Rede · 23.01.2014 Förderung der Beratungsstellen zu Teilzeit-Ausbildung

Nur, weil das Modellprojekt ausläuft, bedeutet es nicht, dass es keine Beratung zur Teilzeitausbildung mehr geben wird. Das ist auch auf der Internetseite des Modellprojektes zu lesen: „Die Beratungsstellen zur "Ausbildung in Teilzeit" in Schleswig-Holstein schließen zum Jahresende 2013, da die Förderperiode endet. Wir möchten uns für die langjährige und gute Zusammenarbeit bedanken. Bei Fragen zur "Ausbildung in Teilzeit" wenden Sie sich zukünftig an die zuständigen Kammern.“ Ich möchte das mit eigenen Worten formulieren: Die Beratungsarbeit wird also fortgesetzt werden, in Lübeck genauso, aber auch in den anderen Kammerbezirken des Landes. Niemand, der sich für eine Teilzeitausbildung interessiert, wird demzufolge von den Kammern ohne Informationen nach Hause geschickt werden. Das gleiche gilt übrigens auch für Arbeitgeber, die sich über die Voraussetzungen einer Teilzeitausbildung informieren wollen. Auch sie werden weiter beraten werden. Damit ist sichergestellt, dass die Aufgabe weiterhin erledigt werden kann. Denn die Teilzeitausbildung selbst, die seit 2005 im Berufsbildungsgesetz, § 8, Absatz 1 auf Antrag möglich ist, gibt es schließlich auch noch in Zukunft.
Bei einer Teilzeitausbildung einigen sich Auszubildender und Betrieb entweder darauf, die Arbeitszeit einschließlich der Berufsschulstunden auf 25 bis 30 Wochenstunden zu begrenzen, so dass sich die Ausbildungszeit nicht verlängert, oder auf 20 Wochenstunden, womit sich die Ausbildungszeit verlängert.
Eine Teilzeitausbildung ist in allen Berufen des dualen Systems möglich – allerdings nicht allen Arbeitgebern bekannt. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass Teilzeitausbildung vor allem für Büroberufe im Bereich der IHK angeboten wird. Diese Beschränkung ist überhaupt nicht nachvollziehbar und ich bin davon überzeugt, dass bei der weiteren Verknappung von Fachkräften mehr Betriebe über diese Ausbildungsform nachdenken werden.
Ehrlicherweise muss man sagen, dass sich nicht alle Wohnorte für die Teilzeitausbildung eignen. Die Vorteile einer reduzierten Wochenarbeitszeit werden nämlich aufgefressen durch die Wegezeit zur Berufsschule. Ist die Berufsschule also weit entfernt vom Wohnort des Auszubildenden oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausbildung abgebrochen wird, weil sich damit die Abwesenheit von zu Hause verlängert und sich das nicht mit den Betreuungszeiten der Kinder vereinbaren lässt. Hier ist eine solide und fundierte Beratung besonders angezeigt, weil damit unnötiger Frust vermieden wird. Das Lübecker Modellprojekt zeichnete sich dadurch aus, dass solche Faktoren frühzeitig berücksichtigt wurden. Es wurden darüber hinaus gezielt Betriebe auf die neue Möglichkeit der Teilzeitausbildung hingewiesen, die sich noch nicht überall herumgesprochen hat. Junge Eltern unter 25 Jahren trafen damit auf einen Arbeitgeber, dem sie nicht noch einmal die Vorteile dieser Ausbildungsform erklären mussten, sondern der genau weiß, auf was er sich einlässt. Das bietet natürlich enorme Vorteile, weil damit die Hemmschwelle erheblich herabgesetzt wurde. Für den Arbeitgeber hat die Teilzeitausbildung Vorteile, weil er einen motivierten Auszubildenden gewinnt und als attraktiver, weil flexibler Arbeitgeber punktet. Einzelne Betriebe, wie beispielsweise Krankenhäuser, machen darum schon von sich aus auf diese Ausbildungsform aufmerksam,
Dennoch ist es mir an dieser Stelle wichtig, auf einen wichtigen Aspekt der Teilzeitausbildung hinzuweisen. Wir kommen auf lange Sicht nicht darum herum, die Teilzeitausbildung staatlich zu unterstützen. Reduzierte Arbeitszeit bedeutet nämlich auch einen geringeren Verdienst. Eine Tatsache, die die angesprochene Zielgruppe, also junge Eltern, nicht außer Acht lassen dürfen. Ausgerechnet diejenigen, die auf jeden Cent angewiesen sind, müssen mit weniger Geld zu Recht kommen. Nicht nur die Gewerkschaften kritisieren darum diesen Pferdefuß der Teilzeitausbildung. Das Vorhaben, den jungen Müttern und Vätern das Fundament für eine lebenslange Karriere zu sichern, droht letztlich an der Bezahlung zu scheitern. Es gibt ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten: In der Broschüre des Lübecker Modellprojekts werden neben der Berufsausbildungsbeihilfe der Agentur für Arbeit, ergänzendem Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kindergeld noch fünf weitere ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten aufgeführt, die allerdings alle erst auf Antrag bewilligt werden. Dieses Verfahren ist abschreckend. Eine staatliche Förderung der Teilzeitausbildung würde diesen Missstand beseitigen und erst so würde die Teilzeitausbildung die von der antragstellenden Fraktion formulierten „echte Chance“ in den Berufseinstieg bedeuten.
Teilzeitausbildung für junge Mütter und Väter ist ein guter Weg, den beruflichen Anschluss nicht zu verlieren. Ich bin davon überzeugt, dass sie damit dem sich abzeichnenden Fachkräfte-Mangel effektiv begegnen kann. Die Kammern sind jetzt am Zug, über das bestehende Angebot, das jedermann auf den jeweiligen Internetseiten einsehen kann, hinaus, die Betriebe über die Teilzeitausbildung zu informieren. Das gleiche für alle anderen beruflichen Beratungseinrichtungen in Schleswig-Holstein, die dementsprechend befähigt werden sollten. Letztlich kommt es aber auf die Betriebe an: Wenn die Möglichkeit der Teilzeitausbildung beispielsweise regelmäßig in Stellenausschreibungen angeboten werden würde, erschließen sich die Betriebe einen neuen Bewerberpool. Und das ist schließlich gut für beide Seiten.

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