Rede · 23.02.2023 Wir wollen ein Industrieland mit Augenmaß sein

„Wir wollen eine klimaneutrale Wirtschaft, bezahlbare Erneuerbare Energien und ein Bekenntnis zu den Unternehmen in unserem Land.“

Sybilla Nitsch zu TOP 34 + 37 - In wirtschaftlich schwierigen Zeiten braucht es eine entschlossene Industriepolitik sowie die maritime Wirtschaft als Bestandteil der ökologischen Transformation fördern (Drs. 20/720 und Drs. 20/724)

Wir haben hier drei  Anträge vorliegen, die alle im Detail einige gute Ansätze enthalten.  Aber am Ende ist ja die Frage: was braucht unsere Wirtschaft wirklich?  Der schleswig-holsteinischen Wirtschaft geht es nach mehreren Jahren Dauerkrise nur mittelmäßig. Und dennoch sind die Betriebe hier im Land zum großen Teil bisher mit einem blauen Auge durch die aktuellen Krisen gekommen, weil sich unsere Wirtschaftsstruktur mit vielen kleinen und mittleren Unternehmen als erfreulich krisenfest erwiesen hat. Aktuelle Zahlen zeigen, dass von 123.000 Unternehmen im Land, 99 % kleine und mittlere Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten sind. 
Die SPD fordert, die schleswig-holsteinischen Industriestandorte massiv zu stärken. Ja, natürlich ist die Chemiewirtschaft in Brunsbüttel ein bedeutender Arbeitgeber, der viel Wertschöpfung für die Region erzeugt. Ja, auch wir wollen die Ansiedlung von Northvolt, um Arbeitsplätze an der strukturschwachen Westküste zu schaffen.
Aber wir müssen uns auch ehrlich fragen, wie viel Industrieland wollen wir eigentlich sein? Was macht das mit unserem Land? Es liegt auf der Hand, wir produzieren hier im Land den grünen Strom, aus dem wir perspektivisch auch grünen Wasserstoff machen können und wollen. Hier gibt es die Energie, hier kann klimaneutrale Industrieproduktion stattfinden. Auf der anderen Seite ist unser Land eben nicht nur Energieproduzent und Industriestandort. 
Unser Land ist so viel mehr. Zu uns kommen Urlauber aus ganz Deutschland und Europa, weil wir auch wertvolle Natur haben, weil hier Platz ist, weil hier die unvergleichliche Weite der Schleswig-Holsteinischen Landschaft ist. Wir sind eben nicht ein neues Ruhrgebiet, nur mit Erneuerbaren Energien. Der Tourismus spielt eine herausragende Rolle für unser Land und das soll auch so bleiben. Klimaneutrale Industrie: ganz klar: ja, aber mit Augenmaß. Mit einem ehrlichen Blick dafür, was unsere Natur und der Tourismus vertragen.


Ich bin ganz bei der SPD: wir müssen die vorhandene Industrie nachhaltig aufstellen, damit sie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt. Dafür brauchen wir nicht nur öffentliche Investitionen, sondern vor allem auch, wie von uns schon oft angemahnt, wettbewerbsfähige und faire Strompreise. Und eine wettbewerbsfähige Infrastruktur, und zwar im ganzen Land und nicht nur im Hamburger Umland. Schleswig-Holstein endet nicht am Nord-Ostsee-Kanal, die Infrastruktur, egal, ob Straße, Schiene oder Hafen, darf es also auch nicht tun. 
Auch die Sichtweise der Koalition halte ich nicht für falsch: die maritime Wirtschaft spielt für unser Land eine bedeutende Rolle und sollte daher auch entsprechend als klimaneutrale Zukunftstechnologie gefördert werden. Denn seien wir ehrlich: wie grün ist der grüne Wasserstoff aus Übersee noch, wenn er mit einem Schiff angeliefert wird, das mit Schweröl betrieben wird? Hier kann unsere maritime Wirtschaft einen beträchtlichen Beitrag zur Klimaneutralität einer ganzen Branche leisten. 
Wichtig ist auch, dass wir die ansässigen Unternehmen erhalten und stärken. Denn diese haben neben den hohen Energiepreisen eine weitere große, vielleicht sogar die größte Herausforderung: den Fachkräftemangel. Das ist eine unserer großen Zukunftsaufgaben. Unsere Unternehmen können nur so gut sein wie die Leute, die sie beschäftigen. Und auch hier ein Aber: siedeln wir große Industrieunternehmen an, brauchen diese auch Arbeitskräfte und treten dann in erster Linie in Konkurrenz zu den schon bestehenden kleinen und mittelständischen Betrieben, die nicht mit den Löhnen der Großen konkurrieren können. 
Wir lehnen den Antrag der FDP ab, auch wenn dieser einige gute Ansätze enthält. Aber hier durch die kalte Küche wieder die Atomkraft und die Arbeitszeitverlängerungen auf die Tagesordnung zu bringen, ist nicht in Ordnung! 
Den Anträgen von SPD und CDU und Grünen stimmen wir zu, auch wir wollen eine klimaneutrale Wirtschaft, bezahlbare Erneuerbare Energien und ein Bekenntnis zu den Unternehmen in unserem Land. Aber ein Industrieland wollen wir nur mit Augenmaß sein, mit Rücksicht auf Landschaft, Landwirtschaft und Tourismus. Denn auch diese sind wichtige Wirtschaftsfaktoren in unserem Land!

Weitere Artikel

Veranstaltung · 16.11.2024 Landesparteitag / Landsmøde 2024

Sydslesvigsk Vælgerforening indkalder til SSW landsmøde.Lørdag , den 16. november 2024, kl. 9.00 i ”Hotel des Nordens”Alte Zollstraße 4424955 Harrislee

Weiterlesen

Pressemitteilung · 04.10.2024 Minderheitenparteien SSW und SP warnen vor Teilaspekten der Gesundheitsreform der dänischen Regierung Grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Gefahr

In einem gemeinsamen Schreiben an die Innen- und Gesundheitsministerin Sofie Løhde üben Schleswigsche Partei und Südschleswigscher Wählerverband scharfe Kritik an einem Teilaspekt des Regierungsentwurfs zur Gesundheitsreform „Sundhed tæt på dig“. Die beiden Minderheitenparteien befürchten, dass der Vorschlag der Regierung, die Zuständigkeit für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von den Regionen auf die Kommunen zu verlagern, jahrzehntelange erfolgreiche Entwicklungen in der Grenzregion zunichtemachen wird.

Weiterlesen

Pressemitteilung · Kiel · 02.10.2024 Entlastung im Kieler Stadtverkehr: ohne Stadtbahn geht es nicht

Zur Berichterstattung über Zweifel an der Kieler Stadtbahn erklärt Ratsherr Marcel Schmidt, Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:

Weiterlesen