Rede · 21.02.2024 Die Kürzungen beim Versorgungssicherungsfonds sind kurzsichtig

„Die Landesregierung hat den Versorgungssicherungsfond trotz einer Reihe sehr interessanter Vorhaben noch nicht evaluiert. Der Versorgungssicherungsfonds fördert Projekte, die allesamt die Versorgung im ländlichen Raum verbessern wollen. Das ist ein Thema, das dem alternden Schleswig-Holstein quasi unter den Nägeln brennt. Es sollte darum vorrangig angegangen werden. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Der Fonds wird gekürzt.“

Christian Dirschauer zu TOP 13 - Keine Kürzungen beim Versorgungssicherungsfonds (Drs. 20/1805)

Die Projektförderung hat für Projektnehmer und Projektfinanzierer einen großen Vorteil: sie ist endlich. Genau aus diesem haushaltstechnischen Grund werden neue Verfahren, ungewöhnliche Akteursbündnisse oder innovative Konzepte zunächst über ein Projekt finanziert. Auf diese Weise kann man gemeinsam Alternativen ausprobieren. Manchmal gelingt eine Initialzündung, die neue Strukturen in Gang setzt, manchmal ergibt sich ein völlig neuer Verfahrensweg, der alte Strukturen ersetzen kann und manchmal kommt man zur Erkenntnis, dass die Innovation einfach nicht passt. 
Das sei zur Erinnerung gesagt, warum Landtag und Landesregierung immer wieder zur Projektfinanzierung greifen. Sie eröffnet neue Handlungsräume und ermöglicht dabei finanzielle Spielräume. 
Ich möchte aber auch die Nachteile dieser Förderung nicht außer Acht lassen. Viele Projektnehmer, vor allem im ehrenamtlichen Bereich oder auf der untersten kommunalen Ebene, werden durch Antrags- und Berichtspflichten enorm belastet; oftmals mehr, als das gesamte Projekt an Vorteilen bringt. Außerdem ist nicht automatisch gewährleistet, dass gute Projekte nach dem Finanzierungsende in dauerhafte Strukturen übertragen werden. Dazu muss eine Evaluation erfolgen und danach - bei positivem Befund – erfolgt die Berücksichtigung im Haushalt. 
Beide Schritte erspart sich die Landesregierung: sie hat den Versorgungssicherungsfond trotz einer Reihe sehr interessanter Vorhaben noch nicht evaluiert. Der Versorgungssicherungsfond fördert Projekte, die allesamt die Versorgung im ländlichen Raum verbessern wollen. Das ist ein Thema, das dem alternden Schleswig-Holstein quasi unter den Nägeln brennt.  Es sollte darum vorrangig angegangen werden. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Der Fonds wird gekürzt. Und das auch noch vor einer Evaluation.
Kann die Telemedizin die Patientinnen und Patienten auf den Halligen unterstützen? Kann auf Helgoland eine gute Versorgung etabliert werden, die die Reise mit dem Schiff nach Cuxhaven, Hamburg oder Büsum überflüssig macht? Ist die Kooperation in Sachen Prostata-Nachsorge mit der Flensburger Hochschule zukunftsträchtig? Das sind nur Fragen zu drei Projekten. Darüber stellen sich grundsätzliche Fragen: Was sagen die Projektnehmer? Fühlen sie sich gut aufgehoben und haben Erkenntnisse umgesetzt oder wirkte das Projekt nur wie ein Strohfeuer, das keine weitere Wirkung erzielen konnte? 
Nach meiner Kenntnis sind alle diese Fragen noch offen: es gibt weder eine Berichterstattung im zuständigen Ausschuss noch einen offiziellen Bericht. Die Landesregierung bleibt also dringend nötige Antworten schuldig. Das ist Stückwerk und also genau das, wofür Projektfinanzierung oftmals einen schlechten Ruf genießt. 
Vor diesem Hintergrund erhält die Kürzung in Höhe von 2,8 Mio. Euro eine besondere Tragweite. In einem Flächenland brauchen wir neue Konzepte, um die medizinische Versorgung der Menschen aufrechterhalten zu können. Diese Herausforderung - und das ist das Tragische – sehen alle Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker in gleichem Maße. Wir wissen, dass eine Versorgung auf heutigem Niveau nur zu halten ist, wenn wir neue Wege gehen; ansonsten explodieren die Kosten und die Versorgung verschlechtert sich. Wenn angesichts sinkender Facharztzahlen die Menschen im ländlichen Raum zukünftig lange Wege zurücklegen müssen, ist das ein erheblicher Kostenfaktor, der solidarisch finanziert werden muss. Gerade deswegen versuchen viele Projekte im Fonds genau an dieser Schraube zu drehen. Wie das aber umgesetzt wurde, wissen wir nicht, denn, wie gesagt, die Evaluation steht noch aus.
Die Kürzungen beim Versorgungssicherungsfonds sind kurzsichtig, weil sie möglichen Kostenersparnissen den Hahn abdrehen. Das könnte uns in den nächsten Jahren teuer zu stehen kommen. Darum lehnen wir sie ab. 

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