Rede · 23.04.2008 Hilfe für Arbeitslose aus einer Hand – Optionsmodell ausweiten


Seit der ersten Evaluation des SGB II Anfang 2006 durch den Deutschen Landkreistag hat sich leider nicht viel getan: Immer noch gilt heute, was bereits vor zwei Jahren wissenschaftlich unbestritten festgestellt wurde: Hartz IV ist eine Dauerbaustelle: allein die Nachbesserungsanträge und Debatten in diesem Haus füllen inzwischen dicke Ordner. Das Gesetz, das nach langem Hin und Her verabschiedet wurde, hatte von Beginn Lücken und Widersprüche. Es ist also durchaus zu begrüßen, über die Strukturen bei der Umsetzung des SGB II nachzudenken; das betrifft auch die Trägerstrukturen, deren Neuordnung durch das aktuelle Gerichtsurteil notwendig wird.

Der SSW befürwortet die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik durch die Kommunen. Im Norden Schleswig-Holsteins haben wir nur eine ArGe; nämlich in Flensburg. Unabhängig von der Bewertung ihrer Arbeit wäre es wünschenswert gewesen, hätten wir im gesamten Landesteil Schleswig nur ein Modell gehabt: die Kooperationsvorteile zwischen den Optionskommunen Schleswig-Flensburg und Nordfriesland sind nämlich enorm. Doch die Stadt Flensburg bleibt außen vor. Viele Gremiensitzungen sollen dieses Manko ausbügeln, aber dennoch bleiben Koordinierungsdefizite bestehen, die in der Regel die Arbeitslosen auszubaden haben.

Der SSW wird sich nicht auf eine trägerzentrierte Diskussion beschränken. Vergessen wir nicht, dass es um Arbeitslose geht und nicht um Empfindlichkeiten und Befindlichkeiten einzelner Behördenchefs. Rufen wir uns noch einmal die Grundidee der Hartz-Kommission in Erinnerung: Durch die Vermittlung aus einer Hand sollten Arbeitsvermittlung und Qualifizierung entbürokratisiert und transparenter werden. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung evaluiert laufend die Maßnahmen des Zweiten Sozialgesetzbuches. Aktuell stellt die zuständige Forscherin Susanne Koch fest, dass Leistungen aus einer Hand nicht umgesetzt werden; also ein Ziel der Reformen nicht erreicht wird.. Leistungsgewährung und Integrationsleistungen würden vielerorts getrennt, was besonders bei den ArGen der Fall sei. Diese lassen Vermittlung und Fallmanagement von getrennten Bearbeitern wahrnehmen. Das muss sich schleunigst ändern.

Die ArGen kranken noch an einem anderen Problem: zwei Organisationen sollen zusammenwachsen, scheitern aber an zwei unterschiedlichen Organisationstraditionen. Das ist keine Ausnahme. Im Gegenteil, das ist weit verbreitet. So scheiterte eine der größten Zusammenschlüsse in er Industrie daran, dass Daimler- und Chrysler-Manager keine gemeinsame Gesprächsbasis finden konnten. Bei den ArGen ist es ähnlich. Auch hier wurden zwei Logiken zusammengetan, die sich miteinander schwer tun. Auf der einen Seite stehen die zentralistisch orientierten Mitarbeiter der Arbeitsagenturen und auf der anderen diejenigen, die vorher in den jeweiligen Rathäusern gerade zu einer selbständigen Bearbeitung angehalten wurden.

Diese Mitarbeiter wurden vor allem in den ersten Monaten auch noch durch neue Fall-Manager ergänzt, die inzwischen teilweise wieder entlassen wurden und sich plötzlich auf der anderen Seite ihres alten Schreibtisches wieder finden. Die ArGen sind eben noch nicht eingespielt. Viele Langzeitarbeitslose klagen, dass sie immer neue Sachbearbeiter zugewiesen bekommen.

Die Optionskommunen haben sich nach teilweise erheblichen Anlaufschwierigkeiten zu kompetenten Ansprechpartnern von Arbeitgebern und Arbeitslosen entwickelt. Dieses Modell scheint das bessere zu sein. Bereits vor zwei Jahren hätten sich die vom Landkreistag befragten Optionskommunen ohne Ausnahme noch einmal für dieses Modell entschieden, während bei den ARGEN jede zweite die Trägerschaft verändern wollte. Von daher erscheint die Möglichkeit eines Trägerwechsels den Interessen der Kommunen zu entsprechen.

Doch nicht nur aus Sicht der Träger ist es besser, die Arbeitmarktmaßnahmen den Kommunen zu überlassen, wie es übrigens in Skandinavien schon seit eh und je geschieht. Die Trägerschaft durch die Kommunen hat noch einen schwerwiegenden Vorteil. Sie ermöglicht die Kontrolle durch die gewählten kommunalen Vertreter. Die Kontrolle durch gewählte Politiker ist ein gutes, demokratisches Prinzip, das bei den ArGen keine Anwendung findet.

Auch aus diesem Grund hat man sich beispielsweise in Nordfriesland ganz klar für die Beibehaltung des Optionsmodells entschieden. Aber auch über 100 andere Kommunen in ganz Deutschland haben schon den Wunsch geäußert, Optionskommune werden zu wollen. Und wenn man wirklich einmal ein skandinavisches Erfolgsmodell hier bei uns übernehmen möchte, dann wäre die kommunale Trägerschaft der Arbeitsmarktmaßnahmen und der Sozialverwaltung eine ideale Möglichkeit. Wie im Norden, sollten auch wir hier bei uns alle Leistungen aus einer Hand bieten, die leicht und schnell erreichbar sind und einer demokratischen Kontrolle unterliegen. Dieser Ansatz spricht eindeutig für das Optionsmodell.

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