Rede · 25.01.2018 Bezahlbarer Wohnraum statt Gewinnmaximierung

Lars Harms zu TOP 33 - Kommunalen Wohnungsbau stärken

"Ich rede hier von kleinen Wohnungen ohne Schnickschnack mit ein oder zwei Zimmern, Küche und Bad."

Die Wohnungsnot in einigen Städten und für einzelne Bevölkerungsgruppen ist so groß, dass eine Landtagsdebatte bei weitem nicht ausreicht, um dem nur annähernd Rechnung zu tragen. Ich könnte hier zwanzig Minuten sprechen und könnte immer noch nicht alle Probleme ansprechen. Aber wir haben auch schon viel zu lange nur gesprochen. Ich fordere den Landtag auf, dass Opposition und Regierungsfraktionen einen gemeinsamen Weg finden, um die Kommunen in ihrem Bestreben zu unterstützen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Ich bin darüber hinaus zutiefst davon überzeugt, dass wir nur gemeinsam etwas in Berlin erreichen können, um den vorrangigen Verkauf von Immobilien des Bundes – das sind in der Regel Liegenschaften der Bundeswehr und der Deutschen Bahn – an kommunale Wohnungsbaugesellschaften durchzusetzen. Das Bundesfinanzministerium möchte einen möglichst hohen Preis für Liegenschaften erzielen, um dem Bundeshaushalt die Erlöse zuführen zu können. Das ist eine Einzel-Logik, die der öffentlichen Hand als Gesamtheit schadet. Die kommunalen Wohnungsgesellschaften werden nämlich regelmäßig in den Bieterverfahren von potenten Investoren ausgebootet, deren Klientel eben nicht aus normalen Menschen besteht. In List auf Sylt würden genau solche Menschen in der ehemaligen Offiziersschule wohnen, wenn der Bund nicht so bockbeinig auf Höchsterträgen bestehen würde und sogar noch auf Nachzahlungen, weil die Gemeinde Wohnungen bauen will.

Auf dem Wohnungsmarkt muss sich schleunigst etwas tun. Es muss neuer, bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, auch weil Sozialwohnungen tausendfach in den letzten Jahren ihre Sozialbindung verloren haben. Ich rede hier von kleinen Wohnungen ohne Schnickschnack mit ein oder zwei Zimmern, Küche und Bad.  

Doch wer soll bauen? Wir haben kaum noch kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Und Investoren winken angesichts komplizierter Förderprogramme gleich ab, wenn es um den Bau von Sozialwohnungen geht. Die Wohnungsbaugenossenschaften können diese Lücke alleine aber nicht schließen, so dass die Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren sinkt. Das alles ist bereits seit Jahren bekannt.

Die Kommunen würden gerne sofort loslegen und tun dies ja auch. In Flensburg wird in den nächsten Jahren ein neues Stadtviertel am Schwarzental mit mehr als 400 Wohnungen entstehen. Gestaltungswettbewerb und Bauplanungen laufen parallel, um kostbare Zeit zu sparen. Niemand will nämlich einen tollen Gewinnerentwurf, der keine Investoren findet. Aber auch in Flensburg werden die 400 neuen Wohnungen die Wohnungsnot nicht lösen. Es muss noch viel mehr gebaut werden. Und das Verrückte: es stehen an der Förde Wohnungen leer, weil Investoren den Hals nicht vollkriegen. Oder es werden Wohnungen von Kanzleien, Arztpraxen oder als Ferienwohnungen genutzt. Dieser Zweckentfremdung müssen die Kommunen tatenlos zu sehen. Sie haben keine Handhabe. Auch das müssen wir ändern. 

Reden wir über die kleinen Kommunen im ländlichen Raum. Hier hangelt man sich von Neubaugebiet zu Neubaugebiet. Neubauten, vornehmlich in Einfamilienhaussiedlungen am Dorfrand, verbrauchen nicht nur die Landschaft, sondern sind überhaupt kein Teil der Lösung, weil dort kein bezahlbarer Mietwohnraum geschaffen wird. Stattdessen sollten Altbestände in den dörflichen Ortskernen genutzt werden können. Doch dazu fehlen den Kommunen schlichtweg die Ressourcen. Hier bedarf es der Hilfestellung des Landes.

Der Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen hat ja einiges versprochen: die Änderung der Landesbauordnung, Optimierung der Förderprogramme und ein neues Wohnbauprogramm. Papier ist bekanntlich geduldig, denn passiert ist davon noch nichts. Aber, wie gesagt, es geht beim Wohnungsbau darum, dass in den nächsten Jahren tausende Wohnungen in Schleswig-Holstein gebaut werden müssen. Darum sollten wir zu allererst geschlossen gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Interessen des Landes Schleswig-Holstein vertreten, um den weiteren Verkauf von Bundesimmobilien an den Höchstbietenden zu verhindern. 

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