Rede · 08.07.2010 Entwurf eines Gesetzes für die Bibliotheken in Schleswig-Holstein und zur Änderung des Landespressegesetzes

Bibliotheken sind nicht nur Orte, wo Bücher ausgeliehen werden. Bibliotheken sind auch Bildungseinrichtungen, in denen gelernt wird. Sie sind ein Fundament für Aus-, Fort- und Weiterbildung und somit ein wichtiger Bestandteil des lebenslangen Lernens. Bibliotheken sind Wissensspeicher, die die Gesellschaft bereichern, weil der freie und demokratische Zugang zu Wissen und Informationen ein Grundpfeiler unseres gesellschaftlichen Miteinanders ist: Je mehr Informationen uns das Internet liefert, je wichtiger wird die Rolle der Bibliotheken sein. Denn sie sind die einzigen Institutionen, die ohne kommerzielle Interessen den immer stärker werdenden Bedarf nach kompetenter Beratung, nach Informationszugängen und Informationsvermittlung erfüllen können. Sie stehen für die demokratischen Grundwerte unserer Gesellschaft, weil sie allen Bürgerinnen und Bürgern – ob alt oder jung; Hochschulabsolvent oder Hartz IV-Empfänger – diese globalen Datenströme zugänglich machen. Dass sich der SSW dabei von seinem skandinavisch geprägten Bildungsbegriff leiten lässt, dürfte kein Geheimnis sein.

In Schleswig-Holstein ist die Förderung von Bibliotheken durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände in der Landesverfassung – in Artikel 9, Absatz 3 – festgeschrieben. Entgegen der wachsenden Bedeutung der Bibliotheken ist aber seit Jahren eine Verarmung der bibliothekarischen Landschaft zu beobachten.

Deutschlandweit hat diese Entwicklung dazu geführt, dass sich in den letzten Jahren in Sachen Absicherung von Bibliotheken einiges getan hat. Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ hat den Ländern 2007 empfohlen, Aufgaben und Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öffentliche Bibliotheken sollen keine freiwilligen Aufgaben sein, sondern eine Pflichtaufgabe werden. Und auch die Landesregierung hat die Bedeutung von öffentlichen Bibliotheken erkannt und in ihrer Antwort auf die Große Anfrage zur kulturellen Entwicklung in Schleswig-Holstein 2008 geschrieben: „Die Landesregierung befürwortet eine gesetzliche Regelung in Schleswig-Holstein, die unter klar definierter finanzieller Beteiligung des Landes die Aufgaben und die Finanzierung der öffentlichen Bibliotheken als Pflichtaufgabe regelt und sie wird dazu die Diskussion beginnen.“ Leider ist dies bisher noch nicht geschehen. Daher legt der SSW heute einen Entwurf für ein Bibliotheksgesetz in Schleswig-Holstein vor.

Zielsetzung des SSW-Entwurfs ist es, das bestehende Bibliothekssystem Schleswig-Holsteins in seinem Bestand strukturell und finanziell zu sichern und die Grundlage für dessen Weiterentwicklung zu schaffen. Bewährte Strukturen wollen wir erhalten, denn es ist ja kein Zufall, dass die Arbeit des Schleswig-Holsteinischen Büchereivereins bundesweit Beachtung findet. Und auch das möchte ich gleich deutlich machen: Wir haben versucht, ein Gesetz zu schaffen, dass keinen finanzpolitischen Totschlagargumenten zum Opfer fällt. Ein Gesetz also, das den Wert der Bibliotheken erkennt – mit dem Ziel, diese zukünftig rechtlich und finanziell abzusichern.

Das Gesetz beginnt mit einer Begriffsbestimmung des Bibliothekswesens und einer Aufgabenbeschreibung. Dies ist aus unserer Sicht notwendig, da die gesetzliche Regulierung des Bibliothekswesens eine relativ neue Aufgabe ist. Daher wird hier die gemeinsame Grundlage für eine Auseinandersetzung mit dem bestehenden System gelegt. Weiterhin wird dem Land, den Kreisen und den Gemeinden ein Auftrag für eine bibliothekarische Grundversorgung auferlegt. Hierzu gehört die Vorhaltung von Fahrbüchereien – die gerade im Flächenland Schleswig-Holstein von großer Bedeutung sind – und der Grundsatz, dass Bibliotheken, die öffentliche Zuwendung entgegennehmen, auch der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Die Unterhaltung Öffentlicher Bibliotheken wird für die Gemeinden und Kreise als Pflichtaufgabe festgeschrieben. Die Unterhaltung von Kommunalen Bibliotheken gehört zwar zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen, sie wird aber de facto aufgrund ihrer Bedeutung für die Menschen vor Ort als politische Pflichtaufgabe wahrgenommen. Von einem Problem mit der Konnexität kann meiner Meinung nach daher keine Rede sein. Gleichwohl wird dies natürlich ein Punkt sein, der in der Ausschussberatung eine Rolle spielen wird, dessen sind wir uns sehr wohl bewusst.

Weiterhin wird in dem Gesetz die Struktur des Bibliothekswesens reguliert – also die verschiedenen Bibliotheksarten und die Arbeit des Büchereivereins sowie der Büchereizentrale. Weiterhin wird als Schritt für die Weiterentwicklung des Systems das Pflichtexemplarrecht um Netzpublikationen erweitert. Dies ist neu und angesichts der technischen Entwicklung in unserer Gesellschaft ein notwendiger Schritt in die Zukunft.

Mit dem Gesetzentwurf wird die Förderung des Landes für die Kommunalen Bibliotheken und die Nichtstaatlichen Bibliotheken festgeschrieben. Gemeint sind diejenigen Bibliotheken, die bereits öffentliche Zuwendungen entgegen nehmen - also Dansk Centralbibliotek, Nordfriisk Instituut und zukünftig hoffentlich auch die Ferring Stiftung.
Die Förderung der Kommunalen Bibliotheken gibt es bereits. Diese darf laut Gesetzentwurf den Ansatz im FAG vom 01.01.2010 nicht unterschreiten, so dass wir hier eine regulatorische Bestandssicherung erreichen. Diese ist notwendig, da die Bibliotheksträger die Verpflichtung erhalten, ihre Bibliotheken angemessen auszustatten. Weiterhin erhalten die genannten Nichtstaatlichen Bibliotheken der dänischen und friesischen Minderheit einen Rechtsanspruch auf Förderung. Über die Höhe der Zuwendungen wird allerdings nichts gesagt. Dies hat einen ganz praktischen Grund, da die Rechenregeln des Büchereivereins nicht ohne weiteres auf Nichtstaatliche Bibliotheken übertragbar sind und daher erst ein ständiger Regulierungsvorschlag auf der Grundlage der Berichte erarbeitet werden kann.

Um eine Weiterentwicklung des Bibliothekswesens zu ermöglichen, wird in dem Gesetz eine umfassende Berichts- und Evaluationspflicht vorgesehen. Diese ist notwendig, um dem dynamischen Charakter des Bibliothekswesens gerecht zu werden und den gesellschaftlichen Absturz der bibliothekarischen Systeme zu verhindern. Tabellarisch soll daher alle zwei Jahre kurz dargestellt werden, welche Aufwendungen die Bibliotheken erhalten haben und wie der objektive Bedarf aussieht. So können Schieflagen in der Förderung berichtigt werden. Weiterhin soll es jeweils zur Mitte der Legislaturperiode eine Evaluation des Gesetzes geben, in der die Entwicklung des Bibliothekswesens in Schleswig-Holstein und Deutschland berücksichtigt und so die Grundlage für eine ausgewogene Bibliotheksplanung gelegt wird.

Und daher noch einmal: Bibliotheken sind ein wichtiger Teil unseres ganz alltäglichen Lebens. Sie sind da, und häufig macht erst ihr Verlust deutlich, welchen Wert sie haben, so z.B. bei dem Brand der Anna Amalia Bibliothek in Weimar. Bibliotheken müssen daher sowohl strukturell als auch finanziell abgesichert werden. Es darf also keine Frage der Beliebigkeit oder der haushaltspolitischen Schwerpunktesetzung sein, ob es Bibliotheken gibt oder nicht. Bibliotheken erfordern den Einsatz von uns allen, um auch in Zukunft zu bestehen. Sie sind ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen.

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