Rede · 02.09.2005 Aufhebung des Gesetzes über die Wahl zu den Präsidien der Gerichte
Das Gerichtsverfassungsgesetz des Bundes bestimmt in seiner geltenden Fassung, dass der Landesgesetzgeber mittels Rechtsverordnung und der erforderlichen Wahlordnungsvorschriften durchaus andere Wahlverfahren für die Wahlen zu den Gerichtspräsidien erlassen kann. Mit dieser Öffnungsklausel hat der Bundesgesetzgeber den Ländern die Möglichkeit eingeräumt; andere Wahlverfahren als die Mehrheitswahl zu bestimmen. Und Schleswig-Holstein war das erste Bundesland, das von dieser Öffnungsklausel Gebrauch gemacht hat.
Mit dieser Öffnung wird die Möglichkeit geschaffen; unter bestimmten Voraussetzungen das Verhältniswahlrecht bei den Präsidiumswahlen anwenden zu können. Dadurch wird es insbesondere kleineren Gruppen ermöglicht, dass sie in den Präsidien der Gerichte angemessen repräsentiert werden können - damit wird die Repräsentanz für kleinere Gruppen verbessert. Dies hat der SSW unterstützt, als der Landtag im Dezember letzten Jahres das Gerichtspräsidiumswahlgesetz verabschiedet hat.
Dies bedeutet aber nicht, dass die Öffnungsklausel Anwendung finden muss, denn kein Gericht wird gezwungen; dies Verfahren immer anzuwenden. Vielmehr soll es bei Bedarf Anwendung finden können. Das heißt, dies Verfahren wird dann eingesetzt, wenn es unterschiedliche Auffassungen innerhalb eines Gerichts gibt. Und dort wo eine real vorhandene Spannung existiert, muss diese sich dann auch in Wahlen äußern können. Mit dieser Öffnung wurde ein Minderheitenschutz innerhalb der Gerichte in Schleswig-Holstein eingeführt, den der SSW besonders begrüßt.
Und ich halte es für einen Trugschluss davon auszugehen, dass es erst mit dem Verhältniswahlrecht zu Lagerbildungen - wie Richterverband, Neue Richtervereinigung oder in der Justiz vertretene Gewerkschaften - innerhalb der Gerichte kommt. Wir wissen, dass es diese Gruppen bereits vorher an unseren Gerichten gegeben hat und um eben auch diesen Interessengruppen entsprechend Einflussmöglichkeiten in den Präsidien der Gerichte zu ermöglichen, wurde das Verhältniswahlrecht eingeführt.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass ich es für bemerkenswert halte, dass die SPD-Fraktion sich jetzt eines anderen besinnt und ihre Entscheidung von damals revidiert. Schließlich hat sie seinerzeit das Gesetz mit verabschiedet und auch noch während der Landtagswahl gegenüber dem Schleswig-Holsteinischen Richterverband eine positive Stellungnahme zu dem Gesetz abgegeben. Im Gegensatz zur SPD-Fraktion wird der SSW sich weiterhin für ein Verhältniswahlrecht bei den Gerichtspräsidienwahlen einsetzen, und daher werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen.