Rede · 26.01.2023 Die Einsatzkräfte haben eine riesige Umweltkatastrophe verhindert
„Ist es wirklich richtig, Betreibern die Eigenverantwortlichkeit für den Betrieb, die Wartung und die Überwachung sicherheitsrelevanter Leitungen zu übertragen? Diese Aufgaben sind unseres Erachtens von unabhängigen Prüf- und Überwachungsstellen zu leisten.“
Christian Dirschauer zu TOP 14 - Bericht über den Ölunfall am Nord-Ostsee-Kanal (Drs. 20/567)
In den Tagen, als die meisten von uns im Kreise der Familien die Festtage und den Jahreswechsel in warmen Stuben verbrachten, haben die Einsatzkräfte und Helferinnen und Helfer unermüdlich gegen die Ausbreitung des Öls gekämpft und es entfernt. Sie haben Großes geleistet und Schlimmstes verhindert. Und auch wenn die Schäden für Flora und Fauna noch nicht endgültig absehbar sind, haben sie doch eine Umweltkatastrophe in größerem Ausmaß verhindert. Daher gilt den Rettungskräften und zuständigen Behörden für ihren den tatkräftigen Einsatz unser ganz besonderer Dank.
Wir haben bereits im zuständigen Ausschuss einen ersten Bericht des Umweltministers zum Ölunfall gehört. Ich will daher nicht weiter auf die die Chronologie des Unfalls eingehen. Für uns als SSW möchte ich aber sagen: die Sperrung des NOK war die richtige Entscheidung, um ein Ausbreiten des Ölteppichs und damit Schlimmeres zu verhindern.
Der Umweg über den Skagerak wird auf einen täglichen wirtschaftlichen Schaden von rund 1,6 Mio. Euro beziffert. Da ist es nachvollziehbar, dass von Seiten der Wirtschaft die Dauer der Sperrung kritisiert wird. Für den SSW möchte ich festhalten: die Ölbekämpfung musste absolute Priorität vor allem anderen haben. Zu dem Zeitpunkt, als die Kritik an der Sperrung aufkam, war eben noch nicht alles beseitigt und die zuständigen Sicherheitsbehörden sind in der Verantwortung, dass alles dafür getan wird, damit die Rettungs- und Reinigungsarbeiten reibungslos und so weit wie möglich ungestört durchgeführt werden konnten. Jeder zusätzliche, von Schiffen verursachte Wellengang, hätte die Arbeit merkbar erschwert.
Wir wissen immer noch nicht, wie sich der Ölunfall auf Flora, Fauna und Grundwasser auswirken wird. Die Bilder von ölverschmutzen und verendeten Vögeln sind uns noch vor Augen, aber die Langzeitschäden des Unfalls auf die Umwelt kennen wir noch nicht. Daher muss es hier ein Monitoring geben, dass darüber Aufschluss gibt und damit gegebenenfalls Vorkehrungen eingeleitet werden können.
Die wohl wichtigste Frage ist: wie konnte es überhaupt zu dem Unfall kommen? Diese Frage muss geklärt werden und daraus müssen dann gegebenenfalls auch politische Maßnahmen erfolgen.
Die Rohrfernleitungsverordnung ist die entsprechende rechtliche Grundlage und regelt nach dem Stand der Technik die Errichtung und den Betrieb für unter anderem diesen Anwendungsbereich.
Nach diesem Vorfall, stellt sich meines Erachtens die Frage, ob diese Verordnung in ihrer jetzigen Ausführung geeignet und praktikabel ist? Die Leitung ist rund 60 Jahre alt, entspricht sie noch dem Stand der Technik und wo hat die Überwachung der Leitung gegebenenfalls versagt? Ist der Betreiber der richtige Verantwortliche, wenn es um Überwachung, Wartung und Gewährleistung der Unversehrtheit der Pipeline geht? Warum gab es keine nähere Ursachenkontrolle, als die ersten Öllachen auf dem Kanal gesichtet wurden? Diese Punkte müssen aus Sicht des SSW geklärt werden. Hierzu hatten wir von Seiten des Ministeriums bisher keine Antworten.
Ebenso ist die Frage nach den Kosten der Ölkatastrophe zu klären. Hier sehen wir den Betreiber der Leitung in der Verantwortung. Es darf nicht auf den Steuerzahler abgewälzt werden. Aber das muss uns im zuständigen Ausschuss weiter beschäftigen.
Nach unserer Einschätzung müssen auch das Verfahren und die Zuständigkeiten, die sich aus der Rohrfernleitungsverordnung ergeben, hinterfragt werden. Ist es wirklich richtig, Betreibern die Eigenverantwortlichkeit für den Betrieb, die Wartung und die Überwachung sicherheitsrelevanter Leitungen zu übertragen? Diese Aufgaben sind unseres Erachtens von unabhängigen Prüf- und Überwachungsstellen zu leisten.
Daraus stellen sich für uns auch die weitergehenden Fragen, wie es mit der Überwachung und Überprüfung entsprechender Leitungen im Wattenmeer aussieht – Stichwort Mittelplate.
Oder wie ist es mit den Leitungen des zukünftigen LNG-Terminals in Brunsbüttel? Inwieweit wurden dort die relevanten Sicherheitsvorkehrungen eingehalten und überprüft und vom wem?
Der Ölunfall im Nord-Ostsee-Kanal hat deutlich gemacht, dass die Rohrfernleitungsverordnung des Bundes, aus unserer Sicht also hinterfragt werden muss, insbesondere in Bezug auf die Überprüfung, Überwachung und die Zuständigkeiten.