Rede · 30.09.2022 Die Tafeln im Land noch deutlich stärker unterstützen
„Unterstützung für die Tafeln ja – aber dann gerne auch konkret!“
Christian Dirschauer zu TOP 32 - Unterstützung des Landes für die Tafeln (Drs. 20/224(neu))
Aus meiner Sicht ist der vorliegende Antrag der Koalition recht rätselhaft. Der Landtag soll sich dafür aussprechen, die Tafeln in Schleswig-Holstein zu unterstützen. Das ist natürlich super. Aber auch super unkonkret. Gleichzeitig sind uns allen doch nicht nur die großen Herausforderungen bekannt, vor denen die Tafeln stehen. Sondern wir wissen auch, dass die Regierung längst handelt und derzeit zumindest mal 500.000 Euro im Rahmen eines Sofortprogramms zur finanziellen Unterstützung der Tafeln zur Verfügung stellt. Damit ist laut Pressemitteilung vom 28. Juli das Ziel verbunden, „das Angebot der Tafeln wegen der steigenden Nachfrage zu unterstützen“. Ich will nicht falsch verstanden werden: Unterstützung für unsere Tafeln ist und bleibt wichtig. Aber wenn wir ehrlich sind, dann liefert der Koalitionsantrag hierzu doch keinen nennenswerten Beitrag.
Einige Herausforderungen für die Tafeln sind zumindest auch in der Begründung des Antrags benannt: Zum einen wächst der Bedarf. Zum anderen kann die Zahl der ehrenamtlich Tätigen damit nicht schritthalten. Parallel dazu steigen nicht nur die Lebensmittel- sondern auch die Energiepreise. Aber als wäre das nicht schon genug, werden auch die Lebensmittelspenden immer weniger, weil der Einzelhandel bekanntlich schärfer kalkuliert als in der Zeit vor der Pandemie. Der Druck auf die Tafeln wächst also von verschiedenen Seiten. Und das nicht erst seit kurzem, sondern schon seit vielen Monaten. Laut des Landesverbands der Tafeln steigt die Zahl der Bedürftigen seit mindestens einem Jahr kontinuierlich an. Darunter sind viele Menschen, die durch steigende Energie- und Mietpreise unter finanziellem Druck stehen. Aber auch Familien, die aus der Ukraine zu uns geflohen sind. Für den SSW steht daher völlig außer Frage, dass wir die Tafeln im Land noch deutlich stärker unterstützen müssen.
Dass was die Mitarbeitenden in unseren Tafeln tagtäglich leisten, ist wirklich vorbildlich. Dem im Antrag formulierten Dank für diese Arbeit kann ich mich nur anschließen. Dabei geht das Engagement oftmals über die reine Verteilung von Lebensmitteln hinaus. Denn die Tafeln bieten auch soziale Gemeinschaft, ein offenes Ohr und im Zweifel auch wichtige Informationen über soziale Leistungen für Betroffene. All dies ist unheimlich wertvoll für die Menschen, die hier Hilfe suchen. Aber aus Sicht des SSW dürfen Tafeln nicht der Reparaturbetrieb für sozialpolitische Fehlentwicklungen sein. Schon seit Jahren beobachten wir mit großer Sorge, wie aus einer Art Einzelfallhilfe längst ein unverzichtbarer Bestandteil der sozialen Infrastruktur geworden ist. Wenn wir uns diese Funktion bewusst machen, dann kann man durchaus von einer eklatanten Unterfinanzierung der Tafeln sprechen. Aber wenn wir anerkennen, dass wir dieses Hilfesystem brauchen, was für sich genommen ein echtes Armutszeugnis ist, dann müssen wir es auch entsprechend unterstützen. Und zwar verlässlich und bedarfsgerecht.
Wir wissen aus Gesprächen mit Tafelverantwortlichen, dass man vor allem unabhängig und frei von Einflussnahme arbeiten will. Dieser Punkt ist wichtig und absolut nachvollziehbar. Aber angesichts der wirklich enorm gestiegenen Belastungen für die Tafeln sollten wir gemeinsam nach Mitteln und Wegen für eine dauerhafte beziehungsweise deutlich höhere Landesförderung suchen. Ich will das Sofortprogramm der Landesregierung nicht in Abrede stellen. Auch die Hilfen aus dem Härtefallfonds des Landes in den vergangenen Jahren waren gut und richtig. Aber wir sehen nun mal einen enorm steigenden Bedarf. Noch dazu steht zu befürchten, dass sich daran auch so schnell nichts ändern wird. Und deshalb führt für uns kein Weg an einer verstärkten Förderung vorbei.