Speech · 21.07.2016 Wir bekommen ein sehr modernes Strafvollzugsrecht, das auf der Höhe der Zeit ist
Lars Harms zu TOP 8 - Landesstrafvollzugs- und Justizvollzugsdatenschutzgesetz
Wer die Diskussionen der letzten Tage und Wochen verfolgt hat, der hat leider nicht die gesamte Bandbreite der Änderungen des Landesstrafvollzugsgesetzes mitbekommen können. In der letzten Zeit drehte es sich vornehmlich darum, ob Justizvollzugsbeamte eine Waffe tragen sollten oder nicht. Die Verkürzung der Diskussionen ist bedauerlich, aber wohl auch nicht zu ändern, da ein solches Thema natürlich das Medienthema schlechthin ist. Glücklicherweise haben die Gewerkschaften der Justizvollzugsbeamten zweierlei im Vorwege klargestellt. Da ist zum einen die Klarstellung, dass tagsüber im Dienst keine Waffen getragen werden sollten, da die Sicherheitsvorkehrungen umfassend genug sind und Waffen im Fall der Fälle ja auch in die falschen Hände geraten können. Die zweite Klarstellung war, dass mit Recht darauf hingewiesen wurde, dass seit mehr als 30 Jahren keine Waffe mehr im Justizvollzug in Schleswig-Holstein gebraucht wurde.
Es besteht also kein Sicherheitsrisiko und eigentlich ist eine solche Situation auch die Zeit, in der man fachliche Argumente mit aufnehmen sollte. Und die Anhörung war da sehr deutlich – und zwar gegen die Nutzung und das Tragen von Waffen in JVAs. Dieses Verbot von Waffen in JVAs gibt es übrigens auch in Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen. Eine Anpassung wäre auch bei uns sinnvoll gewesen. Dass dieses jetzt nicht kommt, liegt daran, dass wir immer auch – trotz fachlich eindeutiger Stellungnahmen – unser Ohr bei den Bediensteten haben. Wenn diese sagen, dass sie sich außer bei Gefangenentransporten auch im Nachtdienst die Möglichkeit des Tragens von Waffen wünschen, so verschließen wir uns dem nicht. Die Begründung für die Ausweitung der Tragemöglichkeiten von Waffen ist laut GDP, dass man durch das regelmäßige Tragen von Waffen im Nachtdienst ein Gefühl für die Waffe entwickelt. Ob dies wirklich eine Grundvoraussetzung ist, will ich nicht beurteilen. Allerdings ist das Tragen von Waffen im Nachtdienst schadlos. Insofern kann man unseres Erachtens auch dem Wunsch der Gewerkschaftsvertreter ohne Schwierigkeiten nachkommen, was wir ja auch tun. Auch an dieser Entscheidung kann man wieder einmal die ständige Gesprächsbereitschaft dieser Küstenkoalition ablesen.
Eine äußerliche Neuerung wird sicherlich die Möglichkeit sein, private Kleidung in den JVAs tragen zu können. Das sollte eigentlich schon längst die Regel sein, denn in Hamburg, Niedersachsen und Sachsen gibt es das schon, ohne dass hier gravierende Schwierigkeiten bekannt wären. Es sei mir der Hinweis gestattet, dass wir mit den Hamburgern ja vielleicht in Zukunft noch enger zusammenarbeiten, was wir ja alle begrüßen würden. Da macht es dann aber auch Sinn, solche Bestimmungen grenzüberschreitend einheitlich zu fassen, was ja heute endlich auch geschieht. In den Anhörungen zum Gesetzentwurf aber auch auf anderen Veranstaltungen von Verbänden wurde immer wieder deutlich gemacht, dass das Ziel der Resozialisierung von Strafgefangenen oft besser erreicht werden kann, wenn sich die Situation in der JVA so weit wie möglich der in Freiheit ähnelt. Das geht natürlich nicht in allen Belangen, aber hier ist ein Bereich, der durchaus besser gestaltet werden kann. Und da auch U-Häftlinge oder auch die Frauen in den JVAs schon private Kleidung tragen dürfen – und das sind immerhin rund 30% aller Insassen – ist der Nachweis erbracht, dass dies geht. Sollte es aus Gründen der Sicherheit und Ordnung in der jeweiligen JVA nicht möglich sein, private Kleidung zu tragen, kann das Tragen von Anstaltskleidung angeordnet werden. Wenn aber die Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet ist, spricht auch nichts dagegen, private Kleidung zu tragen; zumal die Gefangenen dann ja auch selbst die Kosten für die Reinigung und Reparatur tragen werden.
Und wenn wir schon gerade bei der Resozialisierung von Gefangenen sind, da erscheint es mir doch klar, dass es immer wichtig ist, dass die Menschen auch Kontakt zu ihren Familien aufrechterhalten können. Da ist es dann auch notwendig, dass Möglichkeiten geschaffen werden, damit man über neue Formen der Telekommunikation miteinander in Kontakt treten kann. Im Übrigen kann nach unserem Gesetzentwurf die Nutzung von neuen Telekommunikationsmöglichkeiten gestattet werden – muss aber nicht. Die Regelungen für die Nutzung von beispielsweise Skype richten sich dann nach den Regelungen für Besuche; was auch logisch ist. Wenn ein Gespräch während eines Besuchs unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich ist, dann sollte ein Gespräch über Skype unter den gleichen Bedingungen auch möglich sein. Es geht also nicht um eine unbegrenzte Nutzung dieser neuen Telekommunikationsmittel, sondern darum, dass die Möglichkeit geschaffen wird, dass Menschen über längere physische Distanzen hinweg miteinander reden können, damit der Kontakt zu beispielsweise den Familien nicht abbricht. Der Kontakt des Gefangenen zu seinem Kind im Rheinland oder in Bayern wird dabei genauso ermöglicht, wie die Aufrechterhaltung von familiären Kontakten nach Litauen, Russland oder Spanien. Das alles kann der Resozialisierung dienen und deshalb gehen wir diesen Weg.
Alles in allem kann man sagen, dass wir ein sehr modernes Strafvollzugsrecht bekommen werden, das auf der Höhe der Zeit ist. Und das ist und bleibt auch notwendig.