Rede · 23.03.2023 Selbst Familien mit mittlerem Einkommen und schulpflichtigen Kindern bleiben auf der Strecke

„In vielen Familien mit einem „Mittleren-Einkommen“ geht es aufgrund der Inflation eh schon an die wirtschaftliche Substanz. Die steigenden Schulkosten der Kinder sind dabei noch „on-top“.“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 13 - Große Anfrage: Schulische Bildungskosten (Drs: 20/434, 20/790)

Nachdem die Antwort der Landesregierung auf unsere große Anfrage zu Schulkosten im Großen und Ganzen darauf hinausläuft, dass die Eltern zu den Beiträgen nicht gefragt werden müssen, weil die erhobenen Elternkosten 2016 noch aktuell sind, wird noch deutlicher, dass seit 2016 nichts zur Entlastung von Familien mit Schulpflichtigen Kindern getan wurde.
Auch eine flächendeckend ausgewogene Kostenbeteiligung wurde nicht verfolgt.
Es ist nicht zu leugnen, dass es seit 2016 erhebliche Preissteigerungen insbesondere für Schulmahlzeiten, Klassenreisen, Material und digitale Endgeräte gegeben hat. 
Dazu kommen noch die Nachmittags- und Ferienbetreuung.
Natürlich werden durch die entsprechenden Paragrafen im SGB II und SGB VII die bedürftigen Familien aufgefangen und Kosten für die Schulausstattung und Mahlzeiten übernommen.
Leider sind die Familien – die durch ihr Einkommen nicht Leistungsberechtigt sind, nicht nur Besserverdiener und Millionäre. 
In vielen Familien mit einem „Mittleren-Einkommen“ geht es aufgrund der Inflation eh schon an die wirtschaftliche Substanz. Die steigenden Schulkosten der Kinder sind dabei noch „on-top“.

Am Montag haben die Landeselternbeiräte, GEW und Kinderschutzbund die Ergebnisse einer Elternumfrage präsentiert. Die Umfrage ergab eine Kostenbeteiligung der Eltern bei ca. 1400€ pro Jahr liegen wird. Hierbei handelt es sich um einen Durchschnittswert.  Die Kosten in den einzelnen Regionen und Schulen sind sehr unterschiedlich. Allein durch die unterschiedlichen Kosten der Klassenreisen entstehen hier Preisunterschiede von bis zu 500€. 
Besonders im Ganztagsbereich kann es für Eltern richtig teuer werden, wenn ihre Arbeitszeiten nicht in die Kernzeiten der Schulbetreuung fallen und die 12 Wochen Schulferien im Jahr 
nicht mit 25 Urlaubstagen abgedeckt werden können. Dann fallen noch zusätzliche Kosten für Randzeiten- und Ferienbetreuung an.
In einigen Fällen wäre es wahrscheinlich günstiger für die Familie, insbesondere mit mehr als zwei Kindern, wenn ein Elternteil gar nicht oder nur reduziert arbeiten würde.
Aber das darf doch nicht sein! In Zeiten von Fachkräftemangel und angestrebter Gleichberechtigung! 
Hochqualifizierte Mütter und Väter – die sich Teilzeit aufgrund der Betreuungs- und Transportkosten nicht leisten können. Aber auch Vollzeit nicht arbeiten können, da hierfür die Betreuungszeiten von Kindergarten und Schule nicht ausreichen. 
Es muss für beide Elternteile zeitlich und finanziell möglich sein einen Beruf auszuüben.
Deshalb ist es gerade in Hinblick auf den Ganztagsanspruch im Jahr 2026 wichtig, dass die Kosten für die Betreuung an den Schulen gedeckelt und vereinheitlicht werden. 
 In der Antwort der Landesregierung zu der Schulausstattung, wird entweder auf die fehlenden Erkenntnisse des Elternanteils der Kosten verwiesen oder auch auf die Eigenverantwortung der Eltern, ihr Kind zweckentsprechend auszustatten damit es am Unterricht teilnehmen kann.
Zweckentsprechend?!  Hierzu gibt es keine allgemeingültige Definition.
Was eine „zweckentsprechende Unterrichtsausstattung“ bedeutet, definiert die einzelne Lehrkraft – im besten Fall die betreffende Schule. Immerhin gibt es eine Auskunft darüber, dass 29 Schulen ihre Schüler zur Anschaffung eines digitalen Endgerätes verpflichten. 
Zu einem durchschnittlichen Preis von 407€! Und das ist der Durchschnitt- häufig kommen noch Kosten für Lernprogramme hinzu. Die Kosten steigern sich in den höheren Schuljahrgängen. 
Gab es nicht Hoffnungen auf Entlastung durch den DigitalPakt? 
Gab es nicht Versprechungen, dass jeder Schüler und Schülerin einen eigenen Laptop finanziert bekommt?

Zurück zu der Eigenverantwortung der Eltern in Bezug auf die Schulausstattung.
Was wenn die Verantwortung aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen oder fehlender Einsicht nicht getragen wird? Und das Kind dann nicht zweckentsprechend für den Unterricht ausgestattet ist und somit auch nicht zweckentsprechend am Unterricht teilnehmen kann? 
Dann sind wir doch wieder bei den negativen Ergebnissen des IQB-Bildungstrend.
Bei den fehlenden basalen Fähigkeiten der Schüler.
Bei der fehlenden Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit in der Schulbildung.
Wie sollen Schüler gute Ergebnisse erzielen, wenn es ihnen an Arbeitsmaterialien fehlt?
Wie sollen Schüler erfolgreich Lernen, wenn sie an dem Spagat zwischen den Anforderungen der Schule und dem finanziellen Druck zu Hause scheitern. 
Um einer Stigmatisierung zu vermeiden, versuchen die betroffenen Kinder die fehlenden Ressourcen zu kompensieren. Im schlimmsten Fall in dem sie „nicht teilnehmen“.  
Auf Ausflügen, Aktivitäten oder Unterrichtsanteile verzichten!
Also fangen wir doch bei der zweckentsprechenden Schulausstattung der Kinder in Schleswig-Holstein an und ändern das Schulgesetzt.
Gleiches gilt bei Gleichheit und Gerechtigkeit für Schüler in Bezug auf Klassenreisen, Schulmahlzeiten und Fahrtkosten. Hier ist man weit entfernt von der Chancengleichheit im Schulalltag!
Deshalb fordern wir Lehrmittelfreiheit und Obergrenzen für Elternbeteiligung bei Kosten für Klassenreisen, Mahlzeiten, Transport und vor allem für die Betreuung.
Das Schulgesetz muss dahingehend angepasst werden, dass Lernmaterial den Schülern genauso selbstverständlich zur Verfügung gestellt werden, wie Tische und Stühle!
Nur so können wir es schaffen, dass Schulbildung in Schleswig-Holstein unabhängig von den Herkunftsfamilien wird - und alle die gleiche Chance auf gute Bildungsabschlüsse bekommen.
Und vor Allem gilt es, dass Familien mit mittlerem Einkommen und schulpflichtigen Kindern nicht auf der Strecke bleiben.  
Das Leben bei uns in Schleswig-Holstein muss bezahlbar sein!!

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