Speech · 20.05.2010 Erhalt der öffentlichen Trägerschaft für das UK S-H und der Universität Lübeck
Es ist im Vorfeld schon mehrfach erwähnt worden, aber man kann es nicht oft genug betonen: Das UK S-H ist der einzige Träger der medizinischen Maximalversorgung in Schleswig-Holstein. Eine Privatisierung dieses Hauses birgt kaum kalkulierbare Risiken und dahingehende Überlegungen sind nicht nur unverantwortlich, sondern grob fahrlässig. Dies gilt ganz besonders für die spärlichen Informationen aus der Haushaltsstrukturkommission zu diesem Thema. Dass Öffentlichkeit und Oppositionsparteien über Umfang und Ziele der geplanten Sparmaßnahmen so lange im Unklaren gelassen werden ist nach Meinung des SSW bereits ein kaum tragbarer Zustand. Doch die Tatsache, dass auch die Mitarbeiter des UK S-H in ihrem konkreten Fall durch gestreute Privatisierungsgerüchte verunsichert werden und um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, ist eine absolute Zumutung. Denn sie sind es, die jahrelang Opfer an Arbeitszeit, Lohneinbußen und Arbeitsqualität erbracht haben. Die Auffassung der SPD, die derartige Gerüchte in ihrem Antrag als Ausdruck der Respektlosigkeit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des UK S-H bezeichnet, können wir daher uneingeschränkt teilen.
Der SSW lehnt eine Privatisierung des einzigen Uniklinikums, und mit weit über 10.000 Mitarbeitern größten Arbeitgebers in Schleswig-Holstein, unverändert ab. Nicht ohne Grund wurde von Experten in der Vergangenheit mehrfach festgestellt, dass das UK S-H im Begriff ist, sich kaputt zu sparen. Eine Entwicklung, die durch eine Privatisierung wohl kaum aufgehalten werden kann. Anstelle von Investoren mit kurzfristigen, maximalen Renditeerwartungen braucht das Klinikum für seine Zukunftsfähigkeit langfristige Rückendeckung und eine finanzielle Unterstützung durch das Land. Denn diese Mittel werden nach wie vor benötigt, um die Infrastruktur zu verbessern und die Prozesse zu optimieren.
Vorstand wie Mitarbeiter sehen im baulichen Masterplan als Kern des Sanierungskonzepts den einzig gangbaren Weg, um das UK S-H zukunftsfähig zu gestalten und nicht zuletzt die umfassende medizinische Versorgung der Bevölkerung aus öffentlicher Hand zu sichern. Nur so kann das Großklinikum konkurrenzfähiger werden und nur auf diesem Weg können die bestehenden strukturellen Probleme gelöst werden. Zur Umsetzung und Absicherung des umfangreichen Masterplans lassen sich sowohl Bundesmittel zum Hochschulbau als auch öffentlich-private Partnerschaftsmodelle heranziehen.
Jedes Bundesland verfügt über ein Großklinikum mit Maximalversorgung in öffentlicher Trägerschaft. Erfahrungen mit einer Situation, in der die vollumfängliche Versorgung ausschließlich von Privaten erbracht wird existieren also nicht. Und hierfür gibt es gute Gründe: Eine nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten organisierte Großklinik gewährleistet kaum eine bereichsübergreifende hohe Qualität der Versorgung. Das Profitinteresse des Investors darf nicht darüber entscheiden, ob, wann und wo ein Patient behandelt werden kann. Hier ist der SSW unverändert einer Meinung mit den Personalräten des UK S-H.
In jedem Fall ist klar, dass ein privater Investor einen Gewinn für sein eingebrachtes Kapital erwarten dürfte. Zumindest für die Beschäftigten ist somit eines Gewiss: Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Lohnentwicklung lässt sich in diesem Fall nicht erwarten.
In diesem Zusammenhang muss selbstverständlich auch dringend vor dem Verkauf des Lübecker UK-S-H-Standorts an einen Klinikkonzern gewarnt werden. Denn die Universität Lübeck gerät mit der Gefährdung des dortigen Uniklinikums genauso in existenzielle Not. Mit der Übernahme durch einen privaten Käufer läge letztlich auch die Entscheidung über die Zukunft des Lübecker Medizinstudiums – und damit der gesamten Universität in der heutigen Form - in seiner Hand. Der SSW sieht auch hierin ein viel zu hohes und unkalkulierbares Risiko. Die vollumfängliche Versorgung und eine zukunftsfähige Lehre und Forschung kann nur durch den Verbleib in öffentlicher Hand sichergestellt werden.
Die Rolle der Universität Lübeck bei der zukünftigen Versorgung des Landes mit Medizinern sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Gerade in Zeiten in denen Experten verstärkt vor dem drohenden Ärztemangel warnen und einen Ausbau der Ausbildungskapazitäten fordern, darf die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel nicht zur einzigen Medizinischen Fakultät werden, die diese wichtige Aufgabe wahrnimmt. Die Universität Lübeck muss daher in öffentlicher Hand bleiben und zumindest über ein Mindestmaß an Planungssicherheit verfügen. Dieses gilt umso mehr, da die Medizinerausbildung in Lübeck in bundesweiten Rankings immer hervorragend abschneidet und somit ein Aushängeschild des sogenannten Gesundheitsstandorts Schleswig-Holstein ist. Die Landesregierung, und insbesondere der Wissenschaftsminister, muss sich der Verantwortung gegenüber den Menschen und der Wirtschaft bewusst werden und sich auch endlich klar zu ihr bekennen.
Vor dem Hintergrund der wenigen Informationen, die uns aus der Haushaltsstrukturkommission zum Thema UK S-H erreichen, fällt es schwer, die Vergabepraxis im Fall des Wäschereiauftrags nicht auch im Zusammenhang mit den Privatisierungsbestrebungen zu sehen. Zwar ist das UK S-H durch europäische Vergaberichtlinien dazu gezwungen, den wirtschaftlichsten Anbieter zu beauftragen. Dass billige Produkte aber nicht immer auch die wirtschaftlichsten sind, ist hinlänglich bekannt. Die Versorgungssicherheit sollte bei solchen Großaufträgen an erster Stelle stehen, da eine unzuverlässige Versorgung mit Textilien den ganzen Klinikbetrieb lahm legen kann. Hierzu gehört für uns auch eine angemessene Entlohnung der Menschen, die diese Versorgungssicherheit gewährleisten müssen.
Ob die Einsparungen durch die Vergabe an die Firma Sitex auch eine tatsächliche Kostensenkung für das Land bedeuten, wage ich zu bezweifeln. Die Höhe der Folgekosten für die Integration der größtenteils ungelernten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Arbeitsmarkt lässt sich jedenfalls kaum genau beziffern. Dass die Mitarbeiter der Firma Sitex, laut Aussage eines Gewerkschafters, von ihrem Lohn „nicht leben und nicht sterben können“ ist jedenfalls untragbar.
Natürlich dürfen hier auch die nachweislich gemachten Fehler des Managements bei Planung und Controlling nicht unerwähnt bleiben. Wie wir alle wissen, hat es Presseberichten zufolge im vergangenen Jahr unerwartete und hohe Steigerungen im Bereich der Personal-, Material- und vor allem der Beraterkosten gegeben. Der von den Kollegen der Grünen erhobene Vorwurf, dass das verantwortliche Management „offenbar schwerwiegende handwerkliche Fehler“ gemacht hat ist demnach alles andere als aus der Luft gegriffen.
Aus Sicht des SSW ist es sehr bedauerlich, dass die Konsequenz aus den erhöhten Kosten von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des UK S-H getragen werden sollen. Im Rahmen der sogenannten Vakanzbewirtschaftung werden frei gewordene Stellen nicht zwingend und umgehend nachbesetzt. Dies führt oft zu erheblichen Mehrbelastungen des Personals und ist vor allem im medizinischen und pflegerischen Bereich nicht hinnehmbar. Attraktivere Arbeitsplätze, die von den Personalräten als Antwort auf den schon heute herrschenden Notstand im Pflegebereich dringend gefordert werden, schafft man so ganz sicher nicht. Hier sieht der SSW auch die Landesregierung in der Pflicht, auf eine zügige Neubesetzung der frei werdenden Stellen hinzuarbeiten.
Überteuerte Beraterverträge, die uns auch heute noch nicht detailliert bekannt sind, und Fehler im Controlling führen derzeit eindeutig zur Verschlechterung von Arbeits- und Versorgungsqualität. Dass es auch zukünftig bei den im Bericht erwähnten Einzelfällen bei der Überschreitung der Regelarbeitszeit bleibt, darf zumindest bezweifelt werden. Ähnliches wird man leider auch für die Entwicklung bei den Überlastungsanzeigen des Personals erwarten können.
Der SSW schließt sich den gestellten Forderungen nach einem Erhalt der öffentlichen Trägerschaft für das UK S-H und der Universität Lübeck in vollem Umfang an. Der beschrittene Weg zur Sanierung des Unternehmens muss auf der Grundlage des Baumasterplans weiter gegangen werden. Die Landesregierung ist hier ebenso mitverantwortlich, wie bei der Ausbildung von dringend benötigten Medizinern an der Universität Lübeck. Nicht zuletzt ist sie als Träger auch dem Personal und den Patienten des UK S-H gegenüber verpflichtet, sich für erträgliche Arbeitsbedingungen und eine gute Versorgungsqualität einzusetzen.