Pressemitteilung · Flensburg · 25.06.2020 Glenn Dierking zum TOP 12 Bauliche Ertüchtigungen der Liegenschaft der Stadtwerke Der Flensburger Wirtschaftshafen soll kaputt gemacht werden

2,5 Mio. € für einen Umzug des Wirtschaftshafens auf die Westseite, werden am Ende auch bei einer minimalen Lösung unmöglich ausreichen....Vor allem aber wird das Verkehrsaufkommen riesige Probleme erzeugen.

Rede Ratsversammlung am 25.06.2020
TOP 12 Bauliche Ertüchtigungen der Liegenschaft der Stadtwerke 

 

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
Wenn ich als Architekt vorne die Fassade verschönere, während hinten das Haus zusammenbricht, bekomme ich ganz schön was zu hören. Meiner Meinung nach zu Recht.
Wenn nun die Liegenschaften der Stadtwerke ertüchtigt werden, ist das ähnlich. Wer glaubt, dass mit den Maßnahmen und den 2,5 Mio. Euro der Wirtschaftshafen im Westen kurz vor der Eröffnung steht, ist schief gewickelt. Es wird weder die Hafenkante erhöht, noch wird ein zweiter Liegeplatz angelegt. Für die Summe soll lediglich das Förderband abgerissen, die Lagerflächen hergerichtet und eine Halle gebaut werden. Vielleicht. Nur ein einziger Kran soll umziehen. Der bekommt aber kein betoniertes Schienensystem, auf dem er zurzeit im Osten sehr flexibel unterwegs ist. Im Westen wird der Kran also nur sehr begrenzt einzusetzen sein.
Das bedeutet, die beschriebenen Maßnahmen, die übrigens wenig belastbar allein in der Begründung aufgezählt werden, sind nicht geeignet, einen öffentlichen Hafenbetrieb an der Westseite zu ermöglichen.
Ich war bereits im Vornherein skeptisch wegen des Umzugs, nun bin ich gewiss, dass der Erhalt des Wirtschaftshafens nur hingeschrieben wurde; realistisch ist das überhaupt nicht.
Die Kosten für einen Umzug wurden uns vom Planungsbüro WK Consult GmbH, in drei Szenarien dargelegt. Keines der Szenarien lässt sich mit 2,5 Mio. Euro umsetzen. Die Mehrheit der Ratsversammlung will aber nur 2,5 Mio. Euro für den Umzug ausgeben. So wird eben passend gemacht, was nicht passt. Nicht einmal die gegenwärtige Umschlagsmenge von 156.000 T wird mit diesen unzulänglichen Maßnahmen zu erreichen sein. Darüber sollten wir uns klar sein; auch wenn in der Vorlage das Gegenteil behauptet wird. Einen wirtschaftlichen Betrieb auf den Status quo zu begrenzen ist im Übrigen grundsätzlich verkehrt. Kommt ein größerer Auftrag, muss der Makler abwinken. Damit ist die Begrenzung eine richtige Umsatzbremse.
 

Aber so richtig raus mit der Sprache will die Vorlage dann doch nicht. Sogar das Märchen vom Flüsterverkehr, der die Nordstadt kaum belasten wird, wird bemüht.
Schade, dass überhaupt 2,5 Mio. Euro nicht in die Hand genommen werden, sondern erst aufgenommen werden müssen. Die Stadt hat das Geld garnicht!! Ich persönlich hätte es besser gefunden, wir würden das Geld in diesen besonderen Zeiten an geeigneterer Stelle ausgeben.
Uns ist ja allen klar, dass der Wirtschaftshafen kaputt gemacht werden soll. Deshalb hat das die SPD schon vor 20 Jahren vorantrieben. Und hier zitiere aus dem Hamburger Abendblatt vom 03.09.1999.
DEUTSCHLANDS ERSTE HAFENKAPITÄNIN HAT GEKÜNDIGT
Abgemustert Hamburger Abendblatt 03.09.99

„Birte Jessen, das hatte sie deutlich gemacht, verstand sich in ihrem Job als Lobbyistin für den Hafen. Pläne der regierenden SPD, den Flensburger Hafen ins dänische Apenrade zu verlagern, um die City-Lage für Freizeitanlagen zu nutzen, lehnte sie ab. Der Hafen habe eine wichtige Versorgungsfunktion für die Region, und sein Umschlag könne sogar gesteigert werden“.

Und dazu sage ich, - daran hat sich in dieser Zeit nicht geändert!
Das Planungsbüro WK Consult GmbH aus Hamburg hat in seiner Machtbarkeitsstudie deutlich die Investitionssummen von mind. 9 Mio. € für einen Umzug zur Westseite als Minimallösung und als Ideallösung ca. 25 Mio. € bis 38 Mio. € ermittelt, um die Bedarfe der Hafenwirtschaft decken zu können. Tut mir Leid, dass ich vor gut einem Jahr an dieser Stelle mit 40 Mill. € also mit 2 Mill. € daneben lag. Das sind 5 %. Das ist vertretbar. Ich habe es damals nur überschlagen mit einigen Fachleuten zusammen.
Die Bedarfe der Hafenwirtschaft sagen z.B. aus, dass mind. für zwei Schiffe Liegeplätze mit jeweils einer Schiffslänge von ca. von 90 m vorzuhalten sein sollten. Wird dies aber so nicht umgesetzt, müsste ein Schiff auf Reede liegen, wodurch für den Reeder hohe Kosten entstehen würden. Kurzum, die angestrebte Lösung der Stadtverwaltung mit 2,5 Mio. € beinhaltet so etwas gar nicht. Der Wirtschaftshafen würde unattraktiver werden und einen langsamen Tod sterben, wie es in der Machtbarkeitsstudie der WK Consult GmbH auch beschrieben wird. Entweder man investiert stufenweise erst die minimale Lösung mit ca. 9 Mio.€, um dann später folgend nachhaltig mit der Ideallösung in Höhe von ca. 25 Mio. € als zweite Stufe diese abzuschließen, oder man verzichtet auf die Umverlegung des Wirtschaftshafens. Allein die Sanierung der Hafenostseite geht nur mit dem Erhalt des Wirtschaftshafens. Ohne, muss die Stadt die Sanierungskosten alleine tragen, das gleiche gilt auch für die Hafen Westseite. Auch hier gibt es auch keine Fördermittel, wie die Oberbürgermeisterin ja zu wissen bekam vom Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums bei einer Wirtschaftsausschusssitzung. Kai Richert, - stimmt das, du warst ja dabei!!
Trotz dieses Wissens gab es eine Stimmenmehrheit durch die Ratsfraktionen CDU, SPD, FDP und Den Grünen entschieden (s. Ratsbeschluss der RV 15/2019 v. 21.02.2019). Das schreit doch schon nach einer neuen Bewertung des Sanierungsvorhabens Hafen-Ost.
Ganz nebenbei bemerkt, - 2013 hat die Sanierung der Kaikante Ost 40.000 € pro laufender Meter gekosten. Es fehlen rund 140 Meter auf der Ostseite und die gleiche Länge auf der Westseite. Und dann multipliziere man die Flächen mit etwa 50.000,- €!!
Die Stadtverwaltung steht in ihrer jetzigen Beschlussvorlage RV 74/2020 jedoch auf dem Standpunkt, den Umzug jetzt für 2,5 Mio. € realisieren zu können. Darüber soll nun heute am 25.06.2020 im Rat entschieden werden, um den Umzug des Wirtschaftshafens zu konkretisieren. Die o.g. Machbarkeitsstudie wäre damit obsolet, obwohl sie sehr deutlich gezeigt hat, dass eine Verlagerung des Wirtschaftshafens mit vorerst 2,5 Mio. € nicht zu realisieren ist. Und das ist nur einer von vielen entscheidenden Punkten, bei der sich die Stadtverwaltung – in aller Tateinheit mit dem IHR Sanierungsträger – über entsprechende Fachkompetenzen hinwegsetzt und den Ratsmitgliedern ihre eigene selbstgestrickte Lösung auch noch als machbar präsentiert. Da kann man sich nur an den Kopf fassen!! Ob die Stadtverwaltung zu der RV 64/2020 die Mehrheit im Rat bekommt, müsste eigentlich fraglich sein. Müsste!! Zumindest hoffe ich auf den gesunden Menschenverstand der Ratsmitglieder, denn 2,5 Mio. € für einen Umzug des Wirtschaftshafens auf die Westseite, werden am Ende auch bei einer minimalen Lösung unmöglich ausreichen. Das dürfte und müsste auch jedes Ratsmitglied erkennen können, selbst ohne spezielles Fachwissen.

Welches eigentliche Ziel also verfolgt die Stadtverwaltung? Unumkehrbare Fakten schaffen? Mit dem ganzen Sanierungsvorhaben der Hafenostseite hat sich die Stadtverwaltung mit den vorhandenen Beschlüssen, schon zu weit fehlerhaft verhalten und Fakten geschaffen, sodass sie sich, meines / unseres Erachtens, auf eine Normkontrollklage wird einstellen müssen.
Ich verweise auf ein Schreiben der Anwaltskanzlei XXX mit der Überschrift: Normenkontrollklage
Ist die Ratsversammlung davon informiert worden? Frau Takla-Zehrfeld sagt dazu ganz lapidar auf meine Frage hin im SUPA: „Es hat keine aufschiebende Wirkung!!“ Soll das eine Grundlage sein für die heute Entscheidung?
Diese Normenkontrollklage liegt dem Finanzministerium und dem Wirtschaftsministerium vor. Das wird mit Sicherheit zu einer Verzögerung führen.
Und zu Letzt noch einmal ein paar Fakten. – Die Machbarkeitsstudie der Stadtwerke hat die IHK Studie berücksichtigt, somit sollten bis zu 400.000 T Schüttgut berücksichtigt sein für die Zukunft. Der Westhafen liegt jedoch gut einen Meter tiefer als der Osthafen und wird bei Hochwasser überschwemmt. Das ist nicht berücksichtigt worden! Damit bekommt der Begriff „Tiefseehafen“ eine ganz neue Bedeutung! Kies und Kiesel würde dann mit Salzwasser verunreinigt werden und somit nicht mehr verwertbar sein für die Betonwirtschaft. Wie soll das gehen? Die Kaikante ist marode, die Düker müssen umgebaut werden, der Kampfmittelräumdienst muss hinzugezogen werden und Vieles mehr.
Vor allem aber wird das Verkehrsaufkommen riesige Probleme erzeugen. Spätestens hier müssten doch die Grünen reagieren. Wir wollen doch weniger Verkehr und nicht mehr.
LKW´s verschleißen die Fahrbahn 20-mal mehr als PKW´s. Zusätzliche Feinstäube und Abgase werden die Wohnbebauungen beeinflussen. Das hat doch alles nicht mit rücksichtvoller Stadtplanung zu tun! Wir wollen doch die Neustadt entwickeln und nicht zu einer Einöde verkommen lassen, wo keiner mehr wohnen will. Genau das wird aber passieren.

Die Ratsmitglieder sollten jetzt heute weise und verantwortungsvoll entscheiden und das ganze Sanierungsvorhaben Hafen-Ost neu bewerten. Nicht zuletzt auch im Hinblick auf die augenblickliche – und leider auch zukünftige – Verschuldung dank Covid-19. Unsere Kinder und Enkelkinder werden es uns danken.
 

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