Speech · 25.11.2021 Mutloser Kulturpakt und viel Status Quo

„Konkrete Handlungen sind, wie so oft bei Jamaika, rar gesät.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 17 - Mündlicher Bericht zu den Ergebnissen des Kulturdialogs in Schleswig-Holstein  (Drs. 19/3273)

Anke Spoorendonk hat den ersten Kulturdialog Schleswig-Holsteins gestartet. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, wirklich etwas für die Kulturlandschaft zu tun. Sie hat Kulturknotenpunkte zur Vernetzung der regionalen Kulturarbeit eingerichtet, Regionalkonferenzen abgehalten, Kulturschulen und -orte ernannt, die Gedenkstätten gestärkt und gemeinsam mit der Stiftung Mercator das Projekt „Kultur trifft Schule – Schule trifft Kultur“ geschaffen. Sie hat die besonderen Gegebenheiten der Grenzregion aus eigenem Erleben heraus gekannt und zu nutzen gewusst. Unter Anke Spoorendonk wurden die deutsch-dänischen Kulturvereinbarungen eingerichtet und Schleswig-Holstein stellte den Antrag dafür, Haithabu und Dannewerk als UNESCO-Kulturlandschaft zu nominieren. Ein einmaliges, besonderes und vor allem geglücktes Projekt, mit dem Schleswig-Holstein einen festen Platz auf der Karte des Kulturerbes erlangt hat. 
Wir werden auch heute noch immer wieder auf die herausragende Rolle unserer Kulturministerin angesprochen. Und das, bei aller Bescheidenheit, vollkommen zurecht. 
Wie man diesem Papier anmerken kann, baut die Arbeit der jetzigen Landesregierung maßgeblich auf der Tatkraft unserer SSW-Ministerin auf. 

Wir sehen, dass auch die Kulturlandschafts unter dem Einfluss der Pandemie steht und ihre Folgen weiterhin spüren wird. 
Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch der Kulturpakt 2030 darauf Bezug nimmt. 
Und doch war ich zugegebenermaßen doch etwas verwundert, dass der Tenor des Papieres trotz eines seitens des Ministeriums groß angekündigten weiteren Kulturdialogs seltsam farblos bleibt. 
Ich kann beim besten Willen keinen Gestaltungswillen seitens des Landes erkennen, keine kulturpolitische Richtung die vorgegeben wird, keine Idee für eine tatsächliche Weiterentwicklung der sehr guten Vorarbeit der vorherigen Kulturministerin. 
Stattdessen klingt der Kulturpakt mitunter ängstlich und fast schon hilflos. 

Wie die kulturelle Teilhabe gefördert und gestärkt werden soll, bleibt undefiniert. Wie die kulturelle Infrastruktur weiter gestärkt werden soll, wird nicht ausformuliert. Inwiefern Kulturförderung weiterentwickelt werden soll, ist offengehalten. Und was auch immer innovative Allianzen ausmacht, die das Rettungsmittel für die in Aussicht gestellten knappen Ressourcen darstellen sollen, ist der Phantasie der Rezipienten überlassen. 
Unter Punkt 5 wird festgehalten: „Kultur ist (uns) etwas wert.“ Die Bedeutungslosigkeit dieses Satzes ist dann doch zu groß, um einfach so über ihn hinweg zu gehen. Was ist sie Ihnen denn wert? Was heißt das, sie ist Ihnen etwas „wert“? Kultur rechne sich, können wir danach lesen. Aber auch, dass eine rein betriebswirtschaftliche Perspektive zu kurz greife. Es fällt schwer, daraus Schlüsse zu ziehen. 

Kommen wir zu den Verabredungen. 
Ein einigermaßen konkreter Punkt, mit dem ich beginnen möchte, versteckt sich ganz zum Schluss. Eine Bestandserhebung der kommunalen Kulturinfrastruktur, die Aufschluss über den Zustand und notwendige Investitions- und Sanierungsbedarfe geben soll, befürworten wir. 
Darüber hinaus sind konkrete Handlungen, wie so oft bei Jamaika, rar gesät. 
Das Land und die Kommunen bekennen sich im Text weiterhin zur partnerschaftlichen Finanzierung von kultureller Infrastruktur. So weit, so selbstverständlich. Alles andere wäre doch auch ein Skandal gewesen! 
Ferner sichern sich Land und Kommunen das Ziel zu, bis zum Jahr 2030 bei den 
öffentlichen Ausgaben für Kultur den Durchschnitt der Flächenländer zu erreichen. Das ist nun nicht wirklich der große Wurf, aber immerhin haben Sie sich nicht darauf verständigt, den Durchschnitt unterbieten zu wollen. 
Im nächsten Punkt vereinbaren sich Land und Kommunen auf „modellhafte Projekte für neue Kooperationen“, die zwar nicht weiter eingegrenzt werden, aber wenn sie sich an den bereits bestehenden Kulturknotenpunkten orientieren wollen, ist das aus Sicht des SSW eine gute Anknüpfstelle! 
Es bleibt das Fazit: Ein irgendwie mutloser Kulturpakt, der kaum über den Status Quo hinaus kommt.

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