Speech · 07.10.2010 Stand der Integration in Schleswig-Holstein

Die Landesregierung hatte 2008 in ihrem Integrationskonzept für mein Dafürhalten erstmals in dieser Deutlichkeit keinen Zweifel daran gelassen, dass „Integrationsdefizite als strukturelle Probleme wahrgenommen werden müssen“ (Drs. 16/2188, Seite 4).


Die jetzigen regierungstragenden Fraktionen wollen zwei Jahre später davon nichts mehr wissen. Die Fragen fokussieren auf individuelle Verfehlungen der Migrantinnen und Migranten, wie die Ablehnung von Integrationsangeboten und dem Abbruch von Kursen und anderes. Dementsprechend sind auch die Fragen im Berichtsteil des vorliegenden Antrages formuliert. So individuell die Defizite nach Meinung der Regierungsfraktionen sind, so individuell sind auch die Lösungen zugeschnitten: Integration, so zumindest der Text der vorangestellten Entschließung, ist Aufgabe der Landesregierung und des Integrationsbeauftragten.


Das ist falsch. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Und genau daran hapert es oftmals: Diskriminierung ist alltäglich und steht einer Integration im Wege – da können sich die Migranten noch so integrationswillig zeigen.


Es gibt jedoch Ansätze dies zu ändern:
Als Beispiel sei genannt: Die Antidiskriminierungsstelle hat einige Unternehmen für die Anonymisierung von Bewerbungsunterlagen gewinnen können. Hintergrund ist der Umstand, dass allein türkisch klingende Namen die Bewerberin oder den Bewerber automatisch von einem Bewerbungsgespräch ausschließen. Durch die Anonymisierung soll gewährleistet werden, dass ausschließlich die bisherigen Leistungen und das „knowhow“ des zukünftigen Mitarbeiters bzw. Mitarbeiterin ausschlaggebend für die Einstellung sein sollen. Heutzutage noch reine Zukunftsmusik!


Die ganz alltäglichen Integrationshindernisse sind zu beseitigen. In einer Gesellschaft, in der die soziale Schere immer weiter auseinanderklafft, wird man immer mit den Fingern auf die vermeintlich Schwächsten zeigen. Genauso ist es derzeit in Deutschland, wo ein Großverdiener mit Migranten-Bashing enorme Aufmerksamkeit erzielt.


Eine offene Diskussion der bestehenden Integrationsprobleme, wie vom Antrag gefordert, ist das nicht. Bloß weil man etwas laut sagt, von dem man behauptet, es werde in Deutschland ignoriert, ist es nicht automatisch richtig.
Eine offene Diskussion jedenfalls sieht anders aus: sie würdigt alle Sachverhalte, individuelle und strukturelle und sollte auf einen Konsens bzw. eine tragfähige Lösung ausgerichtet sein. Das ist derzeit bedauerlicherweise nicht der Fall.

In Deutschland bestehen teilweise noch manifeste Integrationsdefizite. Dabei würde unsere Gesellschaft durch die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger, ob sie nun Hans oder Hassan heißen, enorm gewinnen.
Ich bin gespannt, ob die Landesregierung bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen.

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