Rede · 26.05.2005 Landesnaturschutzgesetz

Der uns heute vorliegende Gesetzentwurf der FDP zum Landesnaturschutzgesetz ähnelt in weiten Zügen dem Gesetzentwurf der CDU aus der vorherigen Legislaturperiode. Seinerzeit hat der SSW dem CDU Gesetzentwurf nicht zugestimmt, da aus unserer Sicht wichtige Bereiche im Gesetzentwurf weggelassen wurden. Ich möchte aber auch nicht verschweigen, dass der damalige Entwurf durchaus auch gute Ansätze hatte.

Nun aber zum vorliegenden Entwurf. Lobend hervorheben möchte ich vor allem, dass der Gesetzentwurf deutlich schlanker gefasst ist als die derzeit geltende Bestimmung. Hierzu muss ich ganz klar sagen, dass dies wirklich ein richtiger Schritt ist, denn wir haben uns alle vorgenommen, die Regelungsdichte im Land zu verschlanken.

Das fängt damit an, dass wortwörtliche Übernahmen von Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes herausgenommen wurden und statt dessen auf die entsprechende Passage im Bundesnaturschutzgesetz verwiesen wird. Hierbei handelt es sich nicht um eine inhaltliche Verschlankung – denn die Ziele des Gesetzes sollen ja auch nicht verringert werden – es trägt aber trotzdem dazu bei, dass Gesetz überschaubarer zu machen und vereinfacht somit den Gesetzestext.

Ein weiterer Punkt, den der SSW in diesem Zusammenhang begrüßt, ist die Tatsache, dass die FDP mehrere Verordnungsermächtigungen im Entwurf verankert hat. Dadurch wird das Gesetz leichter verständlich und übersichtlicher und auch die Möglichkeit der Anwendbarkeit wird dadurch eindeutig verbessert. Trotz der genannten Vorteile möchte ich aber auch ganz klar deutlich machen, dass diese Möglichkeit mit einem großen Vertrauensvorschuss verbunden ist, mit der die Landesregierung dann auch gegebenenfalls verantwortungsvoll umgehen muss.

Ein weiterer Punkt, den der SSW durchaus positiv - aber nicht unbedingt unkritisch – sieht, ist die Streichung der Landschaftsrahmenpläne. Wir wissen, dass dies die naturschutzfachliche Planung ist, in der die überörtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes für die Planungsräume der Regionalpläne dargestellt werden. Wenn wir also wollen, dass diese Planungsebene wegfällt, dann muss aber auch sichergestellt werden, dass eben diese Erfordernisse und Maßnahmen im Landschaftsprogramm entsprechend aufgenommen werden. Dies dürfte letztendlich nicht so schwer fallen, da sowohl das Landschaftsprogramm und die Landschaftsrahmenpläne bisher von der obersten Naturschutzbehörde erstellt werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch kurz auf die Rolle der Gemeinden eingehen. Bei der Erstellung des Landschaftsprogramms müssen nach Auffassung des SSW die geltenden Landschaftspläne stärker und verbindlicher als bisher berücksichtigt werden. Dies würde dann auch den positiven Effekt haben, dass die Planungshoheit der Gemeinden gestärkt wird und die kommunalen Vertreter motiviert werden.

Ein weiterer positiver Aspekt im Gesetzentwurf ist der § 8 Abs.1 Nr. 4 in dem es um die Genehmigungsverfahren geht. Danach gilt die Genehmigung der beantragten Eingriffe einschließlich der vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen als erteilt, wenn die zuständige Naturschutzbehörde nicht innerhalb von sechs Wochen nach Eingang entschieden hat. Nach dem Motto keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung. Dies begrüßen wir, da somit die Umsetzung von Projekten deutlich erleichtert wird, ohne dass Einflussmöglichkeiten durch das Naturschutzrecht eingeschränkt werden.

Fraglich ist aus unserer Sicht jedoch, wenn ein nach dem Gesetzentwurf unzulässiges Projekt dadurch als genehmigt gilt, weil die Behörde nicht rechtzeitig innerhalb von 6 Wochen die Genehmigung versagt hat. Gilt das Projekt dann als genehmigt oder ist es immer noch unzulässig? Diese Frage hätte ich gern näher im Ausschuss beantwortet.

Der in § 10 des Gesetzentwurfs geregelte Vorrang des Vertragsnaturschutzes wird vom SSW stark befürwortet. Aus unserer Sicht ist dies genau der richtige Weg, um für eine breite Akzeptanz von Naturschutzmaßnahmen in der Bevölkerung zu sorgen. Schutzgebiete können weiterhin wie gehabt ausgewiesen werden, aber bei den Maßnahmen sollte der Vertragsnaturschutz Vorrang haben, bevor man sich ordnungsrechtlicher Maßnahmen bedient. Inwieweit dies rechtlich so durch gestanden werden kann und wie eine solche Regelung in der Praxis umgesetzt werden kann, müssen wir aber noch im Ausschuss prüfen. Aber grundsätzlich gilt, dass der vorgeschlagene Weg der richtige Weg ist.

Eine Regelung des bestehenden Naturschutzgesetzes das mit einem negativen Effekt behaftet ist, ist der bestehende Paragraf 41 „Enteignung“. Hier bin ich der Auffassung, dass eine Änderung dieser Regelung durchaus sinnvoll ist. Denn wenn wir den Naturschutz mit derartigen Begriffen versehen, fügen wir dem Naturschutz mehr Schaden zu, als dass es hilft. Stattdessen begrüßen wir den von der FDP eingeschlagenen Weg die Pflicht zum Naturschutz festzuschreiben und dabei das Recht auf Entschädigung zu gewähren, wenn es aufgrund von Naturschutzgesetzen oder -verordnungen zu Einschränkungen kommt. Dieser Schritt ist aus unserer Sicht in Ordnung.

Aber es gibt aus unserer Sicht natürlich auch Punkte im vorliegenden Gesetzentwurf, denen wir sehr kritisch gegenüberstehen.

Insbesondere im Unterabschnitt I des Gesetzentwurfs fehlen nach Auffassung des SSW wichtige Bereiche. So sieht der Entwurf keine Regelungen für Naturerlebnisräume mehr vor. Ich glaube dies ist ein Schritt zurück, denn gerade die Naturerlebnisräume sind ein elementarer Teil der Umweltbildung. Bisher waren sie eine Auszeichnung für Kommunen und andere Träger, die sich um den Naturschutz bemüht haben. Diese Gebiete sind „unschädlich“, da sie nicht mit Restriktionen versehen sind. Stattdessen wirken sie motivierend und sie werden von den Kommunen selbst ausgewählt. Dies hat dazu geführt, dass Kommunen freiwilligen Naturschutz vor Ort durchführen. Und damit schärft man bei den Menschen langfristig das Bewusstsein für die Natur.

Daher finden wir es auch mehr als bedauerlich, dass der Entwurf vorsieht, den Landesnaturschutzbeauftragten abzuschaffen und dass im Entwurf keine Regelungen mehr zur Akademie für Natur und Umwelt vorkommen. Gerade die Umweltakademie hat den Kommunen in Bereichen des Natur- und Umweltschutzes immer mit qualifiziertem Rat beiseite gestanden. Somit hat die Akademie sich insbesondere auf kommunaler Ebene einen guten Ruf erarbeitet.

Ebenso fehlen im Unterabschnitt I klare Formulierungen zu Landschaftsschutzgebieten und Biosphärenreservaten. Hier vermissen wir insbesondere deutliche Aussagen zu den Landschaftsschutzgebieten - was wird aus diesen Gebieten und welchen Schutzstatus sollen diese Gebiete erhalten? Aber diese Frage können wir im Ausschuss näher erörtern.

Hervorheben möchte ich die Tatsache, dass die FDP die gartenbauliche Nutzung künftig nicht mehr als Eingriff in Natur und Landschaft darstellt. Hier hat sich die FDP den Spielraum des § 18 Absatz 4 des Bundesnaturschutzgesetzes zu Nutze gemacht, in dem den Ländern die Möglichkeit eingeräumt wird, im Hinblick auf Eingriffe nähere Vorschriften zu erlassen. Leider müssen wir feststellen, dass die FDP diese Option nicht vollends ausgenutzt hat, denn es finden sich keine Regelungen zu Küstenschutzmaßnahmen. Auch Küstenschutzmaßnahmen stellen nach unserer Auffassung Eingriffe dar, die sich eben nicht negativ auf den Naturhaushalt auswirken. Deshalb sollten sie rechtlich nicht als Eingriffe gewertet werden.

Leider müssen wir aber auch feststellen, dass einige Formulierungen im Gesetzentwurf dazu führen könnten, dass bestimmte Grundintentionen des Naturschutzgesetzes inhaltlich aufgeweicht werden, da es in bestimmten Paragrafen unverbindlichere und weichere Formulierungen benutzt werden. Hier halten wir verpflichtende Formulierungen weiterhin sinnvoll und zielgerecht.

Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass im Landesnaturschutzgesetz eindeutige Kriterien festgelegt werden müssen, die deutlich machen, welche Ausnahmen nach § 20 Abs. 3 zulässig sind und welche nicht. Hier brauchen wir klare Regelungen.

Ebenso brauchen wir klare Regelungen im Zusammenhang mit der Stiftung Naturschutz. Dem Entwurf der FDP ist zu entnehmen, dass sie auch den Weisungen des Ministeriums unterstehen soll. Damit wäre sie aber keine unabhängige Stiftung mehr. Deshalb muss die Passage in § 42 Absatz 2 herausgenommen werden und gleichzeitig sollte unter Nr. 2 festgelegt werden, dass die Grundstücke zu pflegen und auch die Betreuung der Grundstücke durch die Stiftung sicherzustellen ist.

Abschließend möchte ich noch kurz auf den § 52 des Gesetzentwurfs eingehen, in dem es um die Erstattung von Auslagen geht. Hier soll nach Ansicht der FDP das Land künftig auf die Erstattung ihrer Auslagen bei behördlichen Gestattungen verzichten. Angesichts der derzeitigen Finanzlage des Landes halte ich diesen Passus für nicht vertretbar. Schließlich muss bei anderen Genehmigungen und Gestattungen auch gezahlt werden.

Aus Sicht des SSW hat der Entwurf zum Landesnaturschutzgesetz der FDP durchaus gute Ansätze, aber ich habe mehrmals darauf hingewiesen, dass wir durchaus Änderungsbedarf bei einigen Passagen des Entwurfs sehen. Daher freue ich mich bereits auf die weitere Diskussion im Ausschuss.

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