Rede · 01.06.2001 Haushaltssperre
Die Anzeichen für eine schwächere Konjunktur gibt es schon seit Anfang des Jahres. Die Bundesregierung hat jedoch lange an ihrer Auffassung festgehalten, dass es nur ein vorübergehender Konjunktureinbruch ist, der sich aufs ganze Jahr gesehen nicht auf die prognostizierten Konjunkturdaten auswirken würde. Deshalb hat man auch bis zuletzt an einem Wirtschaftswachstum von 2,75% festgehalten.
Bei allen Respekt davor, dass man die Konjunktur natürlich nicht schlecht reden darf, war es aber eigentlich allen Beobachtern schon lange klar, dass die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum für 2001 und 2002 nach unten korrigiert werden mussten. Letztendlich hat Bundesfinanzminister Eichel dann die Prognose für das Wirtschaftswachstum für 2002 von 2,75% auf 2,25% reduziert. Aber auch diese Prognose ist laut Expertenangaben noch sehr optimistisch.
Diese Verschlechterung der Konjunkturentwicklung ist die Ursache dafür, dass Bund, Länder und Kommunen bei der Steuerschätzung im Mai ihre Erwartungen für die Steuereinnahmen stark nach unten korrigieren mussten.
Durch die regionalisierte Steuerschätzung hat Finanzminister Möller für Schleswig-Holstein Steuermindereinnahmen für 2001 von ca. 60 Millionen DM und für 2002 fast 200 Mio. DM bekannt gegeben. Dazu kommt dann noch das berühmt berüchtigte Defizit aus dem Bildungsministerium von zirka 35 Mio. Für 2001 kommen wir damit auf ein Haushaltsloch von 100 Mio. DM im Landeshaushalt.
Von daher war und ist der von der Landesregierung angekündigte Nachtragshaushalt, den wir im Juli hier im Landtag beraten werden, nicht nur sinnvoll, sondern auch dringend notwendig. Sowohl für die Aufstellung dieses Nachtragshaushaltes als auch für den Haushalt 2002 ist also wieder einmal ein Kraftakt ohne gleichen notwendig. Wir haben zwar noch nicht einen Haushaltsnotstand - wie beispielsweise in Berlin - aber leider nähern wir uns immer schneller solch einer Situation.
Ich muss deshalb auch noch mal die grundlegende Kritik des SSW an der letztes Jahr beschlossenen großen Steuerreform loswerden. Der Finanzminister hat natürlich recht wenn er feststellt, dass die Folgen der finanziellen Steuerreform - und auch andere Steuerrechtsänderungen - bereits bei der Verabschiedung des Haushaltes für 2001 im Dezember 2000 mit berücksichtigt worden sind.
Aber wenn uns jetzt diese Konjunkturbedingten Steuereinnahmen so hart treffen, dann liegt das auch daran, dass das Land allein im Jahr 2001 über eine halbe Mia. DM Steuermindereinnahmen durch die Steuerreform hat. Und bei der Endstufe im Jahr 2005 rechnet der Finanzminister sogar mit Steuerausfällen von knapp 780 Mio. DM für das Land und über 500 Mio. DM weniger Steuereinnahmen für die Kommunen. Die finanziellen Folgen durch die Steuerreform sind also dramatisch.
Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass das Konzept dieser Steuerreform nur aufgehen kann, wenn wir dadurch eine starke Ankurbelung der Wirtschaft schaffen werden. Das ist bis jetzt offensichtlich nicht der Fall. Die Steuerentlastung der Privathaushalte wird durch die angestiegene Inflation fast wieder aufgebraucht. Von dieser Seite kann man also nicht mit Impulsen rechen.
Die Steuerentlastungen des Mittelstandes waren von vornherein nicht in einer Größenordnung wie bei den Konzernen. Und die Steuerentlastungen bei den Konzernen haben bisher nur bei der Bekanntgabe der Steuergeschenke Anfang 2000 zu einen Kursfeuerwerk an den Börsen geführt. Dieser Kursanstieg ist also auch wieder verpufft.
Die Bundesregierung ist also mit dieser zum großen Teil unfinanzierten Steuerreform ein ganz großes Risiko für die öffentlichen Haushalte in Deutschland eingegangen. Die Folgen dieser Politik müssen die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein jetzt - auf jeden Fall kurzfristig - ausbaden. Deswegen bleibt der SSW bei seiner Kritik daran, dass die Landesregierung der Reform in dieser Form im Bundesrat zugestimmt hat.
Bei allen Verständnis dafür, dass der Finanzminister bei bekannt werden dieser Steuerausfälle mit einer Haushaltssperre reagiert hat, so sieht der SSW dieses Instrument nicht als geeignetes Mittel an um die Probleme zu lösen. Auch wenn es sich nur um eine differenzierte Haushaltssperre - die insbesondere die Sachausgaben betrifft - handelt, so wirkt sich dieses schwerste finanzpolitische Schwert doch kontraproduktiv bei den Betroffenen aus.
Die F.D.P. hat ja auch in ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass die Haushaltssperre zu großen Unsicherheiten vor Ort bei der Durchführung von geplanten Investitionen und Fördermaßnahmen des Landes geführt hat. Da kann man natürlich sagen: Wer kein Geld hat, der kann eben auch nichts ausgeben. Das ist richtig. Aber es geht in dieser Frage um die Planbarkeit von Projekten und Investitionen die bei den Kommunen zum Teil lange in Vorbereitung waren. Verzögerungen können ja auch Geld kosten. Wenn die Haushaltssperre auch zu Disziplinierung der Ministerien verhängt worden sein sollten, dann wirft das kein gutes Licht auf die Finanzpolitik der Landesregierung.
Der richtige Weg ist das Haushaltsloch für das Jahr 2001 durch einen solide durchfinanzierten Nachtragshaushalt zu schließen. Durch die parlamentarische Beteiligung an diesem Prozess sichert man auch ein transparenteres und gerechteres Verfahren für alle Betroffenen - von den Kommunen, über den Verbänden bis hin zu den Zuwendungsempfängern.
Wie soll Schleswig-Holstein diese neuen Haushaltslöcher für 2001 und 2002 stopfen? Darauf kann die Landesregierung heute schon keine genaue Angaben machen und das kann man sicherlich auch nicht erwarten. Aus Sicht des SSW wird es aber dennoch wieder darauf ankommen, dass die Landesregierung die richtige Balance zwischen notwendigen Einsparungen und den Prioritäten der Landespolitik findet. Hauptpriorität - das wurde bereits heute morgen gesagt genießt natürlich die Bildungspolitik. Aber auch im Sozialen Bereich und in der Wirtschafts- u. Regionalpolitik trägt die Landesregierung eine große Verantwortung.
Natürlich kommen jetzt alle Förderprogramme von ASH 2000 über das Regionalprogramm 2000 und Zukunft im eigenen Lande wieder ins Zentrum der Sparvorschläge. Aber ob es wirklich so vernünftig ist - wie vom Kollegen Neugebauer vorgeschlagen - bei einigen Investitionen auf die volle EU-Förderung zu verzichtet, indem nicht genügend Landesmittel bereitgestellt werden, mag dahingestellt sein. Ich möchte nur auf das Beispiel der Werftenhilfe verweisen, wo eine solche Praxis doch erhebliche Probleme für die Betroffenen gebracht hat.
Dazu kommt, dass die EU-Regionalförderung wahrscheinlich nur noch bis zum Jahre 2006 für die strukturschwachen Regionen zur Verfügung steht. Da gilt es unbedingt diese Förderung maximal zum Ausbau einer effektiven wirtschaftsnahen Infrastruktur auszuschöpfen damit beispielsweise der nördliche Landesteil auch nach 2006 Fit for fight ist.
Auch die Verwaltungsmodernisierung und die damit verbundenen Strukturänderungen bei den Landesbehörden müssen wieder weiter ins Mittelpunkt der Bemühungen gerückt werden. Wobei es aber auch wichtig ist, dass das Sparen in diesem Bereich kein Selbstzweck an sich sein darf. Das gilt natürlich für alle Bereiche, die jetzt wieder verstärkt von Sparbeil bedroht werden.
Ich möchte auch klar sagen - und in diesem Fall die Grünen unterstützten: Für den SSW ist eine Senkung der Nettoneuverschuldung auf Null bis zum Jahre 2008 kein ideologisches Dogma dem alles andere Untergeordnet werden muss. Für uns ist es viel wichtiger, dass die Landesregierung ein langsichtig angelegtes finanzpolitisches Konzept vorlegt, das alle verschiedenen Interessen der Landespolitik - insbesondere auch die berechtigten Interessen der Minderheiten - sinnvoll zusammenbringt. Daran fehlt es noch.
Eine Verbesserung der Einnahmenseite des Landes ist natürlich ebenfalls wichtig. Deshalb unterstützt der SSW auch den Verkauf der LEG an eine Bietergemeinschaft aus der Hamburger B&L und der Hamburgischen Landesbank. Der Finanzminister hatte bereits bei der Verabschiedung des Haushaltes im Dezember 2000 mit einer Einnahme aus dem Verkauf der LEG auch in der jetzt erreichten Größenordnung gerechnet. Das heißt für das jetzt aufgetretene Haushaltsloch bringt der Verkauf der 49,9%-Anteile der LEG nicht so soviel mehr als erwartet. Aber ohne diesen Verkauf sähe es natürlich noch schwärzer aus.
Ich habe schon öffentlich gesagt, dass es nicht sehr sinnvoll ist sich über die Details des Verkauf jetzt Stundenlang hier im Plenum auszutauschen. Das sollten wir lieber im Finanzausschuss machen. Damit ich nicht missverstanden werde: Wir haben als Landtag die Verpflichtung die Einzelheiten des Vertrages über die Abwicklung des Verkaufes sehr ernsthaft zu prüfen. Aber dann doch bitte im Finanzausschuss.
Heute möchte ich nur kurz die grundsätzliche Haltung des SSW darlegen: Wir begrüßen, dass das auch nach der Teilprivatisierung die Mehrheit am Stammkapital beibehält und somit Hauptgesellschafter bleibt. Das ist natürlich vor allem wichtig wegen des großen Wohnungsbestandes der LEG. Dieser bleibt nun weiter in Besitz des Landes. Das begrüßt der SSW.
Die CDU hatte bereits letztes Jahr den Vorschlag gemacht, dass der Wohnungsbestand der LEG zur Sanierung des Landeshaushaltes verkauft werden soll. Wir hatten uns damals im Finanzausschuss intensiv mit diesen Vorschlag auseinandergesetzt. Dabei hatte Staatssekretär Döring die Probleme eines solches Verkaufes aufgezeigt. Ich will das hier nicht noch mal alles wiederholen. Aber durch den jetzt getätigten Verkauf ist auf jeden Fall erst einmal Sicherheit für die Mieterinnen und Mieter geschaffen.