Rede · 21.03.2012 Gesetzentwurf und Resolution zur Ausführung von Artikel 53 der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein, Anträge zu den Haushaltseckwerten der Landesregierung und zum Europäischen Fiskalpakt und Bericht zum Kommunalen Investitionsbedarf
Selbstverständlich ist eine nachhaltige Finanzpolitik die Grundlage jeden politischen Handelns. Hier sind wir uns fast alle einig. Es ist richtig, die Finanzen im Blick zu haben, wenn es um politische Entscheidungen geht. Es ist aber auch wichtig, deutlich zu machen, dass auch in der jetzigen Lage durchaus politische Prioritäten gesetzt werden können. Die Finanzlage an sich ist keine Begründung für kurzfristige Streichungsorgien welcher Art auch immer.
Vielmehr kommt es doch darauf an, die Finanzlage dauerhaft positiv zu beeinflussen und Spielräume zu nutzen, wo es denn geht. Nicht die eine oder die andere politische Entscheidung der vergangenen 20 Jahre hat dazu geführt, dass die Haushaltslage so ist, wie sie ist, sondern die eigentliche Problematik liegt tiefer. In den sechziger, siebziger und achtziger Jahren hat man Personal scharenweise eingestellt, ohne an die finanziellen Belastungen zu denken, die sich daraus ergeben. Das heißt, man hat sich kurzfristige personelle Wünsche erfüllt und Aufgaben ausgeweitet, ohne dass Rückstellungen für das Personal gebildet wurden. Man hat also keinen langfristigen Ansatz gefahren. Der Effekt ist, dass wir jetzt hohe Pensionsaufwendungen zu tragen haben. Alleine, wenn diese Pensionsleistungen nicht durch den Haushalt getragen werden müssten, hätten wir unser Ziel der Haushaltskonsolidierung schon erreicht.
Wenn wir also jetzt uns an diese Haushaltskonsolidierung machen, dann müssen wir langfristig handeln. Kurzfristiges Wegsparen von Strukturen im Bildungsbereich, im Sozialbereich oder bei der Kultur helfen uns nichts. Wir müssen die Strukturen verbessern. Wenn wir einsparen wollen, dann nicht bei der Bildung, sondern bei den Strukturen der Verwaltung. Dann müssen wir eine Aufgabenkritik durchführen und dann müssen wir vor allem die Verwaltungsstruktur modernisieren. Wir haben mit der Landesverwaltung, den Kreisen, den Ämtern und den über tausend Kleinstgemeinden immer noch eine Verwaltungsstruktur aus Kaisers Zeiten. Das ist der erste Punkt an dem wir ansetzen müssen, damit es auch den Kommunen in Zukunft besser geht.
Der zweite Punkt ist natürlich die Einhaltung der Schuldenbremse, die die meisten unter uns ja bewusst, aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte eingeführt haben. Die Schuldenbremse ist aber ein Instrument der Haushaltskonsolidierung und kein Selbstzweck. Wir haben mit dem Bund zur Umsetzung der Schuldenbremse einen Weg vereinbart, den die meisten einhalten wollen und den alle einhalten müssen. Aber es gibt keinen Grund, diese Vereinbarung ohne Not übererfüllen zu wollen. Wenn wir von einem Ausgangswert von 1,3 Milliarden anstatt 1,1, Milliarden ausgehen, dann werden wir bis 2020 zirka 500 Millionen Euro mehr ausgeben dürfen, als Schwarz-Gelb es vorschreiben will. Wir meinen, dass dieser mit dem Bund vereinbarte Weg ganz klar der bessere ist, weil er flexibler ist. Und außerdem hindert uns dieser Weg nicht daran, auch die Einnahmesituation zu verbessern. Wir müssen das Steuerrecht vereinfachen und verbessern und dabei muss es dann auch dazu kommen, dass die Einnahmegrundlagen des Landes verbessert werden. Auch das ist ein Auftrag für die zukünftige Landesregierung.
Es gibt in Zukunft viele Unsicherheiten, die sich auf den konkreten Haushaltsvollzug auswirken können. Steuerrechtsänderungen, Wohngeldsteigerungen, Kindergelderhöhungen können einen Einfluss haben. Und wenn man bedenkt, dass das so genannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ein Loch von 70 Millionen Euro in die Haushaltskasse gerissen hat, dann kann man erahnen, wie unsicher die Planungsmöglichkeiten hier sind. Das einzige was sicher ist, ist dass die Schuldenbremse von allen eingehalten werden muss – das ist Verfassungsauftrag auf allen Ebenen. Deshalb brauchen wir die höchst mögliche Flexibilität in der Umsetzung der Schuldenbremse.
Und im Rahmen dieser Flexibilität müssen dann die wichtigsten politischen Ziele umgesetzt werden. Da mag es durchaus Unterschiede geben. Für den SSW gibt es einen überragenden Schwerpunkt: Und der heißt Bildung, Bildung und nochmals Bildung. Hier muss investiert werden. Bildung ist das Wirtschaftswachstum der Zukunft und hier kann man nicht sparen. Das unterscheidet uns von der derzeitigen Regierung.
Weiter darf es nicht sein, dass Menschen in Schleswig-Holstein ungleich behandelt werden. Das gilt sowohl für den sozialen Bereich als auch für die Minderheitenpolitik.
Und drittens müssen wir die Grundlagen der Wirtschaft so beeinflussen, dass Arbeitsplätze in der Fläche geschaffen werden können. Deshalb brauchen wir als Schwerpunkte, die Verbesserung der Verkehrsanbindungen, den Ausbau des Breitbandnetzes in der Fläche und die Stärkung des Tourismus.
Nur mit einer solchen nachhaltigen Finanz- und Wirtschaftspolitik hat Schleswig-Holstein Zukunftschancen. Und nicht mit planlosen Sparorgien auf Kosten aller.