Speech · 06.05.2009 Beitritt Schleswig-Holsteins zum europäischen Netzwerk Gentechnikfreie Regionen
Mit der gestrigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig, das Anbauverbot der Maissorte MON 810 bestehen zu lassen, wurde auch die Entscheidung der Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner bestätigt - und man kann ihr bestimmt nicht nachsagen, dass sie der grünen Gentechnik feindlich gegenübersteht. Aus Sicht der Richter besteht mit der Ausbringung der genannten Sorte eine Gefahr für Tiere und andere Pflanzen, die derzeit nicht abschätzbar ist. Umweltschützer sehen darin die Gefahr, dass das Gift, das die Pflanze gegen Schädlinge produziert, auch von anderen Insekten aufgenommen wird und so in den natürlichen Kreislauf geraten könnte.
Dass der Saatgutkonzern Monsanto, dies anders sieht, ist klar. Es bleibt also abzuwarten, ob der Konzern die nächste gerichtliche Instanz ansteuern wird.
Verwunderlich ist nach der Reaktion der Bundeslandwirtschaftministerin und dem gestrigen Gerichtsurteil jedoch, dass MON 810 bereits seit 1998 in der EU kommerziell angebaut werden darf. Aber Deutschland wäre nicht das erste Land in der EU, das die Ausbringung von MON 810 untersagt. Eine Reihe anderer Länder wie Österreich, Ungarn, Griechenland, Frankreich und Luxemburg haben dies schon getan. Man fragt sich daher, was in den letzten zehn Jahren geschehen ist, dass sogar eine schwarze Landwirtschaftsministerin ihre Bedenken äußert und sich für ein Verbot ausspricht und von unabschätzbaren Gefahren spricht.
Ganz aktuell in Sachen Ausbringung von genmanipulierten Pflanzen ist auch der Streit zwischen Frau Aigner und ihrem Länderkollegen Backhaus. Wo es darum geht, dass das Bundesministerium dem versuchsweisen Anbau der genveränderten Kartoffel Amflora die Genehmigung erteilt hat. Die Größe des genehmigten Anbaufeldes führte jedoch Herrn Backhaus auf den Plan, der die Rücknahme der Genehmigung fordert. Zum einen, weil die Kartoffel in der EU nicht zulässig ist. Und zum anderen, weil bei solch einer großen Versuchsfläche die Sicherheit von Mensch und Umwelt nicht zu gewährleisten ist.
Beide Beispiele machen deutlich, dass wir es mit einer Materie zu tun haben, die unkalkulierbare Risiken in sich birgt. Keiner kann eine hundertprozentige Sicherheit garantieren und gewährleisten, dass genveränderte Pflanzen letztendlich keine negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur haben. Denn Freilandversuche sind keine Laborversuche und es besteht einfach die Gefahr der unkontrollierten Ausbreitung. Und dabei ist es egal, ob das Versuchsfeld 100 qm oder 20 ha groß ist - Bienen können nicht unterscheiden zwischen gentechnisch veränderten und gentechnikfreien Pflanzen. Soll heißen, dass Landwirte in unmittelbarer Nahbarschaft, die sich bewusst gegen die Ausbringung gentechnisch veränderter Pflanzen auf ihren Feldern entschieden haben, trotzdem nicht frei sind von Kontamination. Was wir daher machen können, ist die Etablierung von gentechnikfreien Regionen zuzulassen und vor allem zu fördern, damit zumindest in bestimmten Regionen die Sicherheit besteht, dass gentechnikfrei produziert wird.
Dafür müsste vor Ort geworben werden und man müsste die Vorteile der Gentechnikfreiheit für die Vermarktung regionaler Produkte deutlich hervorheben. So würde die Ausweisung als geschütztes Gebiet aber nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine Chance bedeuten.
Es muss aber weiterhin die Möglichkeit geben, dass sich Regionen unterschiedlich entwickeln. Und die Regionen, die die Chancen der Gentechnik nutzen wollen, sollen dies können – genauso wie die Regionen, die auf die Vermarktung von gentechnikfreien Waren setzen. Erst wenn wir dies gewährleisten, nutzen wir die vollen Möglichkeiten, die sich durch die Bio- und Gentechnologie ergeben. Dabei muss allerdings auch sichergestellt sein, dass gentechnikhaltige Produkte entsprechend deutlich gekennzeichnet werden. Erst dann hat der Bürger die frei Wahl, welche Produkte er kaufen will.
Die aktuellen Beispiele machen deutlich, dass die grüne Gentechnik noch sehr umstritten ist, weil die Folgenabschätzung durch den Einsatz von genveränderten Pflanzen noch nicht abgeschlossen ist. Und solange wir nicht genau wissen, welche Auswirkungen der Einsatz genveränderter Pflanzen hat, muss die Sicherheit für Mensch und Natur Vorrang haben.