Speech · 14.12.2001 Psychotherapeutenkammer-Gesetz
Der Hintergrund für die Einrichtung der Psychotherapeutenkammer ist natürlich ein sehr erfreulicher: Konnte früher jeder Pferdeflüsterer sich Psychotherapeut nennen, eine Couch kaufen und im Leben anderer Menschen herumpfuschen, so hat der Staat jetzt endlich die Verantwortung dafür übernommen, dass Bauernfänger und Scharlatane nicht länger psychotherapeutische Dienstleistungen anbieten dürfen. Das kann man nicht hoch genug einschätzen.
Die logische Folge daraus ist, dass die Psychotherapeuten sich auch organisieren wollen und müssen. Bereits mit dem Psychotherapeutengesetz aus dem Jahr 1998 sind bestimmte Berufe als eigenständige und eigenverantwortlich behandelnde Heilberufe geschaffen. Den Ländern wurde auferlegt, Kammern für psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten zu errichten. Dadurch können diese Aufgaben im Wege der Selbstverwaltung geregelt werden.
Mit Verabschiedung des Gesetzes zur Errichtung einer Psychotherapeutinnen- und -therapeutenkammer erhalten ca. 1000 Personen eine eigene Kammer. Diese Institution soll Berufspflichten und deren Erfüllung sowie die Erhebung von Daten und deren Verarbeitung regeln. Diese Aufgaben hätten ansonsten durch die Landesverwaltung wahrgenommen werden müssen.
Zu den Details: Wir begrüßen, dass die Möglichkeit der Rügeerteilung durch die Kammer aus dem Heilberufekammergesetz gestrichen wird, weil die praktische Durchführung bei Rechtsmitteln nicht ordentlich geregelt war. Erfreulich ist auch die Neuregelung des § 5 bezüglich der Qualitätssicherung, die alle Heilberufe umfasst. Die Kammern können nähere Bestimmungen zur Qualitätssicherung treffen und insbesondere die Erteilung von Qualitätszertifikaten regeln. Dies wird hoffentlich langfristig zur Weiterentwicklung der Berufe beitragen. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Meldepflicht der regelmäßigen Arbeitszeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für die Statistik. (§ 8 Abs. 4 Nr. 8) Darüber hinaus fragt sich, ob diese Daten nicht ohne Personenbezug erhoben werden können, wie bereits vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz angesprochen.
Grundsätzlich ist es gut eine Instanz für die Psychotherapeutinnen und -therapeuten einzurichten. Wir lehnen das Gesetz aber trotzdem ab. Der SSW ist nach wie vor gegen das System der Kammern. Das aus der alten berufsständische Ordnung abgeleitete Kammerwesen ist kein geeignetes und zeitgemäßes Instrumentarium zur Vertretung berufsmäßiger Interessen und Überwachung von ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung. Dieses System zementiert althergebrachte Strukturen und verhindert die zukunftsweisende, flexible Weiter- und Neuentwicklung von Berufsbildern. Die Aufgabenwahrnehmung durch die Kammern wird sehr unterschiedlich gesehen und reicht über die Vertretung berufsspezifischer Interessen hinaus.
Der SSW lehnt die Kammern mit ihrer Zwangsmitgliedschaft weiterhin ab und wird deshalb diesem Gesetz nicht zustimmen.