Press release · 18.01.2022 Ein effektiver Gewaltschutz wird so nicht gelingen

Zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Gefährdungslage und Gewaltschutz von Kindern mit Behinderungen“ (Drucksache 19/3535) erklärt der sozialpolitische Sprecher des SSW im Landtag, Christian Dirschauer:

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen haben erwiesenermaßen ein deutlich höheres Risiko, sexuelle sowie physische und/oder seelische Gewalt zu erfahren. Dies räumt auch die Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage ein und verweist sogar auf eine bis zu vierfach erhöhte Gefährdungslage.

Dafür, dass der Regierung keine Erkenntnisse über das Ausmaß der Gewalt im privaten Umfeld dieser Gruppe vorliegen, kann man vielleicht noch Verständnis aufbringen. Dass die Landesregierung aber auch für öffentliche Betreuungsformen wie Berufsbildungswerke, Förderzentren oder Vereine keinerlei Angaben zu Gewalterfahrungen der Kinder und Jugendlichen machen kann, erfüllt mich mit Sorge. Zumal an diesem Zustand offensichtlich nichts geändert werden soll.

Laut Landesregierung ist es „nicht geplant, Studien zur Gewalterfahrung von Kindern mit Behinderungen in familienexternen bzw. öffentlichen Betreuungsformen in Auftrag zu geben“.

Statt für den öffentlichen und privaten Bereich Klarheit zu schaffen und Daten als Handlungsgrundlage für gezielte Beratung und Prävention zu erheben, wird auf den Bund verwiesen. Das ist aus meiner Sicht zu wenig. Wenn selbst bei einer so wichtigen Frage nach dem Motto verfahren wird, dass bundesweite Probleme auch nur bundesweit gelöst werden können, macht sich die Landesregierung überflüssig.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wirken die Antworten der Landesregierung äußerst unambitioniert. Denn die Pandemie wird zwar als klare Herausforderung für den Gewaltschutz von Kindern mit Behinderungen gesehen. Aber den klaren Willen, diese besonders gefährdete Gruppe zu schützen und ihr Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen gerade in dieser schwierigen Zeit sicherzustellen, kann ich nicht erkennen.

Es ist schön und gut, dass die Regierung bundesweite Forschungsvorhaben in ferner Zukunft als sinnvoll erachtet. Und es mag manchen Familien mit einem Kind mit Handicap helfen, wenn sich das Land an den Anschaffungskosten für ein mobiles Endgerät beteiligt, weil Beratung damit online stattfinden kann. Aber ein flächendeckender und vor allem effektiver Gewaltschutz von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen wird so ganz sicher nicht gelingen.

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