Rede · 01.06.2001 Defizit im Bildungshaushalt
Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Wo viel gearbeitet wird, passieren viele Fehler. Das ist menschlich. Wer dies anders sieht, soll den ersten Stein schmeißen. Denn gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bildungsministeriums stehen angesichts der vielfältigen Herausforderungen der Bildungspolitik in Schleswig-Holstein schon seit Jahren unter erheblichem Druck. Da kann schon mal etwas Schieflaufen.
Aber natürlich hat so ein Rechen- oder Denk-Fehler, der zu einem Fehlbetrag im Lehrerpersonalbudget in zweistelliger Millionen-Höhe führt, eine ganz andere Di-mension als ein normaler Fehler. - Gerade auch vor dem Hintergrund der ja schon im voraus sehr angespannten Haushaltslage.
Aus der Sicht des SSW ist es kaum zu glauben, dass man sich im Bildungsministeri-um derart verrechnen kann. Auch die Erklärung der Ministerin, dass man fälschlicherweise 800 Stellen für ausscheidende Beamte in die Kalkulation der Einsparung bei der Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer einbezogen hat, die nach dem 5-Jahres-Modell durch neue Angestellte ersetzt werden sollten, ist für den SSW zwar glaubhaft, aber sehr bitter. Denn dadurch spart man durch die Verbeamtung nun nicht wie letztes Jahr angekündigt fast 60 Millionen DM im Haushalt 2001, sondern 20 Millionen DM weniger.
Aber die damals angekündigte Einsparung war für den SSW einer der Hauptgründe, warum wir trotz großer Bauchschmerzen der Verbeamtung zustimmten. Wie die Ministerpräsidentin waren wir nicht sehr glücklich über die Umwandlung von Angestellten- in Beamtenstellen. Nur die finanziellen Fakten: dass man nämlich kurzfristig mit der Verbeamtung Geld sparen kann - nicht langfristig, da kommen noch in den nächsten Jahren durch die Auszahlung von Pensionen große Haushaltsbelastungen auf uns zu - hatten uns zur Zustimmung bewogen. Ich weiß nicht wie wir - oder vielleicht auch der gesamte Landtag - reagiert hätten, wenn wir die wirklichen Zah-len bereits damals gekannt hätten.
Dennoch sehe ich aus heutiger Sicht auf der Grundlage der Erklärung der Ministerin keine Anzeichen dafür, dass der Kollege Klug Recht hat mit seinen Verschwörungstheorien, dass dieser bedauerliche Rechenfehler eine bewusste Mogelei war oder zumindest schon im Dezember 2000 den Verantwortlichen bekannt war. Dass kann ich mir beim besten Willen - auch mit meiner persönlichen Kenntnis der Ministerin - überhaupt nicht vorstellen, und die Folgen eines solchen Verhaltens wären ja wohl allen klar. Das wäre eine klare Hintergehung von Parlament und Regierung.
Aber auch so gibt es genug Gründe, sich der Kritik an dem Verhalten der Ministerin anzuschließen.
Erstens: Es gibt in diesem Fall eine politische Verantwortung, die die Ministerin ja auch übernommen hat. Man muss erwarten können, dass es im Ministerium ein effektives Controlling beim Personalkostenbudget gibt. Dafür muss die Ministerin in Zukunft sorgen. Allerdings muss aber auch gesagt werden: Das Defizit im Lehrer-budget ist nicht durch neue zusätzliche Ausgaben oder Schlampereien entstanden, sondern das Bildungsministerium spart leider nicht soviel, wie man gern durch die Verbeamtung gespart hätte. Das ist sehr wichtig festzuhalten. - Auch wenn wir über die Folgen für den Nachtragshaushalt reden.
Zweitens - und dass ist für den SSW der größte Kritikpunk am Verhalten der Minis-terin:
Der Landtag ist viel zu spät informiert worden. Wie wir den Medien entnehmen konnten, weiß die Ministerin schon seit März bzw. April über die Fehlrechnung bei der Verbeamtung Bescheid, ohne dass beispielsweise der Bildungsausschuss oder die bildungspolitischen Sprecher informiert wurden.
Wir hätten erwartet, dass die Abgeordneten spätestens im April über diese ärgerliche Fehlrechnung ausführlich und detailliert informiert worden wären und nicht, dass wir es als erstes nur über die Medien erfahren. Das ist kein guter Stil dem Landtag gegenüber.
Für den SSW ist es aber jetzt wichtiger zu wissen, wie es mit dem Bildungshaushalt weitergehen soll. Wie soll das Defizit von 35 Mio. DM für 2001 erwirtschaftet wer-den? Dass das nicht leicht wird, ist allen klar. Denn der Finanzminister muss schon durch fehlende Steuereinnahmen einen Fehlbetrag von zirka 60 Mio. DM über den Nachtragshaushalt finanzieren. Insgesamt fehlen also für den Haushaltsvollzug 2001 noch fast 100 Mio. DM. Kein Papenstiel für ein so verschuldetes Land wie Schles-wig-Holstein.
Allerdings ist auch klar: Hätte das Bildungsministerium sich nicht verrechnet, dann hätten wir schon letztes Jahr einen zweistelligen Millionen-Betrag für den Haushalt 2001 finden müssen. Deshalb warnt der SSW davor, dass die fehlenden Millionen allein zu Lasten des Bildungsministeriums gehen sollen. Angesichts der vielen Heraus-forderungen - siehe die Diskussion um Sicherung des Lehrerbedarfs, Hauptschule, Netzwerkbetreuung, - aber auch wegen der vielfältigen kulturellen Zuschüsse, nicht zuletzt bei den Minderheiten, ist es aus unserer Sicht nicht möglich, den fehlenden Betrag vollständig aus dem Bildungshaushalt zu finanzieren.
Ob man wie vom Bildungsministerium vorgeschlagen, dadurch Geld sparen kann, dass man die Altershöchstgrenze für die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrer einmalig anhebt, um so bislang angestellte Pädagogen, die zwischen 45 und 50 Jahre sind, dazu zu bewegen, Beamte zu werden, ist zumindest zweifelhaft. Das Ministeri-um rechnet mit einer Größenordnung von 100 Fällen und einer Einsparung von knapp 3 Millionen DM bei den Sozialausgaben. Aber es ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen, dass es für diese Lehrergruppe nicht so offensichtlich ein Vor-teil ist, sich verbeamten zu lassen. Herr de Jager hat ja schon ausgeführt, warum das so ist.
Allerdings besteht aus unserer Sicht kein Grund zur Häme. Es kommt jetzt darauf an, dass sich die Landesregierung insgesamt intensiv Gedanken darüber macht, wie das Haushaltsdefizit geschlossen werden kann, ohne das es zu Verringerungen der Unterrichtsversorgung für sowohl die öffentlichen als auch die privaten Schulen des Lan-des kommen kann. - Aber auch ohne tiefgreifende Einschnitte bei den Zuwen-dungen im sozialen Bereich oder bei den Minderheitenzuschüssen. Das ist zumindest die Forderung des SSW.
Kollege Weber hat recht, wenn er - den Medien zufolge - sagt: Der Verteilungskampf wird zunehmend härter, sowohl um den Haushalt 2001 als auch um den kommenden Haushalt 2002.