Rede · 09.11.2005 Gesetz zur Weiterentwicklung der Kindertageseinrichtungen

Uns liegt heute ein Gesetzentwurf vor, den wir alle in der Zielrichtung unterstützen können. Dass die Bildungsziele und damit auch die pädagogischen Rahmenbedingungen konkretisiert und mit dem weiteren Bildungsweg abgestimmt werden, ist sehr zu begrüßen.

Gegenüber dem Referentenentwurf sind in der heutigen Vorlage der Landesregierung einige Änderungen aufgenommen worden, die wir positiv sehen und die wir als ein Zeichen sehen, dass die intensiven Diskussionen im Vorwege durchaus fruchtbar waren. So wird jetzt nicht nur auf rein schulische Lerninhalte abgehoben, sondern deutlich gemacht, dass auch Sozialkompetenz und die Individualität eine Rolle bei den Lerninhalten spielen müssen. Aber natürlich sieht unsereiner noch stärker mit dänischen Augen auf die Gesetzesvorlage.

Ein Vergleich mit Dänemark zeigt, dass dort die Bildungsinhalte grober vorgegeben werden und diese vor allem die allgemeine persönliche Entwicklung der Kinder, ihre sozialen und sprachlichen Kompetenzen und Werte umfasst. Die Verantwortung hierfür und für eine Reihe von weiteren Bildungszielen obliegt in Dänemark den pädagogischen Fachkräften. Das heißt, hier steht das „Individuum Kind“ im Vordergrund und nicht die Institution Kindergarten. Sieht man auf den vorliegenden Entwurf, so hat man sehr spezifiziert Bildungsziele für die Einrichtungen festgelegt und gleichzeitig wird in § 5 (6) vorgeschrieben, dass sich die Kindertagesstätten und die Grundschulen in verbindlichen Vereinbarungen auf eine Zusammenarbeit verpflichten sollen. Das ist ein etwas anderer Ansatz als in Dänemark.

Aber auch wenn ich wohlwollend betrachte, dass immerhin Bildungsziele erstmalig so konkretisiert und festgeschrieben werden, stellt sich dann zwangsläufig die Frage, wie diese dann konkret umgesetzt werden sollen. Wenn ich, das Personal für diese Aufgaben schulen will, muss ich hierfür Finanzmittel einsetzen. Das geschieht derzeit aber nicht, sondern in Gegenteil, die Mittel für die Kindertagesstätten werden festgeschrieben. Dies kann man nicht damit begründen, dass die Kinderzahlen sinken werden. Dies wird in den nächsten Jahren vergleichsweise geringere Auswirkungen auf die Kindergärten haben, da zwar Gruppengrößen verkleinert werden, aber die Anzahl der Beschäftigten und die Fixkosten erst einmal bleiben werden. Will ich nun das Personal fit für zukünftige Aufgaben machen, muss ich zumindest für eine Übergangszeit auch Mittel zur Weiterbildung zur Verfügung stellen.

Ich möchte aber auch noch auf zwei konkrete Bildungsziele eingehen, die meiner Meinung nach noch etwas genauer betrachtet werden müssen: Sprache und Kultur. Die diesbezüglichen Bildungsziele lassen sich als Auftrag an die Kindertagesstätten deuten, die Kinder auf die Zukunft in der deutschen Gesellschaft vorzubereiten, in der deutsche Sprache und Kultur natürlich das prägende Element sind und in der auch das Bestreben sein sollte, Einheimischen und Einwanderer über Sprache und Kultur wechselseitig einander kennen lernen zu lassen.

Nicht so deutlich ist die Aufzählung unter § 4, wenn es um die Frage geht, wie wir mit den in Schleswig-Holstein heimischen anerkannten Minderheiten halten wollen. Die Bildungsziele sind hier zusätzlich zu den allgemeinen Bildungszielen andere – nämlich die zusätzliche Vermittlung der Sprache und Kultur der Minderheiten. Sowohl der dänische Schulverein als auch der dänische Jugendverband für Südschleswig haben darauf hingewiesen und deutlich gemacht, dass diese zusätzlichen Bildungsziele für Einrichtungen, die den Minderheiten dienen, mit aufgenommen werden müssen. Träger dieser Leistungen wäre dann im Bezug auf die dänische Minderheit der dänische Schulverein. Auch die friesische Minderheit hat in ihrem „Modell Nordfriesland“ deutlich gemacht, dass auch die Vermittlung der friesischen Sprache zu den allgemeinen Bildungszielen in Nordfriesland und auf Helgoland gehört. Ziel muss es daher sein, dass auch bei Überlegungen zur Erfüllung der Bildungsziele das Angebot der friesischen Sprache eine Rolle spielt.

Positiv sehen wir natürlich die Einrichtung von Kreis- und Landeselternvertretungen. Im Schulbereich waren diese Vertretungen schon sehr erfolgreich und die privaten Initiativen für die Kindertagesstätten die es gibt, so zum Beispiel auch bei uns in Nordfriesland, haben sich als sehr kompetent und schlagkräftig erwiesen. Wir würden es begrüßen, wenn sich überall kompetente und schlagkräftige Lobbyisten für die Eltern und Kinder der Kindertagesstätten entwickeln würden. Damit ist kein Misstrauen verbunden, sondern wir wollen, dass man miteinander redet, bevor es zu Problemen kommt. Und dafür sind nun einmal feste Gremien und feste Ansprechpartner die ideale Lösung.

Noch eine letzte Fragestellung möchte ich ansprechen. Zwar ist im Kindertagesstättengesetz geregelt, dass Behinderungen, Beeinträchtigungen und Benachteiligungen durch gemeinsame Erziehung der Kinder und individuelle Hilfe ausgeglichen oder verringert werden sollen, aber wenn es um die Bildungsziele und die Zusammenarbeit mit der Schule geht, ist nur noch die Rede davon, dass „altersgemäߓ die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten weiterentwickelt werden sollen. Nach meiner Auffassung sollte die Formulierung, so wie auch schon von der Lebenshilfe Schleswig-Holstein vorgeschlagen, auch auf den jeweiligen Entwicklungsstand der einzelnen Kinder abheben. Dann wäre auch die besondere Situation behinderter Kinder mit berücksichtigt. Ich denke es gibt noch genügend im Ausschuss zu beraten und freue mich auf die Ausschussberatungen.

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