Rede · 20.06.2019 Das Wenden in der Rettungsgasse ist kein Kavaliersdelikt und auch kein Versehen
Der SSW ist sicherlich nicht die Partei die sich stets für restriktivere Gesetze oder Verordnungen ausspricht. Aber angesichts der Problematik, des Gefährdungspotentials und der Schwere des Verstoßes, sind wir der Auffassung, dass wir ein Umdenken und eine Anpassung des Bußgeldkataloges für angemessen halten.
Flemming Meyer zu TOP 33 - Fahrverbot beim Wenden in der Rettungsgasse (Drs. 19/1532)
Bereits in 2012 wurde auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraße bei einer Staubildung die Rettungsgasse zur Pflicht. Die gesetzliche Einführung der „Rettungsgasse“ und die damit einhergehende landesweite Kampagne haben die Verkehrsteilnehmer in Österreich durchaus für das Thema sensibilisiert, so dass ein Erfolg der Maßnahme schnell erkennbar war.
Deutschland hat sich dem Vorbild Österreichs mittlerweile angeschlossen und seit 2016 ist in Deutschland in Paragraf 11 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung die Rettungsgasse geregelt. Parallel dazu sehen wir auch heute schon Hinweisschilder auf unseren Autobahnen. Hier können wir jedoch nicht von einer bundeweiten Aktion sprechen. Daher begrüßen wir den Punkt im vorliegenden Antrag, in regelmäßigen Abständen entlang der Autobahnen durch Hinweisschilder für die Rettungsgasse zu werben, beziehungsweise die Fahrer darauf aufmerksam zu machen, dass bei Staubildungen Rettungsgassen zu bilden sind und vor allem wie sie zu bilden sind. Daher unterstützen wir den Ansatz Aufklärungskampagnen weiter und breiter durchzuführen. Nur durch stete Aufklärung wird es gelingen die Verkehrsteilnehmer in Deutschland für dieses Thema weiter zu sensibilisieren.
Der Grund für die Einführung der Rettungsgasse ist so simpel wie logisch: Sie kann lebensrettend sein. Für Rettungskräfte bedeutet die Rettungsgasse, dass sie schneller am Unfallort sein können und dadurch erhöhen sich die Überlebenschancen lebensbedrohlich verletzter Unfallteilnehmer. Auch die Durchfahrt für Einsatzfahrzeuge ins Krankenhaus oder zu anderen Einsatzorten wird dadurch beschleunigt. Man geht davon aus, dass Einsatzkräfte den Unfallort bis zu vier Minuten schneller erreichen als über den Standstreifen. Dadurch können die Überlebenschancen der Unfallopfer um bis zu 40 % erhöht werden. Ich denke diese Einschätzungen sprechen für sich und daher sollten wir auch mehr dafür tun, das Bewusstsein für Rettungsgassen weiter zu fördern.
Vielen Autofahrern ist durchaus bewusst, dass eine Rettungsgasse zu bilden ist und sie tun es auch. Und damit sind wir bei dem eigentlichen Problem, das mit dem vorliegenden Antrag angegangen werden soll. Wir erleben, dass Autofahrer in Falle eines Staus auf der Autobahn wenden und in der Rettungsgasse gegen die Fahrbahnrichtung den Stau verlassen. Dieses verbotene, rücksichtslose und gefährdende Verhalten ist kein Einzelfall und daher ist es gut und richtig, dass wir darüber reden wie ein solches Verhalten zu ahnden ist. Das Wenden in der Rettungsgasse ist kein Kavaliersdelikt und auch kein Versehen. Es ist eine bewusste Entscheidung in der Rettungsgasse zu wenden, um entgegengesetzt der Fahrtrichtung in der Rettungsgasse den Stau zu verlassen. Damit nimmt der Fahrer oder die Fahrerin wissentlich in Kauf, dass mit der Handlung ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung und gegen das Strafgesetzbuch begangen wird.
Verhängte Bußgelder in Höhe eine niedrigen dreistelligen Bereichs und ein Monat Fahrverbot sowie ein Punkt in Flensburg wirken auf mich – angesichts des Verstoßes – eher milde. Auch hier geht Österreich voran und erteilt weitaus höhere Bußgelder und Fahrverbote bei solchen Vergehen.
Richtig ist, höhere Bußgelder und das verhängen von Fahrverboten werden den Missbrauch der Rettungsgasse nicht verhindern. Aber so mancher Verkehrsteilnehmer wird es sich dreimal überlegen, ob ein Wendemanöver die Sache noch wert ist, nur um Zeit zu gewinnen.
Der SSW ist sicherlich nicht die Partei die sich stets für restriktivere Gesetze oder Verordnungen ausspricht. Aber angesichts der Problematik, des Gefährdungspotentials und der Schwere des Verstoßes, sind wir der Auffassung, dass wir ein Umdenken und eine Anpassung des Bußgeldkataloges für angemessen halten.