Rede · 13.12.2001 Kirchensteuer
Das Steuersenkungsgesetz vom 3. Oktober 2000 hatte naturgemäß Auswirkungen auf die Höhe der Kirchensteuer, da diese mit einem feste Prozentsatz - in Schleswig-Holstein beträgt der Satz zur Zeit 9% - automatisch auf die Lohnsteuer abgerechnet wird.
Laut Presseberichten hat die Kirche durch diese Einkommenssteuerreform also 3-stellige Millionen-Verluste erlitten. Deshalb hat der Bundestag einer Neufassung von §51 des Einkommenssteuerge-setzes zugestimmt, damit sichergestellt wird, dass bestimmte, ab dem Veranlagungszeitraum 2001 geltende Entlastungen des Steuergesetzes keine negativen Auswirkungen auf die Bemessungsgrund-lage für die Kirchensteuer haben.
Allerdings hat der Bundesgesetzgeber festgelegt, dass die konkreten Regelungen auf Landesebene ausgestaltet werden sollen. Deshalb hat die Landesregierung den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Kirchensteuergesetzes in den Landtag eingebracht. Es geht also darum, den finanziel-len Verlust, der den Kirchen durch die Einkommenssteuerreform entstanden ist, auszugleichen.
Bei den SSW-Abgeordneten hat dieser Gesetzentwurf - bei allem Wohlwollen der Kirche gegenüber - längere Diskussionen ausgelöst. Wir haben uns gefragt, ob diese indirekte Kirchensteueränderung wirklich sinnvoll ist. Denn zum einen stellt sich die Frage, ob wir nicht als Gesetzgeber zu Recht erwarten können, dass die Kirchen ihre Ausgabenpolitik kritisch überprüfen, bevor sie weitere zu-sätzliche Einnahmen bekommen.
Es war in den vergangen Jahren ja nicht so, dass es den Kirchen an Einnahmen gemangelt hat. So ist es eine Tatsache, dass sich die Einnahmen der Kirchen durch die Kirchensteuer von 1968 bis 1998 mehr als verfünffacht haben, nämlich von 3,1 Mia. DM auf 16,3 Mia. DM. Das entspricht ei-ner durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 5,7 Prozent, als weit mehr als die Inflationsrate oder die Steigerung der Arbeitnehmer-Einkommen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Sozial-arbeit der Kirchen also ihre wirklich gute Arbeit im Kindertagesstätten-Bereich, im Krankenhaus- oder Altenbereich überwiegend gar nicht von der Kirchensteuer bezahlt wird. Kirchliche Kran-kenhäuser und Altenheim finanzieren ihren Betrieb genauso wie öffentliche oder freie Träger, also völlig ohne Kirchensteuermittel.
Man kann also zurecht fragen, warum die Kirchen als Ausgleich für die fehlenden Kirchensteuer-einnahmen entweder nicht ihre Ausgaben kürzen oder - wenn man meint keine Kürzungen vorneh-men zu können - den Kirchensteuerhebesatz erhöht.
Zum anderen spielte in unseren Diskussionen auch eine wichtige Rolle, ob nicht die Kirchen - wie andere Bereiche auch - die gesellschaftliche Entwicklung mittragen müssen. Und eine Folge der Einkommenssteuerreform, die ja bekanntlich zu Mia. DM Steuermindereinnahmen geführt hat, war ja u.a. ein Sparkurs der öffentlichen Hand von Bund, Ländern und Kommunen, der auch viele Or-ganisationen, Vereine und Verbände in diesem Land hart getroffen hat. Da stellt sich die berechtigte Frage, warum soll ausgerechnet die Kirche von dieser Entwicklung ausgenommen werden??
Drittens geben wir auch zu bedenken, dass der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag durch die Änderung des Kirchensteuergesetzes weitere Einbußen für die kommunalen Haushalte erwartet. Die aktuelle Haushaltssituation vieler Kommunen und Städte hier im Lande ist bekannt.
Angesichts dieser Ungereimtheiten haben wir uns dafür entschieden, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.