Rede · 23.02.2024 The kids are NOT alright
„Die multiplen Krisen, von denen wir so oft sprechen, sie treffen eben auch unsere Schülerinnen und Schüler. Schon vor der Corona-Pandemie fühlte sich jeder fünfte Jugendliche psychisch belastet. Heute ist es fast jeder dritte. Wir können diese Zahlen nicht ernst genug nehmen. “
Sybilla Nitsch zu TOP 26 - Psychischen Belastungen und Krankheiten von Schülerinnen und Schülern begegnen (Drs. 20/1880, 20/1906)
„The kids are alright“, hieß einmal ein Lied, das 1965 von der Band „The Who“ veröffentlicht worden ist. Es ist seitdem mehrfach gecovert worden. Von Goldfinger etwa, von Greenday oder auch Pearl Jam. Zuletzt haben sich in den späten Neunzigern The Offspring darauf bezogen und den Song „The kids are NOT alright“ herausgegeben.
Und auch heute müssen wir feststellen: The Kids are not alright.
Ich möchte den Landesschülervertretungen, den Landeselternbeiräten und den Schleswig-Holsteinischen Schulpsycholog:innen für ihren gemeinsamen Brief danken, in dem Sie uns erneut auf die mentale Gesundheit von Schülerinnen und Schülern und insgesamt das Thema psychische Gesundheit an Schulen hinweisen.
Es ist kein neues Thema, aber es ist eines, das – so scheint es jedenfalls mir – immer drängender wird.
Die multiplen Krisen, von denen wir so oft sprechen, sie treffen eben auch unsere Schülerinnen und Schüler. Schon vor der Corona-Pandemie fühlte sich jeder fünfte Jugendliche psychisch belastet. Heute ist es fast jeder dritte.
Wir können diese Zahlen nicht ernst genug nehmen.
Es stimmt, wenn wir sagen „Schule kann nicht alles leisten“. Aber es gibt auch Momente, in denen man die Auswirkungen des Schullalltags und auch die Chancen, die hier liegen besonders hervorheben muss. Schulen können geradezu die Wirkung eines Schutzfaktors entwickeln gegen eine Welt, die wahrlich keine einfache ist. In Schulen entwickelt sich soziale Kompetenzen, individuelle Resilienz und starke Selbstbilder, wenn es gut läuft.
Schulen haben explizit den Auftrag, Schülerinnen und Schüler zu stärken und zu fördern.
„Es ist die Aufgabe der Schule, die kognitiven, emotionalen, sozialen, kreativen und körperlichen Fähigkeiten des jungen Menschen unter Wahrung des Gleichberechtigungsgebots zu entwickeln. (…) Die Schule soll dem jungen Menschen zu der Fähigkeit verhelfen, in einer ständig sich wandelnden und dabei zunehmend digitalisierten Welt ein erfülltes Leben zu führen.“, heißt es in den Bildungs- und Erziehungszielen unseres Schulgesetzes.
Schulen sind nicht nur Orte, an denen Kinder und Jugendliche fachliche Inhalte lernen, sondern ganz ausdrücklich auch Orte an denen sie Selbstwirksamkeit erfahren und soziale und emotionale Kompetenzen ausbauen.
Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist damit ganz klar auch ein Arbeitsfeld der Sozial- und Bildungspolitik. Und wir brauchen mehr präventive und akute Angebote, damit sich psychische Probleme gar nicht erst chronifizieren.
Ich will dabei gar nicht in Abrede stellen, dass es wahnsinnig engagierte Kollegien, Schulleitungen und einzelne an Schule tätige Personen gibt, die sich wirklich hingebungsvoll einsetzen.
Aber der offene Brief an das Bildungsministeriums spricht ganz explizit den Punkt „Schulkultur“ an. Für einige der Punkte haben wir als SSW große Sympathien.
In Dänemark ist seit einigen Jahren ein Wort in aller Munde; „trivsel“. So etwas wie Wohlbefinden und Gedeihen. Wir müssen uns um das Wohlbefinden unserer Schülerinnen und Schüler besser kümmern.
2022 wurde das Thema beispielsweise beim Deutschen Präventionstag behandelt und über neue Schulfächer wie „Psychische Gesundheit“ oder „Prävention“ debattiert.
Ich weiß, bei neuen Schulfächern schlackern den meisten von uns die Ohren, aber wir brauchen eine Schulkultur, die unseren jungen Menschen Mut macht. „Luftholen statt aufholen“, so werden die Punkte rund um Entzerrung und Entschlackung der Lehrpläne zusammengefasst. Auch, um gegebenenfalls Platz für anderes zu machen. Wir als SSW wollen, dass die Schülerinnen und Schüler Zeit haben, um sich konzentrieren zu können, um sich in Lerninhalte zu vertiefen, aber auch, um emotionale und psychosoziale Entwicklungsschritte zu gehen. Und ich finde, wir sollten uns auch im Ausschuss weiter mit diesem Thema beschäftigen.