Rede · 11.12.2014 Lars Harms Rede zu 10 Jahre Friesisch-Gesetz
Es gilt das gesprochene Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liiw följkens,
ik seed hartlik wäljkiimen tu üüs latj fiirstün tut 10-iiri jubiläum foont friisk gesäts. We as SSW san gåns fernäid, dåt deer sü maning manschne kiimen san, am ma üs tuhuupe ån foon da grutste treese önj e manerhäidepolitik for da friiske tu fiirn.
Herzlich Willkommen Ihnen allen und ich möchte natürlich die Gelegenheit nutzen, um auch einzelne Personen hier zu begrüßen.
Aus dem Landtag sind alle Fraktionen vertreten. Stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen möchte ich aber unseren Landtagspräsident und Vorsitzenden des Friesengremiums beim Landtag, Klaus Schlie recht herzlich bei uns hier begrüßen.
Auch die Landesregierung ist heute Abend hier vertreten. Herzlich willkommen, Staatssekretär Eberhard Schmidt-Elsässer aus dem Kulturministerium, das ja auch für die kulturellen Aktivitäten der Friesen verantwortlich ist.
Weiter möchte ich unser Bindeglied zur Regierung, unsere Minderheitenbeauftragte Renate Schnack begrüßen. Hartlik wäljkiimen, Renate.
Än uk da friiske feriine än organisatsjoone san eeling gödj fertrin. Ouers uk heer wal ik aw grün foon e knååp tid, wat we eeling hääwe, di huuchste repäsentant foon da friiske begrööte – üüs forwüset foon e Frasche Rädj, Ilse Johanna Christiansen. Hartlik wäljkiimen Ilse Johanna. Jü wårt uk gliks nuch en gröötnis foon da friiske ouerbränge.
Und ich möchte auf gar keinen Fall die Gelegenheit verpassen, jemanden zu begrüßen, der ganz am Anfang unserer Idee für ein Friesischgesetz uns mit juristischem Rat und entsprechender Tat zur Seite gestanden hat. Herzlich Willkommen, Wilhelm Mecklenburg.
Es gibt sicherlich noch viel mehr unter Ihnen, die ich einzeln begrüßen müsste. Denn letztendlich sind wir ja alle wichtig. Deshalb freue ich mich, dass so viele Vertreter aus der Kommunalpolitik in Nordfriesland, aus Verwaltungen, vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtages – der ja auch intensiv mit unserem Gesetz beschäftigt war – und so viele ganz normale Friesen heute Abend hier sind.
Zu guter Letzt möchte ich aber natürlich die beiden Menschen begrüßen, die den Abend heute eigentlich erst zu einem festlichen Abend machen werden. Ich freue mich, dass wir Norma Schulz für die musikalische Unterhaltung gewinnen konnten. Norma ist eine junge Sängerin, die am Anfang ihrer Karriere steht und die immer wieder auch Liedtexte hat, in denen es um ihre Heimat Föhr geht. Sie singt ihre eigenen Songs auf Deutsch, aber eben auch auf Friesisch, was ihr den Sieg beim letzten Musikwettbewerb des Friesenrats beschert hat. Hartlik wäljkiimen, Norma.
Und natürlich begrüße ich unseren Fachmann für Minderheitenfragen, den wir für den heutigen Vortrag zum Friesischgesetz haben gewinnen können. Professor Stefan Oeter lehrt an der Universität Hamburg – man sieht selbst hier schreckt der SSW nicht vor einer intensiven Zusammenarbeit mit Hamburg zurück – und er ist derjenige, der sich intensiv mit der Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen auseinandersetzt. Wir werden heute einiges über die Stärken und Schwächen unseres Gesetzes hören und sicherlich auch Anregungen bekommen, wie das Friesischgesetz in Zukunft weiterentwickelt werden kann. Herzlich willkommen, Professor Oeter.
Ouers iir et deertu kamt, wal ik nooch ferteele wat we üüs dåt tooch toocht hääwe, as we mat friiskgesäts önj e gung gingen san. Warum ein Friesischgesetz und warum nur ein Gesetz für eine so kleine Minderheit? Und das ist eigentlich auch schon die Antwort. Ein Friesischgesetz, weil die Friesen eine so kleine Minderheit sind. Am Anfang stand der Gedanke, der Minderheit der Friesen Rechte zu geben, damit sie ihre Sprache auch in anderen Zusammenhängen nutzen kann, als nur zuhause am heimischen Küchentisch. Eine Minderheit mit eigenem Staat in der Hinterhand, wie zum Beispiel die dänische Minderheit hier bei uns oder die deutsche Minderheit in Dänemark, wird im Zweifel im Bezugsstaat und auch in den eigenen Einrichtungen – zum Beispiel den Schulen, Kindergärten und Versammlungshäusern – immer auch die eigene Sprache und Kultur außerhalb der eigenen vier Wände pflegen können. Die Voraussetzungen für kleine Völker sind hier völlig anders. Friesen, Cornwaliser, Rätoromanen oder auch die Samen in den nordischen Ländern sind darauf angewiesen, dass im öffentlichen Leben auch ihre Sprache genutzt werden kann, weil sie eben keine großen eigenen Einrichtungen oder gar eine flächendeckende Infrastruktur haben. Das sollte nun auch in Schleswig-Holstein ermöglicht werden. Es sollte ein erster Schritt getan werden. Und das hat ja auch geklappt.
Weiter sollte ein Anstoß für mehr Sichtbarkeit des Friesischen im öffentlichen Raum gegeben werden. Auch hier ist manches geschehen. Neben den zweisprachigen Ortsschildern, die es immer öfter gibt, hat das Land alle seine Behörden und Gerichte zweisprachig beschildert. Und auch die meisten Bahnhöfe in Nordfriesland sind jetzt ebenfalls zweisprachig beschildert. Friesisch ist somit sichtbarer geworden und hat dadurch auch einen Statusgewinn in der Öffentlichkeit und bei den Menschen vor Ort einfahren können.
Es gibt viele weitere kleine und große Regelungen im Gesetz, die mehr oder weniger starke Auswirkungen hatten. Das wird sicherlich Professor Oeter gleich noch näher beleuchten.
Ganz allgemein kann man aber sagen, dass das Friesischgesetz dazu beigetragen hat, die Friesen bewusst für ihre Sprache und Kultur zu machen und die Mehrheitsbevölkerung erst überhaupt auf das Friesische stoßen zu lassen. Und dabei spreche ich nicht nur über die Schleswig-Holsteiner, sondern insbesondere auch über die vielen tausende Gäste, die zu uns kommen und beispielsweise die zweisprachige Beschilderung in Nordfriesland und auf Helgoland als eine Besonderheit wahrnehmen, die sie als Urlaubserlebnis auch mit nach Hause nehmen.
Das Friesischgesetz hat aber für die Friesen noch eine Errungenschaft mehr mit sich gebracht, die vielfach übersehen wird. Im Übrigen eine Errungenschaft, die durch das Nordfriisk Instituut, im Rahmen der Beratungen zum Gesetzentwurf eingebracht wurde. In der Kieler Erklärung von 1949 wurde die Bekenntnisfreiheit für die dänische Minderheit erstmals festgeschrieben und festgelegt, dass dieses sinngemäß auch für die Friesen gelten solle. Wie auch immer man diese Bestimmung zugunsten der Friesen damals deutete. Zum ersten Mal wurde staatlicherseits anerkannt, dass es sich bei den Friesen um etwas Eigenes handelte und dass sich die Friesen zu ihrem Eigensein bekennen konnten. 1955 – bei Annahme der Bonn-Kopenhagener Erklärungen – wurde die Kieler Erklärung ersetzt; sie fiel also weg. Und damit fiel natürlich auch die besondere Berücksichtigung der Friesen und die Freiheit des Bekenntnisses als Friesen weg. Deutsche in Dänemark durften Deutsche sein und sich dazu bekennen, ohne dass dies überprüft oder gar in Zweifel gezogen werden durfte. Und gleiches gilt seitdem auch für die dänische Minderheit hier bei uns. Nur den Friesen war dieser Weg – zumindest formalrechtlich – verwehrt, was auch immer wieder dazu führte, dass man Zweifel an ihrem Status äußerte. Die Diskussionen um die Landesverfassung 1990 zeigten dies auch eindrucksvoll. Deswegen war es eine wichtige Errungenschaft, dass in der Präambel des Friesischgesetzes genau auf diese Bekenntnisfreiheit abgehoben worden ist. Nun steht dort der Halbsatz „im Bewusstsein, dass das Bekenntnis zur friesischen Volksgruppe frei ist“, was nichts anderes bedeutet, dass Friese ist, wer Friese sein will und dass das Bekenntnis weder geprüft noch angezweifelt werden darf. Damit haben die Friesen hier die gleichen Rechte, wie die anderen beiden Minderheiten im Grenzland. Und das ist auch vor dem Hintergrund von Minderheitenkonflikten in vielen anderen Ländern, schon ein leuchtendes Vorbild.
Das Friesischgesetz ist damals, am 11. November 2004, mit einer großen Mehrheit bei nur wenigen Enthaltungen angenommen worden und wurde dann am 13. Dezember 2004 verkündet. Also noch zwei Tage bis zum biblischen Alter von 10 Jahren. Es ist also auch schon damals eine große Einigkeit vorhanden gewesen was das Gesetz betrifft. Ich hoffe, dass diese Einigkeit auch in Zukunft bestehen wird, wenn es um die Minderheitenpolitik und speziell natürlich um die friesische Minderheit geht.
Wir werden jetzt Musik von Norma hören und dann immer im Wechsel ein Grußwort des Friesenrats von Ilse-Johanna Christiansen und dann, wieder nach einer Musikeinlage, den Vortrag von Professor Oeter hören. Ich wünsche Ihnen allen viel Freude am heutigen Abend. Ik wansch jam åltumååle en naten een.