung vorliegt.
Der SSW hat eine klare Position zur Sicherungsverwahrung : der Umgang mit Sexual- und Gewaltverbrechern nach Verbüßung der Freiheitsstrafe ist der Lackmustest für einen Rechtsstaat. Taten, auch wenn sie jedes Maß der Vorstellbarkeit sprengen, gilt es im Rahmen eines demokratisch fundierten Vollzuges einzuordnen. Die von der Boulevard-Presse zu Monstern hoch geschriebenen Täter sind und bleiben Menschen. Sie haben Rechte und diese verwirken sie nicht. Deshalb sind die Anforderungen so hoch, wenn ihre Rechte eingeschränkt werden. Das mag für Außenstehende beklemmend und teilweise auch nicht nachvollziehbar bleiben – doch diese Anforderungen müssen bleiben.
Sicherungsverwahrung wird es aber auch wohl weiterhin geben, Sie kann jedoch nur als ultima-ratio im Strafurteil ggfs. angeordnet werden.
Im Urteil des BVerfG wurde darauf Wert gelegt, dass sich die Sicherungsverwahrung fundamental vom übrigen Strafvollzug zu unterscheiden hat. Das Abstandsgebot muss eingehalten werden. Sicherungsverwahrung soll zukünftig nicht mehr ohne Therapie möglich sein.
Außerdem soll die angeordnete Sicherungsverwahrung regelmäßig überprüft werden. Damit kann eventuellen Therapie-Erfolgen Rechnung getragen werden, was den Täter zur Therapie motiviert.
Mit einem mündlichen Bericht zu den neu zu schaffenden Strukturen in Schleswig-Holstein ist es unter diesen Umständen nicht getan. Im nächsten Jahr muss nämlich nicht nur das Gesetz fertig sein, sondern auch die neuen Therapie- und Vollzugsstrukturen und ganz nebenbei muss auch die Frage der Altfälle geregelt werden.
Umfangreiche Umbauten und Restrukturierungen stehen an; das gilt für alle bestehenden Haftanstalten. Der Minister wird in unmittelbarer Zukunft zu all diesen Komplexen ein belastbares Konzept vorlegen müssen.
Die Sicherungsverwahrung muss öffentlich und transparent diskutiert werden; denn die bisherige Diskussion ist für viele mit Angst verbunden. Menschenrechte haben aber in einer Angstdiskussion schlechte Karten.

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