Rede · 14.05.2014 Datensicherheit und Wahlmöglichkeit statt Zwangsausstattung mit eCall

„Wenn die Datensicherheit auf dem neuesten technischen Stand ist und die Nutzer selbst entscheiden können, ob sie das System nutzen wollen oder nicht, kann man ernsthaft über die Einführung reden.“

 


 

2.500 Verkehrstote weniger soll das neue eCall-System bringen, wenn es denn flächendeckend in die Autos eingebaut worden ist. Jeder Neuwagen soll nach dem Willen des EU-Parlaments ab 2015 seine Standortdaten via SIM-Karte im Falle eines Unfalls senden können. Dafür soll höchstwahrscheinlich in Deutschland das bestehende 112-Notruf-Netz genutzt werden.

 

ECall hat allerdings auch Nachteile, weil es Daten erzeugt, die abgefangen und gespeichert werden können. So wie die Mautdaten der LKW inzwischen von der Polizei genutzt werden, obwohl das so eigentlich nie vorgesehen war, könnte das auch bei den eCall-Daten sein. Das ist keine gute Vorstellung und hat überhaupt nichts mit Hysterie zu tun. Wenn Daten erzeugt werden, dann werden sie auch weiterverarbeitet, von Dritten genutzt und gespeichert. Das zeigen uns alle Erfahrungen in vielen Bereichen. Darum hat das EU-Parlament den Kommissionsentwurf entscheidend nachgebessert. Eine dauerhafte elektronische Verfolgung des Fahrers ist danach ausdrücklich ausgeschlossen. Die Kommission hatte lediglich eine Formulierung gewählt, wonach die Nachverfolgung im Normalbetrieb auszuschließen sei. Doch die hat das Parlament einkassiert.

 


 

In Brüssel hat man also durchaus die europaweiten Bedenken gegen eCall registriert und entsprechend reagiert. Die Änderungen im Gesetzestext sind bürgerfreundlicher als der Kommissionsentwurf und versuchen ein Höchstmaß an Datenschutz zu gewährleisten. Das ist wiederum nötig, um die obligatorische Ausstattung mit eCall zu rechtfertigen. Die europäischen Autofahrerinnen und Autofahrer wird nämlich die Möglichkeit genommen, ihren Aufenthaltsort zu verbergen. Das ist künftig nur möglich, wenn man mit einem Taxi fährt oder weiter mit seiner alten Gurke unterwegs ist. Einen Neuwagen ohne eCall wird es ab 2015 in Europa nicht geben.

 


 

Das System büßt nämlich seine Vorteile ein, wenn es nicht flächendeckend zum Einsatz kommt. Es geht um die Autos, die beispielsweise ungebremst in einen Stau hineinfahren. Denn durch den raschen Notruf kann auch früher die Warnung vor dem Unfall an andere Autofahrer rausgehen. Das wiederum soll Unfälle verhindern.

 


 

Die Sicherheit, die von dem neuen System ausgeht, bewertete das Parlament höher als Datenschutzgesichtspunkte. Da haben die EU-Parlamentarier aber die Rechnung ohne die Nutzer gemacht. Von Ihnen haben manche eben doch große Bedenken, selbst wenn ein solches System gut gemeint ist. Im Internet werden inzwischen schon Möglichkeiten diskutiert, das System einfach zu zerstören. Die Wogen gehen also hoch.Ich bin davon überzeugt, dass man die Bedenken ernst nehmen sollte. Es geht nicht darum, dass ein Autofahrer nichts zu verbergen habe. Jedermann kann ruhig wissen können, wo ich hinfahre und muss es sogar wissen, wenn ich aufgrund eines Unfalls nicht mehr in der Lage bin, meinen Standort der Rettungsleitstelle mitzuteilen. Aber ich möchte schon selbst die Wahl haben, ob ich diese Informationen weitergeben möchte oder nicht.

 

Der Staat sollte niemals leichtfertig seine Bürgerinnen und Bürger verpflichten. Wenn er es dennoch tut, ergibt sich für den Staat eine besondere Sorgfaltspflicht. Das Spannungsfeld zwischen Datenschutz und Fahrsicherheit, zwischen Bevormundung und Schutz bei Unfällen ist ja nicht neu. Als am 1. Januar 1976 in Deutschland die Gurtpflicht eingeführt wurde, kam es ebenfalls zu einer breiten Debatte. Viele Autofahrer fühlten sich bevormundet und an ihr Auto gefesselt. Sie sahen nicht ein, dass der Staat ihnen vorschrieb, wie sie ihr Leben schützen sollten. Inzwischen ist der Griff zum Sicherheitsgurt eine Routine, den kaum noch jemand nachfragt. Allerdings muss man aber auch sagen, dass sich seitdem technisch Einiges getan hat. Unter den modernen Dreipunktgurten kann man nicht mehr durchrutschen und die Gurtstraffer haben das Risiko von Verletzungen des Gurts erheblich verringert. 

 

So eine Entwicklung wünsche ich mir auch für eCall-Systeme. Dass nämlich die Datensicherheit auf dem neuesten technischen Stand ist. 

 


 

Wenn dies der Fall ist und die Nutzer selbst entscheiden können, ob sie das System nutzen wollen oder nicht, kann man ernsthaft über die Einführung reden.

 


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