Rede · 07.05.2020 Das Homeschooling darf die soziale Schere nicht noch weiter öffnen
„Die Mittel für digitale Endgeräte im Homeschooling müssen jetzt schnell fließen!“
Jette Waldinger-Thiering zu TOP 9+35+51+52 - Erste Lesung Artikelgesetz mit weiteren Anträgen
zu Corona (Drs. 19/2122)
Die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist offensichtlich gegeben. Und auch, dass es schnell gehen musste. So schnell, dass es wohl wirklich eine demokratische Herausforderung für alle Beteiligten war. Ich will hier gar keine Aufzählung starten, aber Ihnen allen möchte ich für die gute, wenn auch anstrengende, Zusammenarbeit danken. Ich denke, es hat doch einige wertvolle Anregungen gegeben.
Beginnen wir mit den Schulen. Auch wenn ich vielleicht nicht immer mit allem bis ins Detail einverstanden bin, ist es doch erleichternd, dass jetzt für alle Klarheit in Prüfungsabläufen und Ersatzleistungen herrscht, so weit es eben geht.
Ein erheblicher Teil der Abschlussprüfungen kann durchgeführt werden. Das ist gut. Nicht, weil ich finde, dass jede Prüfung unbedingt so wie sonst auch stattfinden muss, sondern weil es den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gibt, sich geplant vorzubereiten.
Deswegen finde ich es auch wichtig, dass das Land unseren Schulen möglichst klare Vorgaben macht. Es sollte nicht passieren, dass Schülerinnen und Schüler an Schulen in Situationen kommen, in denen sie keinen Mindestabstand mehr einhalten können oder es kein Hygienekonzept gibt.
Die Mittel für digitale Endgeräte im Homeschooling müssen jetzt schnell fließen. Das ist wirklich wichtig für Familien mit mehreren Kindern, die sich zur Zeit noch die Endgeräte teilen müssen oder für Familien die noch über gar keine Endgeräte verfügen.
Gut ist außerdem, dass die Eltern in Schleswig-Holstein nicht nur ihre Kita-Gebühren, sondern auch die Gebühren für schulische Betreuungsangebote zurück bekommen. Die Beitragsfreistellung ist eine direkt merkbare, unbürokratische Hilfe, die sofort bei den Eltern ankommt. Deswegen war es für uns vollkommen klar, dass wir dem zustimmen. Gerne auch der Ausweitung auf 3 Monate.
Lobend möchte ich hervorheben, dass die Beitragsfreistellung und die damit verbundenen Mittel automatisch auf die Dänischen Schulen, Schulen in freier Trägerschaft und Träger wie SDU ausgeweitet wurden. Das hat uns wirklich gefreut.
Nun werden unter diesem Tagesordnungpunkt ja auch noch weitere Anträge behandelt, deswegen springe ich ein bisschen in den Themen, aber das lässt sich eben nicht vermeiden.
Uns ist es ein Anliegen, dass intensiv weiter an dem Coronavirus geforscht wird. An dem Ursprung, an der Verbreitung, an Krankheitsverläufen und an Folgeschäden. Und dazu gehört auch, Menschen gegebenenfalls nach dem Tod zu untersuchen. Dies ist besonders nötig, um die richtigen wissenschaftlichen Konsequenzen aus der Frage der Krankheitsverläufe zu ziehen.
Der SSW ist der Auffassung, dass das über das Infektionsschutzgesetz bereits geschieht. Bundesweit war das ja eher ein Streit zwischen Vereinigungen der Rechtsmedizin und dem Robert-Koch-Institut. Die einen, die davon ausgehen, es käme maßgeblich darauf an, zu untersuchen, in wie weit die inneren Organe von der Infektion betroffen waren, um auch andere Risikofaktoren besser ausmachen zu können. Und die anderen, die sagen, dass innere Leichenschauen und Autopsien, also aerosolproduzierenden Maßnahmen unbedingt vermieden werden sollten. Und dass Personen, die „an“ Corona gestorben sind gleichermaßen gezählt werden können, wie Personen, die „mit“ Corona gestorben sind. Und dass es eigentlich schon reicht, die Patientendaten mit den Vorerkrankungen abzugleichen.
Aber nun hat das RKI seine Haltung korrigiert und das schleswig-holsteinische Gesundheitsministerium befürwortet die Obduktion von Covid-19-Todesopfern, so viel wissen wir. Und wir wissen eben auch, dass es natürlich bereits gesetzliche Vorschriften für Obduktionen gibt, nach denen Ärztinnen und Ärzte handeln. Und dass es auch für gesonderte Fälle Regelungen gibt.
Aber vielleicht erhellt Sie ja der Sozialminister noch weiter, der immerhin einer von zwei Abgeordneten ist, die schon vor Jahren Kleine Anfragen zu dem Thema gestellt haben.
Und damit möchte ich gerne zum Bafög-Antrag der Koalition kommen. Es ist wichtig, dass die Landesregierung die Studierenden und Auszubildenen nicht aus dem Blick verliert. Ich finde, sie brauchen jetzt mehr Aufmerksamkeit.
Denn leider muss man ja sagen, dass der Drops erstmal gelutscht ist. Im Bund ist die Entscheidung gefallen. Schwarz-rot gewährt den Studierenden zinslose Darlehen. Eine lange Debatte, die SPD konnte sich am Ende nicht gegen Bildungsministerin Karliczek durchsetzen. Also keine Ausweitung des Bafögs, wie wir es gemeinsam mit unserer Jugendorganisation bevorzugt hätten. Stattdessen soll es maximal 650 Euro im Monat pro antragstellende Person bis einschließlich März 2021 geben.
Kurioserweise finanziert aus nicht abgerufenen Bafög-Mitteln.
Ab Freitag können Studierende diese Mittel beantragen. Jedenfalls Studierende mit deutschem Pass. Ausländische Studierende müssen bis zum 01. Juni mit der Antragstellung warten. Da laufen alle Corona-bedingten Einschränkungen und damit einhergehende Härten aber schon seit drei Monaten.
Und genau darum braucht es auch die Hilfen von Seiten des Landes. Wir als Fraktion unterstützen daher die im Antrag formulierten Vorhaben. Das heißt aber nicht, dass alles gut ist. Wir werden sehen müssen, ob die bereitgestellten Mittel im Härtefallfond ausreichen und vor allem auch, an welchen Stellen Studierende gegebenenfalls durch die Raster fallen. Ich rede nicht nur von Geld, ich denke da auch an Studierende mit Kind, Studierende mit Vorerkrankungen oder psychischen Beeinträchtigungen und schließlich, wie die Barrierefreiheit in der Digitalen Lehre umgesetzt wird.
Dieses Gesetz ist ein Strauß an Maßnahmen, von denen ich nur einige
angesprochen habe.
Mit diesem Gesetz sind nicht alle Fragestellungen endgültig abgedeckt. Das Schuljahr 2020/21 muss in den nächsten Überlegungen geplant und mitgedacht werden. Einschulung, Klassenfahrten, Fortsetzung von Homeschooling - um nur einige Themen zu nennen. Der SSW wird sich an allen weiteren Maßnahmen konstruktiv beteiligen, damit wir gemeinsam als Gesellschaft gut durch diese besondere Zeit kommen.