Rede · 14.12.2001 Gesundheitsdienst-Gesetz
Wir begrüßen, dass der öffentliche Gesundheitsdienst in Schleswig-Holstein zu einem modernen Bestandteil der Gesundheitspolitik mit einem eigenständigen Aufgabenprofil umgestaltet werden soll. Die kommunale Ebene kann für die Gesundheitspolitik der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Durch Vermeidung gesundheitsbelastender Verhaltensweisen und Lebensumstände und durch Förderung eines gesundheitsförderlichen Lebensumfeldes lassen sich Erkrankungen verhindern. Auf diese Weise lässt sich nicht nur Leid reduzieren. Eine präventiv orientierte Gesundheitspolitik kann auch dazu beitragen, die Handlungsfähigkeit des Gesundheitswesens zu erhalten und längerfristig Folgekosten für Sozialhilfe, Jugendhilfe etc. zu vermeiden. Deshalb unterstützen wir, dass verstärkt Zielsetzungen der Vorbeugung mit dem neuen GDG angestrebt werden.
Allerdings wollen wir nicht den guten Willen für die Tat nehmen. Gute Absicht allein reicht nicht aus, um gute Politik zu machen. Entscheidend bleibt, wie die Umsetzung aussieht, und das erscheint schon etwas fragwürdiger. Denn der Spielraum, den man der örtlichen Ebene zur Erreichung der Ziele überlässt, ist sehr groß. Einerseits sprechen auch handfeste Gründe dafür, den Leuten vor Ort viele Entscheidungen zu überlassen: Die präventive Gesundheitspolitik muss nah am Alltagsleben der Menschen verankert sein, und die kommunale Gesundheitspolitik kann besser bestimmen, wie vor Ort die Ziele konkret erreicht werden können.
Aber es spricht andererseits auch einiges dafür, dass es schwer wird die Ziele zu erreichen, wenn wir so viel der kommunalen Selbstverwaltung zu überlassen. Man kann nicht leugnen, dass die Zeit für ein solches Gesetz denkbar schlecht ist. Die kommunale Ebene ist im Moment bestimmt nicht besonders geneigt, das Gatter zu einem neuen weiten Feld zu öffnen, das es zusätzlich zu beackern gilt. Die Kräfte reichen nicht einmal für die bisherigen Aufgaben. Deshalb sehen wir die Gefahr, dass die angestrebte Neuorientierung des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Sande verläuft: weil die Zielsetzung der kommunalen Gesundheitspolitik zu eng auf Fragen des Infektionsschutzes fokussiert und weil die allgemeinen Ziele kommunaler Gesundheitspolitik nicht ausreichend durch Standards und Qualitätssicherung gestützt werden.
Trotzdem honorieren wir, dass die Landesregierung mit dem Entwurf für ein Gesundheitsdienstgesetz immerhin endlich die seit sehr vielen Jahre sehnlich erwartete konzeptionelle Neuorientierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Angriff nimmt. Wir werden daher dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen mit den vom Ausschuss beschlossenen Änderungen, die keine grundlegende Veränderung im Verhältnis zum Ursprungsentwurf bringen. Wir haben noch einen Berichtsantrag gestellt, weil wir meinen, dass der Landtag in zwei Jahren nachsehen muss, was die kommunale Ebene aus dem neuen Regelwerk gemacht hat, und ob weiterer Regelungsbedarf seitens des Landes besteht.
Wir meinen, dass dieses die konstruktivere Vorgehensweise mit den Schwachpunkten des Gesetzes ist. Sicherlich sind auch wir immer noch nicht glücklich damit, aber es mangelt an Alternativen. Keine Alternative ist jedenfalls die perspektivlose Vertretung berufsständischer Interessen durch die Ärztekammer die zunächst wenig mit gesundheitspolitischen Erfordernissen zu tun hat - und anscheinend mangels besserer Alternativen noch von der CDU kritiklos übernommen wurde. Eine Frechheit ist es, wenn der Kollege Kalinka in einer Pressemitteilung behauptet, die Mehrheit des Sozialausschusses sei nicht willens gewesen, sich mit den Vorschlägen der CDU ernsthaft auseinander zu setzen. Der Beitrag des Unionskollegen bestand darin, im Ausschuss mündlich und weitläufig eine Reihe von Fragen und unausgegorenen Kritikpunkten vorzutragen. Wie soll man sich mit so etwas ernsthaft auseinandersetzen? Im letzten Moment wurde uns jetzt ein Antrag vorgelegt. Ich gebe zu, dass manche der vorgeschlagenen Änderungen teilweise nicht einen gewissen Sinn entbehren. Insgesamt halten wie die Zielrichtung der CDU aber für falsch und können dem Antrag nicht zustimmen.
Wir tragen also das neue Gesundheitsdienstgesetz mit, obwohl ein gerüttelt Maß an Skepsis bleibt.
Wir sind gespannt, ob die kommunalen Gremien in diesem Sparzeiten wirklich die Prioritäten richtig setzen und die Bedeutung einer kommunalen Gesundheitspolitik erkennen. Wir im SSW werden unseres dafür tun.