Rede · 26.01.2024 Die Absage für die Innovationsagentur ist ein Fehler
„Das Zeugnis der OECD-Studie zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Region war eindeutig: Eine Innovationsagentur ist unbedingt notwendig. Ja, sie wurde sogar angemahnt. Dennoch soll Schleswig-Holstein jetzt nach Vorstellung der Landesregierung diesen Dampfer verlassen. Geehrte Koalitionskollegen, justieren Sie diesen Kurs nach, noch haben Sie die Chance!“
Sybilla Nitsch zu TOP 36A - Schleswig-Holstein muss bei Innovationsagentur an Bord bleiben (Drs. 20/1819(neu) 2. Fassung)
Der Kurs der Landesregierung schlingert, die Abkehr von einer norddeutschen Innovationsagentur in der Metropolregion Hamburg lässt sich kaum in Worte fassen. Wirtschaftsförderung und Innovationsentwicklung, gerade für die mittelständische Wirtschaftsstruktur Schleswig-Holsteins, in einem überregionalen, ja sogar internationalen Kontext, stehen nicht mehr auf der Agenda der Landesregierung. Der Dampfer fährt an uns vorbei. FDP, SPD und wir als SSW fordern: Schleswig-Holstein muss an Bord bleiben! Herzlichen Dank für die Initiative an den Kollegen Bernd Buchholz.
Es stehen uns Mammutaufgaben bevor: Gebetsmühlenartig werden die drei Claims „Klimaneutrales Industrieland“, „Fehmarnbelt-Region fördern und entwickeln“ und die „Northvolt-Ansiedlung“ in die Öffentlichkeit gebracht. Und gerade die Tage reihten sich die Jubelworte von Minister Madsen zur endgültigen Northvolt-Entscheidung mit ein.
Unserer Beobachtung nach scheint es die vornehmliche Strategie des Ministers zu sein, „Optimismus“ vermitteln zu wollen. Die Menschen, die Wirtschaft sollen mehr Mut, mehr Offenheit zeigen und optimistischer in die Zukunft schauen.
Eines weiß ich genau: Mut, Offenheit und Optimismus sind da. Das beweisen unsere Unternehmen in Schleswig-Holstein tagtäglich. Das bringt Unternehmertum ja automatisch mit sich: Man geht als Unternehmerin und Unternehmer kalkulierte Risiken ein, eben weil man bereit ist, die Chancen zu nutzen, die dann zu Gewinn, Wachstum und Innovation führen können.
Sprechen wir nun vom Handeln einer Landesregierung, dann braucht es neben diesen Schlüsseleigenschaften jedoch auch eine insgesamt strategische, nachhaltige und fortschrittliche Wirtschaftspolitik – in geeigneten und zukunftsorientierten Strukturen. Nehmen wir uns die Claims also mal vor:
Wir als Land Schleswig-Holstein wollen nicht nur Transitland sein, wenn die feste Fehmarnbelt-Querung fertig ist, sondern wir wollen eine gemeinsame Fehmarnbelt-Region sein! Wir wollen Wachstum und Entwicklung fördern und eine Region mit Zukunftspotenzial schaffen.
Gerade die erfolgreichen skandinavischen Innovationsansätze werden ja zurecht zu Rate gezogen. So wollen wir uns die Region København-Malmø näher anschauen und uns von Greater Copenhagen inspirieren lassen. Aber hier bei uns soll eine Innovationsagentur, die genau solche Strukturen aufbauen helfen könnte, jetzt plötzlich nicht mehr notwendig sein? Ich stelle mir das gerade bildlich vor: Unternehmen aus Sjælland möchten weitere Märkte erschließen und überlegen, dafür enger mit unserer Metropolregion zu kooperieren. Ja, dann wird sicherlich kein Unternehmen hier in Kiel anrufen, sondern die wenden sich in ihrem Netzwerk dann an „die Metropolregion Hamburg“. Damit steuert das Anliegen dann an uns vorbei nach Hamburg. Und was sind wir? Das Transitland.
Eine weitere Chance: Northvolt kommt. Das unterstützen alle – die Politik, die Wirtschaft, die Kommunen und die Menschen im Land. Bei allem Jubel und der Freude über diese großartige Ansiedlung bleiben dennoch auch noch einige Fragen offen: Wie gestaltet sich die Entwicklung der Infrastruktur? Wie wird sich das Zuliefererumfeld entwickeln? Wie werden die bestehenden Strukturen innovativ eingebunden? Die Antworten ergeben sich natürlich im Prozess, aber es gibt viele Unsicherheiten, die proaktiv gesteuert werden müssen. Wir als Politik müssen unsere Verantwortung wahrnehmen und diese Rahmenbedingungen gestalten.
Ein richtiger Ansatz wäre hier in der Tat die Innovationsagentur, weil hier langfristig entwickelt wird. Wir haben in Schleswig-Holstein einen ganz konkreten Wettbewerbsvorteil: die erneuerbaren Energien. Mit der Innovationsagentur war das Ziel verabredet, die Region zu einer Zukunftsregion mit erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff zu machen. Der Strategiebericht „Klimaneutrales Industrieland“ hat in seiner Phrasenfülle ja schon tief blicken lassen. Die Absage für die Innovationsagentur ist nun die Krönung. Ihren Koalitions-Claim müssten Sie als Landesregierung also mal recyclen.
Ganz im Ernst: Es geht hier nicht um eine Idee, die mal nebenbei in einem Kämmerlein entwickelt wurde. Nein, hier geht es um ein Agreement, das die ganze Metropolregion über einen längeren Prozess hinweg entwickelt und beschlossen hat, und ich habe mir erzählen lassen, dass das Ringen um den richtigen Weg nicht immer einfach war. Das Zeugnis der OECD-Studie zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Region war jedoch eindeutig: Eine Innovationsagentur ist unbedingt notwendig. Ja, sie wurde sogar angemahnt. Dennoch soll Schleswig-Holstein jetzt nach Vorstellung der Landesregierung diesen Dampfer verlassen. Das ist ein Armutszeugnis! Geehrte Koalitionskollegen, justieren Sie diesen Kurs nach, noch haben Sie die Chance!